Lauf der Dinge (gelöscht)

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U

USch

Gast
Hallo Val Sidal,
köstlich dieser Text. So kurze knackige Sätze. Da möchte man noch mal jung sein, die Welt so direkt erleben wie ein Kind. Im Alter gelingt das zunehmend auch. Ich glaube man "retardiert", aber im positiven Sinne hin zum Ende. Wie man als Kind weg vom Anfang sich entwickelt. Anfang ist dann wieder Ende und Ende wieder Anfang. Habe ich gern gelesen.

Zwei Kleinigkeiten:
Sie hat gesagt, du verspielst unser ganzes Geld. Aber das ist nicht wa[blue]h[/blue]r!
[blue]wahr mit h![/blue]

Am Dom ist McDonalds. Dort kann man mit Geld BigMäc kau[red]-[/red]fen
Wenn du die Silbentrennung in deinem Textprogramm ausschaltest, so entstehen nicht diese Striche hier in dem LL-Format.
LG USch
 
C

carlos wolf

Gast
Hi Val Sidal,


Einen kleinen Einwand habe ich, Du schreibst

… Bei Fräulein Silke. Fräulein Silke ist nett. Gestern hat sie geweint. Sie hat gesagt, Tränen sind auch nur Wasser – salzig, wie das Meer.
Ich musste auch fast heulen. …
Da hast Du den Wortschatz des Autors verwandt. Ich glaube ein Kind würde für weinen keine zweite Vokabel verwenden, sondern folgendes sagen:

… Bei Fräulein Silke. Fräulein Silke ist nett. Gestern hat sie geweint. Sie hat gesagt, Tränen sind auch nur Wasser – salzig, wie das Meer.
Ich musste auch fast weinen. …

Es ist was dran, an dem Spruch “Kinder und Narren sagen die Wahrheit”. Die Kinderstimme ist Dir gut gelungen. Ich habe die Geschichte gern gelesen.

LG
carlos
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Val Sidal,

die Geschichte gefällt mir gut. Ich habe nur einen kleinen Einwand:

Kann ein Kindergartenkind schon derart reflektieren? Auf mich würde es wesentlich realistischer wirken, wenn man diese Gedanken einem etwas älteren Kind, vielleicht acht bis neun Jahre alt, in den Mund legte. So wie es jetzt ist, wirkt das Ganze ein wenig altklug.

Gruß Ciconia
 

Val Sidal

Mitglied
Ciconia, dein Einwand zielt freilich auf den Kern der Übung.
Ich stimme dir zu: ein Fünfjähriges würde nicht in einem Stück alle Themen reflektieren. Realistisch ist eher, dass es auf Fragen von Erwachsenen reagiert. Ich werde schauen, wie ich das Problem löse. Was ich auf keinen Fall verlieren möchte, ist die Intensität und Kohärenz der kindlichen Perspektive.

Die Art der Reflexion scheint mir plausibel. Es greift Gehörtes/Erlebtes auf und macht sich (mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln) ein Reim darauf - eine primäre Lernstrategie im Kindesalter. Das Thema "Gott" ist vielleicht überdenkenswert. Das Kind verwendet zwar den Begriff, hat aber nicht den Erwachsenen-Begriff im Sinn. Das wird vielleicht nicht deutlich genug. Ich werde da was versuchen.

Freue mich auf deine werthaltigen Beiträge.
 

Val Sidal

Mitglied
Ciconia,
im Forum Horror findest du eine Version, die auf deinen Einwand eingeht.
Durch den Eingriff wird es eine ganz andere Geschichte.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
In der Tat etwas frühreif für einen Fünfjährigen, aber auch die soll es geben.
Nur das "Fräulein" würde ich streichen, die Kinder sagen heute nur noch den Vornamen.
Am Text gefällt mir, dass Du den kindlichen Ton konsequent durchhältst - bis zum Schluss.
Ich glaube allerdings, dass Kinder verschiedener Nationen untereinander keine Probleme im Kindergarten haben. Das "Anderssein" wird ihnen von außen eingeimpft, wie es auch in Deinem Text teilweise rüberkommt.

