Leben... (mir fehlt der passende Titel)

3,00 Stern(e) 1 Stimme

Brana

Mitglied
„NEIN! NEEEEEIIIIIIIIN!“ Sie schrie es raus, schrie es gegen den Wind, der ihr die Worte vom Mund riss, schrie es gegen die Felsen, auf denen sie stand. Er war nicht fort, bestimmt war er hier. Er konnte sie nicht alleine lassen, doch nicht jetzt.
Bilder zogen an ihrem Auge vorbei, Bilder eines blutigen Kampfes gegen die Anhänger des Dunklen Königs. Grausame Bilder. Viele Tote lagen auf der blutdurchtränkten Wiese, viele Leute des Dunklen Königs, aber noch viel mehr andere. Waldläufer, Bauern, Magier, Handwerker, Elfen. Einfach gekleidet und tot lagen sie auf der Wiese. Und zwischen ihnen Phelan, ihr Phelan.
Erneut schrie sie auf. „PHELAN!!! KOMM ZURÜCK, PHELAN!“ Sie schluchzte und sank auf die Knie. „Phelan,“ flüsterte sie. Er war fort, würde nicht mehr kommen, nie wieder.
Die Tränen liefen über ihr Gesicht, wurden vom Wind getrocknet, bevor sie ihr Kinn erreichten. Phelan. Er würde nie wieder neben ihr stehen, nie wieder seine Pläne mit ihr teilen, nie wieder mit ihr lachen, sie nie wieder in die Arme nehmen und trösten, sie nie wieder zärtlich lieben. Ihre Hand griff ins Leere, als sie sie über das Ende der Klippen hinausstreckte. Der Wind zerrte an ihren Kleidern, schien sie in die Tiefe zu ziehen wollen. Dorthin, wo die Erlösung ihrer Qualen wartete. Sehnsüchtig und leer wanderte ihr Blick der Hand hinterher. Die Randorklippen gehörten zu den höchsten im Elfenreich.
Schwankend stand sie auf, warf keinen Blick auf ihr Schwert, das einige Meter neben ihr lag, dort, wo sie es verzweifelt hingeschleudert hatte. Die Scheide war zerbrochen, ihre Hose zerrissen, genauso wie ihr Leben. Es hatte keinen Sinn ohne Phelan. Er hatte sie als Frau geachtet, wie als Kriegerin. Nur wegen ihm hatte sie in diesem Kampf kämpfen dürfen, dem größten Kampf, den das Elfenreich in den letzten 100 Jahren gesehen hatte. Siegessicher waren sie losgezogen, sie immer an seiner Seite. Er hatte sie überreden wollen, nicht mit zu gehen, da er um ihr Leben fürchtete. Hätte sie nur auf ihn gehört! Dann hätte er nicht die ganze Zeit nach ihr geschaut, dann hätte er sich nicht umgedreht, als sie verwundet wurde. Sie sah noch die Axt, doch es war zu spät. Seine Liebe hatte ihn das Leben gekostet.
Noch einmal schrie sie verzweifelt und machte einen weiteren Schritt Richtung Abhang. Und noch einen. Jetzt stand sie mit beiden Füßen vor der Leere, die ihr den Schmerz nehmen konnte. Gestein bröckelte unter ihren Füßen ab und polterte in die Tiefe.
Noch einmal tauchte Phelans Gesicht vor ihren Augen auf. Er lächelte sie an, so wie nur er lächeln konnte. Heute abend hätte sie es ihm gesagt, nach der siegreichen Schlacht. Die Nachdenklichkeit und der Schmerz in seinen Augen wäre wie weggeblasen, genauso freudig hätte er sie angelächelt, wenn sie ihm verkündet hätte, dass sie ein Kind erwartete. Sein Kind.
Sie schloss die Augen, breitete die Arme aus und...
„Arianna, tu es nicht!“ Erschrocken riss sie die Augen auf und trat einen Schritt zurück. Phelan! Das war Phelans Stimme!
Sie starrte nach unten. Das konnte nicht sein, Phelan war tot! Doch dann erkannte sie ihn. Er schien aus dem Nebel zu kommen, der sich in der Schlucht unter ihr angesammelt hatte. Sein Körper zeigte keine Spuren eines Kampfes, dennoch lächelte er sie traurig an.
„Arianna, lass es nicht zu. Lass nicht zu, dass die Trauer Gewalt über dich bekommt.“ Verwirrt sah sie ihn an. „Ich bitte dich. Lebe, um des Kindes Willen. Mein Kind und dein Kind. Unser Kind.“ Jetzt war er direkt vor ihr. Sie starrte ihn aus großen Augen an und streckte die Hand aus. Er nahm sie. Ein Leuchten schien von ihm auszugehen, das sich nun auch in ihr ausbreitet und eine wohlige Wärme und Ruhe hinterließ. Ja, sie würde leben. Sie würde für ihr Kind leben und es großziehen und ihm dabei von seinem wunderbaren Vater erzählen.
Langsam wurde sie schläfrig. Phelan nahm sie sanft in den Arm und legte sie einige Meter entfernt auf den Boden. Er umarmte sie. Arianna schmiegte sich an ihn und merkte, dass sie im Begriff war einzuschlafen. „Phelan, verlass mich nicht noch mal“, flüsterte sie. Er drückte sie. „Nein, natürlich nicht. Ich werde immer in deinem Herzen und deinen Gedanken weiterleben.“
Kurz darauf später schlief sie tief und traumlos, doch nach einer Weile spürte sie, wie die Wärme wich. Phelan verließ sie ein letztes Mal. Sie streckte die Hand im Schlaf aus, doch sie konnte ihn nicht erreichen. Aber anstatt der Trauer kam nur die Kälte zurück. Phelan war fort.

