Leben wie ein Mönch

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Als er das Büro verließ, hatte es zu regnen begonnen. Die Welt schien im grauen Nichts zu versinken, was genau zu seiner Stimmung passte.Im Auto schaltete er die Scheibenwischer ein und fuhr los. Das eintönige Geräusch unterstrich perfekt seine düsteren Gedanken.

Früher hatte er sich auf das Nachhausekommen gefreut. Hatte sich seines Mantels entledigt, war in die Küche geeilt, hatte seine Frau umarmt, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergraben und darauf gewartet, dass sie sich zu ihm zuwandte. Dann hatten sie sich geküsst und es genossen, zusammen zu sein. Nach dem Essen hatte es immer eine Kuschelstunde gegeben... und manchmal auch mehr.

Jetzt gab es gar nichts mehr davon.

Einen kurzen Kuss zur Begrüßung, der auch von seiner Mutter hätte stammen können, anschließend ein belangloses Nachfragen nach seinem Tag. Genau so fragte er sie auch nach ihrem Tag, bemühte sich ihr zuzuhören, wenn sie von ihrem Alltag mit den zwei Kindern erzählte.

Die waren nun das Wichtigste für sie. Er kam schon seit der Geburt des ersten Kindes nur noch an zweiter Stelle und inzwischen an dritter. Und dabei waren die Kinder längst aus dem Gröbsten raus, wie man so schön sagte. Beide besuchten schon den Kindergarten.

Was war denn nun so entsetzlich schief gelaufen ? Warum gab es seit Jahren kaum noch Zärtlichkeiten zwischen ihnen? Und Sex schon gar nicht. Warum blockte sie alles ab?

Liebte er sie überhaupt noch? Immerhin war sie ja die Mutter seiner Kinder. Bedeutete das automatisch, dass er sie liebte? Er wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr. Hatte versucht, sie nach der Geburt des zweiten Kindes zu verführen. Einmal war ihm das auch gelungen, dann aber nicht mehr. Und sie hatte nie Initiative gezeigt. Sie ging völlig in ihrer Mutterrolle auf. Holte sich da, was sie brauchte. Und ihn brauchte sie offensichtlich nicht mehr.

Aber er brauchte sie und er brauchte auch den Sex. Sie hatten darüber geredet, mehrfach, aber es war immer nur zu endlosen Streitereien gekommen. Sie fühlte sich ausgelaugt durch die Kinder, konnte keine Nähe mehr ertragen. Seine Nähe. Das hatte ihn sehr geschmerzt.

Er zog sich daraufhin zurück und irgendwann war alles eingeschlafen. Er unternahm keinen Versuch mehr, mit ihr Sex zu haben. Er konnte doch nicht seine eigene Frau vergewaltigen ... fast konnte er die Männer verstehen, die so etwas taten. Dann stellte er sich vor, sie auf das Bett zu werfen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und brutal in sie einzudringen.

Zwei Mal war er fremd gegangen, hatte sich danach aber entsetzlich gefühlt. Nach dem kurzen Rausch kam er sich schmutzig und treulos vor.

Nun ging das schon mehrere Jahre so. Er lebte wie ein Mönch, ohne einer zu sein.

Er konnte sich niemandem anvertrauen. Wem sollte er auch erzählen, wie sein Leben als Mann ablief? Er schämte sich dafür.

Wie gingen andere Paare damit um? Fanden sie sich auf einer neutralen Ebene? Verbunden durch gemeinsame Interessen oder Hobbys? Waren sie damit zufrieden? Er fand keine Antworten auf solche Fragen.

Inzwischen hatte er sein Zuhause erreicht. Er fuhr das Auto in die Garage und ging zur Haustür. Heute wollte er ein letztes Mal versuchen, sie zu berühren. Ein allerletztes Mal. -

Drinnen trocknete sich seine Frau die Hände ab und verließ die aufgeräumte Küche. Es war alles still. Die Kinder waren in ihren Zimmern und bereiteten sich für den nächsten Tag vor. Sie würde ihnen nur noch kurz gute Nacht sagen.

Sie hörte das Knirschen der Autoreifen auf dem Kies und wusste, dass in wenigen Minuten ihr Mann erscheinen würde.