Ist mir eine 7 wert.

LG Doc
 

Val Sidal

Mitglied
Doc,

danke für den Kommentar und die gute Bewertung.
Zum Einwand, das Kind würde "frühreif" rüberkommen: Ich habe mal alle Passagen entfernt, in denen das Kind von Erwachsenen Gesagtes zitiert. Das bleibt als intellektuelle Eigenleistung des Kindes übrig:
(…)
Ich weiß nicht, wo die Schule ist.
Ich weiß wo der Spielplatz ist. Ich weiß wo der Kindergarten ist, weil ich jeden Tag dort bin. Bei Fräulein Silke. Fräulein Silke ist nett. Gestern hat sie geweint. (…)
Ich musste auch fast weinen. Achim hat mich gehauen. Mein bester Freund heißt Demirkan. Er beschützt mich vor Dragan. (…) Ich habe nur vor Dragan Angst. Und manchmal nachts.

(…)
Ich glaube, das darf man sagen.
Ich sehe gerne fern. Nicht nur Kindersendungen. Ich spiele auch gerne.
(…)
Wir wohnen im Erdgeschoss. Und dort sind Treppen. Wenn wir die Treppen runter gehen, dann kommt manchmal die U-Bahn. Wir fahren in die Stadt mit der U-Bahn. Ich kann auch nachts die U-Bahn hören. Die U-Bahn heißt U-Bahn, weil sie unter der Erde fährt. Sie heißt Straßenbahn, wenn sie aus dem Tunnel rausfährt. Dann kann ich Menschen sehen und Autos. Wenn ich am Fenster sitzen darf. (…)
Wo wir aussteigen, das ist keine Haltestelle. Dort ist Bahnhof. Und auf der Straße ist der Dom. (…)Aber zu Hause habe ich doch den Dom gemalt. Es war ganz einfach. (…)
Ich kann nicht überall beten. Ich kann nur im Bett beten. Auch gestern.
(…) Aber das ist nicht wahr! Papa arbeitet immer nur und spielt am Wochenende mit mir. Und nicht mit Geld. Aber Mama hat geweint. Ich weiß nicht…

Papa hat früher Autos gebaut. Ford. Ich weiß nicht, was er jetzt baut. Ich habe sicherheitshalber im Bett gebetet, dass Papa nicht unser ganzes Geld verspielt. Damit Mama nicht weint. (…) Mit Geld kann man Sachen kaufen.

Am Dom ist McDonalds. Dort kann man mit Geld BigMäc kaufen. Und Fritten mit Ketchup und Majo. Das mag ich.
(…) Aber ich bin nicht fett.
Oma war fett. Aber sie ist tot. Tot ist, wenn Gott ruft. Mich hat Gott nicht gerufen. Ich höre immer genau zu, aber er hat mich nicht gerufen. Ich bin nicht tot. Wenn Gott ruft, dann kommt man in den Himmel. Wenn man brav war. Ich bin meistens brav. Wirklich!

(…)Aber ich glaube, er sagt immer stinkt, stinkt, stinkt, damit die Leute lachen. Aber nur Papa lacht.
(…)
Opa hat mich lieb, das weiß ich. Er hat keine Haare mehr. (…)

(…) Ich schaue noch von unten auf den Dom. Weil er so groß ist. Wenn ich tot bin, dann schaue ich auch von oben.

In der Stadt gehen wir dann Spazieren. (…) Wir gehen in ein Geschäft, weil Mama einen Pulli anprobieren muss. Aber Papa gefällt es nicht. Mir gefällt es. Ich finde, Mama sieht toll aus. (…)
Dann spazieren wir auf der Schildergasse. Aber ich habe nicht mehr Schilder gesehen als auf der Hohestraße. Wirklich! Ich habe Papa gefragt, warum die Straßen so heißen, wenn es gar nicht wahr ist. (…)

Einmal hat mich im Kindergarten Murat gehauen. Ich habe geweint, weil es weh getan hat. Wirklich!
(…)

Ich wusste es!
Ich bin anders.
...
Ich weiß nicht...
 
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