Einige Stunden später kam Arianna auf dem Gipfel des Berges wieder zu Bewusstsein. Noch im Halbschlaf wusste sie, dass Phelan nun endgültig fort war. Doch sie würde weiterleben, gemeinsam mit ihrem Kind.
Vorsichtig erhob sie sich und schlang die Arme um den Körper. Jetzt erst bemerkte sie, wie kalt der Wind hier pfiff. Sie hob das zerbrochene Schwert auf, das nun direkt neben ihr lag und machte sich in der Dämmerung auf den langen Abstieg ins Dorf.


Diese Geschichte entstand aus einer Laune heraus an einem miesen Mittwoch Nachmittag. Was mir noch fehlt, ist der richtige Titel dazu. Über Kommentare wäre ich sehr dankbar.
 

Charlene

Mitglied
Hi Brana!

Also mit einem Titel für deine Geschichte kann ich leider nicht aufwarten, da ich in diesem Bereich selbst immer recht einfallslos bin.

Mmh... Insgesamt finde ich deine Story ganz gut. Allerdings gibt es ein paar Dinge, die mich stören:

„NEIN! NEEEEEIIIIIIIIN!“ Sie schrie es raus, schrie es gegen den Wind, der ihr die Worte vom Mund riss, schrie es gegen die Felsen, auf denen sie stand. ... „PHELAN!!! KOMM ZURÜCK, PHELAN!“
Ich denke, es reicht wenn dass du drei Mal "schrie" schreibst, da musst du dann nicht auch noch Großbuchstaben verwenden.

Er würde nie wiederneben ihr stehen, nie wieder seine Pläne mit ihr teilen, nie wieder mit ihr lachen, sie nie wieder in die Arme nehmen und trösten, sie nie wieder zärtlich lieben.
Der Satz ist ein bisschen zu lang und für meinen Geschmack sind da eindeutig zu viele "nie wieder" drin.

Der Satz gefällt mir nicht. Im Kontext wird zwar klar, um was er sie bittet, aber mir erscheint der Satz einfach unvollständig.

"Lebe, um des Kindes Willen. Mein Kind und dein Kind. Unser Kind."
Woher wusste Phelan denn von dem Kind? Sie hatte es ihm doch noch nicht gesagt. Denkt Arianna eigentlich gar nicht an das Leben ihres Kindes, als sie sich von den Klippen stürzen will?

Das ist jetzt das, was mir beim Durchlesen spontan aufgefallen ist - ich hoffe, die Kritik ist nicht zu harsch.

Tschüs,
Charlene
 

Brana

Mitglied
Erstmal danke für deine Antwort. Ich dachte, ich bekomme gar kein Feedback...

Nun gut, mit dem großschreiben magst du Recht haben.

Das "nie wieder" gehört meiner Meinung nach einfach rein, es ist irgendwie... mmh, ich weiß auch nicht, es würde halt blöd klingen, wenn ich schreiben würde:
Er würde nie wiederneben ihr stehen, seine Pläne mit ihr teilen, mit ihr lachen, sie nie wieder in die Arme nehmen und trösten und zärtlich lieben.
Ich finde, mit wird das nie wieder deutlicher.

Das "ich bitte" ist irgendwie ein Fehler. Sollte eigentlich "ich bitte dich" heißen.

Das Kind... nun gut, ich hab einfach angenommen, das Geister nun mal alles wissen. ;-D War vielleicht schon ein Denkfehler.
Eigentlich wollte ich Arianna des Kindes wegen am Springen hindern, aber irgendwie... ist es nun so gekommen. Vielleicht hätte ich noch reinschreiben können, dass sie überlegt, und sie sagt sich, das Kind würde ohne Vater aufwachsen und sie hat ihn so geliebt... ich glaub auch, sie ist nicht die erste, der die Liebe wichtiger ist als das Kind. Hoffe du weißt, was ich meine.


Breanna
 



 
Oben Unten