Innerlich zuckte sie zusammen. Früher hatte sie sich gefreut, wenn sie ihn wiedersah. Hatte seine Zärtlichkeiten mit Freude empfangen und erwidert, hatte später den Sex mit ihm genossen.

Und nun? Sie fürchtete sich vor der Begegnung mit ihm. Sie wusste ja, was er am meisten wollte. Genau das wollte sie nicht mehr. Hatte vor jedem Annäherungsversuch Angst, weil dieser zu mehr führen würde. Also ließ sie keine Nähe mehr zu.

Warum? Sie wusste es nicht. Anfangs war ihr das noch klar, fühlte sie sich durch die Kinder genug bedrängt und ausgefüllt. Aber später hätte sie doch wieder Begehren und Lust empfinden können oder müssen. Sie hatte es nicht.

Sie war verzweifelt. Hatte Angst, dass er sie verlassen könnte oder bereits eine Geliebte hatte. Aber nichts dergleichen geschah. Sie konnten aber doch nicht in alle Ewigkeit so weiterleben. Meine Güte, sie waren 35 und 38 Jahre alt.

Sie hatte Bücher gewälzt, aber alles war umsonst gewesen. Ratgeber halfen nicht weiter. Das Leben lernt man nicht daraus. Sie sprach mit niemandem darüber, wollte sich keine Blöße geben. Sie verhütete gewissenhaft, obwohl es nichts zu verhüten gab. Nach außen hin hielt jeder sie für eine perfekte Familie.

Manchmal sehnte sie sich danach, sich an ihn zu kuscheln, aber dann siegte wieder ihre Angst, er könne mehr wollen.

Aber heute wollte sie noch ein Mal versuchen, seine Nähe zuzulassen. Ein allerletztes Mal.

Das Begrüßungsritual war wie immer. Anschließend gingen sie in das Wohnzimmer, er nahm sich ein Bier, sie schaltete den Fernseher ein.

Sie sprachen nichts, empfingen den Nachrichtensprecher wie einen willkommenen Gast.

Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an, nahm ihre Hände in die seinen. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Dann begannen sie zu reden....
 
U

USch

Gast
Hallo Doc,
eine Geschichte, sicher Realität vieler Paare. Doch ob sie eines Tages zum Reden über ihre Probleme kommen, entspricht oft nicht der Realität. Die hohen Scheidungs-(Trennungs)raten sprechen dagegen. Insofern ist dein Text aufbauend.

Formal kommen mir zu viele [red]hatte [/red]vor. Z.B. im 2. Absatz:
Früher [red]hatte [/red]er sich auf das Nachhausekommen gefreut. [red]Hatte [/red]sich seines Mantels entledigt, war in die Küche geeilt, [red]hatte [/red]seine Frau umarmt, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergraben und darauf gewartet, dass sie sich zu ihm zuwandte. Dann [red]hatten [/red]sie sich geküsst und es genossen, zusammen zu sein. Nach dem Essen [red]hatte [/red]es immer eine Kuschelstunde gegeben... und manchmal auch mehr.
Da kannst du sicher noch dran arbeiten, z.B. Früher freute er sich... usw.
LG USch
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber USch, vielen Dank, ich werde einiges sprachlich verändern. Das Ende soll offen bleiben, "Reden" kann ja viele Formen haben.
LG Doc
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Als er das Büro verließ, hatte es zu regnen begonnen. Die Welt schien im grauen Nichts zu versinken, was genau zu seiner Stimmung passte.Im Auto schaltete er die Scheibenwischer ein und fuhr los. Das eintönige Geräusch unterstrich perfekt seine düsteren Gedanken.

Früher hatte er sich auf das Nachhausekommen gefreut, war in die Küche geeilt, hatte seine Frau umarmt, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergraben und darauf gewartet, dass sie sich ihm zuwandte. Ihr anschließendes Zusammensein war zärtlich und hingebungsvoll gewesen. Später saßen sie noch lange zusammengekuschelt beieinander.

Jetzt gab es gar nichts mehr davon.

Einen kurzen Kuss zur Begrüßung, der auch von seiner Mutter hätte stammen können, anschließend ein belangloses Nachfragen nach seinem Tag. Genau so fragte er sie auch nach ihrem Tag, bemühte sich ihr zuzuhören, wenn sie von ihrem Alltag mit den zwei Kindern erzählte.

Die waren nun das Wichtigste für sie. Er kam schon seit der Geburt des ersten Kindes nur noch an zweiter Stelle und inzwischen an dritter. Und dabei waren die Kinder längst aus dem Gröbsten raus, wie man so schön sagte. Beide besuchten schon den Kindergarten.

Was war denn nun so entsetzlich schief gelaufen ? Warum gab es seit Jahren kaum noch Zärtlichkeiten zwischen ihnen? Und Sex schon gar nicht. Warum blockte sie alles ab?

Liebte er sie überhaupt noch? Immerhin war sie ja die Mutter seiner Kinder. Bedeutete das automatisch, dass er sie liebte? Er wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr. Hatte versucht, sie nach der Geburt des zweiten Kindes zu verführen. Einmal war ihm das auch gelungen, dann aber nicht mehr. Und sie hatte nie Initiative gezeigt. Sie ging völlig in ihrer Mutterrolle auf. Holte sich da, was sie brauchte. Und ihn brauchte sie offensichtlich nicht mehr.

Aber er brauchte sie und er brauchte auch den Sex. Sie hatten darüber geredet, mehrfach, aber es war immer nur zu endlosen Streitereien gekommen. Sie fühlte sich ausgelaugt durch die Kinder, konnte keine Nähe mehr ertragen. Seine Nähe. Das hatte ihn sehr geschmerzt.

Er zog sich daraufhin zurück und irgendwann war alles eingeschlafen. Er unternahm keinen Versuch mehr, mit ihr Sex zu haben. Er konnte doch nicht seine eigene Frau vergewaltigen ... fast konnte er die Männer verstehen, die so etwas taten. Dann stellte er sich vor, sie auf das Bett zu werfen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und brutal in sie einzudringen.

Zwei Mal war er fremd gegangen, hatte sich danach aber entsetzlich gefühlt. Nach dem kurzen Rausch kam er sich schmutzig und treulos vor.

Nun ging das schon mehrere Jahre so. Er lebte wie ein Mönch, ohne einer zu sein.

Er konnte sich niemandem anvertrauen. Wem sollte er auch erzählen, wie sein Leben als Mann ablief? Er schämte sich dafür.

Wie gingen andere Paare damit um? Fanden sie sich auf einer neutralen Ebene? Verbunden durch gemeinsame Interessen oder Hobbys? Waren sie damit zufrieden? Er fand keine Antworten auf solche Fragen.

Inzwischen hatte er sein Zuhause erreicht. Er fuhr das Auto in die Garage und ging zur Haustür. Heute wollte er ein letztes Mal versuchen, sie zu berühren. Ein allerletztes Mal. -

Drinnen trocknete sich seine Frau die Hände ab und verließ die aufgeräumte Küche. Es war alles still. Die Kinder waren in ihren Zimmern und bereiteten sich für den nächsten Tag vor. Sie würde ihnen nur noch kurz gute Nacht sagen.

Sie hörte das Knirschen der Autoreifen auf dem Kies und wusste, dass in wenigen Minuten ihr Mann erscheinen würde.

Innerlich zuckte sie zusammen. Früher hatte sie sich gefreut, wenn sie ihn wiedersah. Hatte seine Zärtlichkeiten mit Freude empfangen und erwidert, hatte später den Sex mit ihm genossen.

Und nun? Sie fürchtete sich vor der Begegnung mit ihm. Sie wusste ja, was er am meisten wollte. Genau das wollte sie nicht mehr. Hatte vor jedem Annäherungsversuch Angst, weil dieser zu mehr führen würde. Also ließ sie keine Nähe mehr zu.

Warum? Sie wusste es nicht. Anfangs war ihr das noch klar, fühlte sie sich durch die Kinder genug bedrängt und ausgefüllt. Aber später hätte sie doch wieder Begehren und Lust empfinden können oder müssen. Sie hatte es nicht.

Sie war verzweifelt. Hatte Angst, dass er sie verlassen könnte oder bereits eine Geliebte hatte. Aber nichts dergleichen geschah. Sie konnten aber doch nicht in alle Ewigkeit so weiterleben. Meine Güte, sie waren 35 und 38 Jahre alt.

Sie hatte Bücher gewälzt, aber alles war umsonst gewesen. Ratgeber halfen nicht weiter. Das Leben lernt man nicht daraus. Sie sprach mit niemandem darüber, wollte sich keine Blöße geben. Sie verhütete gewissenhaft, obwohl es nichts zu verhüten gab. Nach außen hin hielt jeder sie für eine perfekte Familie.

Manchmal sehnte sie sich danach, sich an ihn zu kuscheln, aber dann siegte wieder ihre Angst, er könne mehr wollen.

Aber heute wollte sie noch ein Mal versuchen, seine Nähe zuzulassen. Ein allerletztes Mal.

Das Begrüßungsritual war wie immer. Anschließend gingen sie in das Wohnzimmer, er nahm sich ein Bier, sie schaltete den Fernseher ein.

Sie sprachen nichts, empfingen den Nachrichtensprecher wie einen willkommenen Gast.

Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an, nahm ihre Hände in die seinen. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Dann begannen sie zu reden....
 

Val Sidal

Mitglied
Doc,

die Geschichte greift die (mögliche - häufige?) Phase einer Ehe auf, die lohnt, genauer betrachtet zu werden. Der Text ist allerdings -- nach meinem Dafürhalten -- noch im Zusatnd einer ausführlichen Ideenbeschreibung.

Einige schnelle Bemerkungen:
Die Welt schien im grauen Nichts zu versinken, was genau zu seiner Stimmung passte.[blue](Leerstelle)[/blue]Im Auto schaltete er die Scheibenwischer ein und fuhr los.
Einen kurzen Kuss zur Begrüßung, der auch von seiner Mutter hätte stammen können, anschließend ein [red]belangloses[/red] Nachfragen nach seinem Tag.
-- "belanglos" scheint mir hier nicht das treffende Attribut zu sein: die Frage mag z.B. desinteressiert sein, worauf die Antwort "belanglos" entgegen kommen mag.

Folgende Opposition:
Zwei Mal war er fremd gegangen, ...
... Er lebte wie ein Mönch, ohne einer zu sein.
ist pikant und entbehrt nicht einer subversiven Ironie -- ist das gewollt?

Der Schluss:
Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an, nahm ihre Hände in die seinen. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Dann begannen sie zu reden....
ist sehr gut gelungen.

Wenn du Interesse an einer tiefer greifenden Analyse hast, lass es mich bitte wissen, sonst - Pardon.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Als er das Büro verließ, hatte es zu regnen begonnen. Die Welt schien im grauen Nichts zu versinken, was genau zu seiner Stimmung passte. Im Auto schaltete er die Scheibenwischer ein und fuhr los. Das eintönige Geräusch unterstrich perfekt seine düsteren Gedanken.

Früher hatte er sich auf das Nachhausekommen gefreut, war in die Küche geeilt, hatte seine Frau umarmt, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergraben und darauf gewartet, dass sie sich ihm zuwandte. Ihr anschließendes Zusammensein war zärtlich und hingebungsvoll gewesen. Später saßen sie noch lange zusammengekuschelt beieinander.

Jetzt gab es gar nichts mehr davon.

Einen kurzen Kuss zur Begrüßung, der auch von seiner Mutter hätte stammen können, anschließend ein belangloses Nachfragen nach seinem Tag. Genau so fragte er sie auch nach ihrem Tag, bemühte sich ihr zuzuhören, wenn sie von ihrem Alltag mit den zwei Kindern erzählte.

Die waren nun das Wichtigste für sie. Er kam schon seit der Geburt des ersten Kindes nur noch an zweiter Stelle und inzwischen an dritter. Und dabei waren die Kinder längst aus dem Gröbsten raus, wie man so schön sagte. Beide besuchten schon den Kindergarten.

Was war denn nun so entsetzlich schief gelaufen ? Warum gab es seit Jahren kaum noch Zärtlichkeiten zwischen ihnen? Und Sex schon gar nicht. Warum blockte sie alles ab?

Liebte er sie überhaupt noch? Immerhin war sie ja die Mutter seiner Kinder. Bedeutete das automatisch, dass er sie liebte? Er wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr. Hatte versucht, sie nach der Geburt des zweiten Kindes zu verführen. Einmal war ihm das auch gelungen, dann aber nicht mehr. Und sie hatte nie Initiative gezeigt. Sie ging völlig in ihrer Mutterrolle auf. Holte sich da, was sie brauchte. Und ihn brauchte sie offensichtlich nicht mehr.

Aber er brauchte sie und er brauchte auch den Sex. Sie hatten darüber geredet, mehrfach, aber es war immer nur zu endlosen Streitereien gekommen. Sie fühlte sich ausgelaugt durch die Kinder, konnte keine Nähe mehr ertragen. Seine Nähe. Das hatte ihn sehr geschmerzt.

Er zog sich daraufhin zurück und irgendwann war alles eingeschlafen. Er unternahm keinen Versuch mehr, mit ihr Sex zu haben. Er konnte doch nicht seine eigene Frau vergewaltigen ... fast konnte er die Männer verstehen, die so etwas taten. Dann stellte er sich vor, sie auf das Bett zu werfen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und brutal in sie einzudringen.

Zwei Mal war er fremd gegangen, hatte sich danach aber entsetzlich gefühlt. Nach dem kurzen Rausch kam er sich schmutzig und treulos vor.

Das war jetzt schon mehrere Jahre her. Inzwischen lebte er wie ein Mönch, ohne einer zu sein.

Er konnte sich niemandem anvertrauen. Wem sollte er auch erzählen, wie sein Leben als Mann ablief? Er schämte sich dafür.

Wie gingen andere Paare damit um? Fanden sie sich auf einer neutralen Ebene? Verbunden durch gemeinsame Interessen oder Hobbys? Waren sie damit zufrieden? Er fand keine Antworten auf solche Fragen.

Inzwischen hatte er sein Zuhause erreicht. Er fuhr das Auto in die Garage und ging zur Haustür. Heute wollte er ein letztes Mal versuchen, sie zu berühren. Ein allerletztes Mal. -

Drinnen trocknete sich seine Frau die Hände ab und verließ die aufgeräumte Küche. Es war alles still. Die Kinder waren in ihren Zimmern und bereiteten sich für den nächsten Tag vor. Sie würde ihnen nur noch kurz gute Nacht sagen.

Sie hörte das Knirschen der Autoreifen auf dem Kies und wusste, dass in wenigen Minuten ihr Mann erscheinen würde.

Innerlich zuckte sie zusammen. Früher hatte sie sich gefreut, wenn sie ihn wiedersah. Hatte seine Zärtlichkeiten mit Freude empfangen und erwidert, hatte später den Sex mit ihm genossen.

Und nun? Sie fürchtete sich vor der Begegnung mit ihm. Sie wusste ja, was er am meisten wollte. Genau das wollte sie nicht mehr. Hatte vor jedem Annäherungsversuch Angst, weil dieser zu mehr führen würde. Also ließ sie keine Nähe mehr zu.

Warum? Sie wusste es nicht. Anfangs war ihr das noch klar, fühlte sie sich durch die Kinder genug bedrängt und ausgefüllt. Aber später hätte sie doch wieder Begehren und Lust empfinden können oder müssen. Sie hatte es nicht.

Sie war verzweifelt. Hatte Angst, dass er sie verlassen könnte oder bereits eine Geliebte hatte. Aber nichts dergleichen geschah. Sie konnten aber doch nicht in alle Ewigkeit so weiterleben. Meine Güte, sie waren 35 und 38 Jahre alt.

Sie hatte Bücher gewälzt, aber alles war umsonst gewesen. Ratgeber halfen nicht weiter. Das Leben lernt man nicht daraus. Sie sprach mit niemandem darüber, wollte sich keine Blöße geben. Sie verhütete gewissenhaft, obwohl es nichts zu verhüten gab. Nach außen hin hielt jeder sie für eine perfekte Familie.

Manchmal sehnte sie sich danach, sich an ihn zu kuscheln, aber dann siegte wieder ihre Angst, er könne mehr wollen.

Aber heute wollte sie noch ein Mal versuchen, seine Nähe zuzulassen. Ein allerletztes Mal.

Das Begrüßungsritual war wie immer. Anschließend gingen sie in das Wohnzimmer, er nahm sich ein Bier, sie schaltete den Fernseher ein.

Sie sprachen nichts, empfingen den Nachrichtensprecher wie einen willkommenen Gast.

Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an, nahm ihre Hände in die seinen. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Dann begannen sie zu reden....
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Val, vielen Dank für die Verbesserungsvorschläge. Die Leerstelle hatte ich übersehen. Das "Leben wie ein Mönch" passte zeitlich nicht zum Vorhergehenden, auch das habe ich in einen anderen Rahmen gebracht. "Belanglos" bleibt so, ein nur belangloses Nachfragen erfolgt im Nebensatz, das wollte ich ausdrücken, eben ohne echtes Interesse.
Dass Du den Schluss gut findest, freut mich, ich fand ihn noch immer nicht gut genug, wusste aber nicht mehr weiter.
Der Text gibt beide Sichtweisen wieder, das war mein Anliegen.
Du kannst aber gerne eine Analyse vornehmen und ein Pardon ist nicht nötig, denn der Text schlummert nicht in der Schublade, sondern ist frei zugänglich, also habe ich nichts gegen Kommentare. Außerdem sind wir hier "dichter am Text" ;-)
LG Doc
 

Val Sidal

Mitglied
Doc,

eine Idee:
Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. [blue]Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Bis er ihre Hände in die seinen nahm.[/blue] Dann begannen sie zu reden....
Was hältst Du davon?
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Als er das Büro verließ, hatte es zu regnen begonnen. Die Welt schien im grauen Nichts zu versinken, was genau zu seiner Stimmung passte. Im Auto schaltete er die Scheibenwischer ein und fuhr los. Das eintönige Geräusch unterstrich perfekt seine düsteren Gedanken.

Früher hatte er sich auf das Nachhausekommen gefreut, war in die Küche geeilt, hatte seine Frau umarmt, sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergraben und darauf gewartet, dass sie sich ihm zuwandte. Ihr anschließendes Zusammensein war zärtlich und hingebungsvoll gewesen. Später saßen sie noch lange zusammengekuschelt beieinander.

Jetzt gab es gar nichts mehr davon.

Einen kurzen Kuss zur Begrüßung, der auch von seiner Mutter hätte stammen können, anschließend ein belangloses Nachfragen nach seinem Tag. Genau so fragte er sie auch nach ihrem Tag, bemühte sich ihr zuzuhören, wenn sie von ihrem Alltag mit den zwei Kindern erzählte.

Die waren nun das Wichtigste für sie. Er kam schon seit der Geburt des ersten Kindes nur noch an zweiter Stelle und inzwischen an dritter. Und dabei waren die Kinder längst aus dem Gröbsten raus, wie man so schön sagte. Beide besuchten schon den Kindergarten.

Was war denn nun so entsetzlich schief gelaufen ? Warum gab es seit Jahren kaum noch Zärtlichkeiten zwischen ihnen? Und Sex schon gar nicht. Warum blockte sie alles ab?

Liebte er sie überhaupt noch? Immerhin war sie ja die Mutter seiner Kinder. Bedeutete das automatisch, dass er sie liebte? Er wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr. Hatte versucht, sie nach der Geburt des zweiten Kindes zu verführen. Einmal war ihm das auch gelungen, dann aber nicht mehr. Und sie hatte nie Initiative gezeigt. Sie ging völlig in ihrer Mutterrolle auf. Holte sich da, was sie brauchte. Und ihn brauchte sie offensichtlich nicht mehr.

Aber er brauchte sie und er brauchte auch den Sex. Sie hatten darüber geredet, mehrfach, aber es war immer nur zu endlosen Streitereien gekommen. Sie fühlte sich ausgelaugt durch die Kinder, konnte keine Nähe mehr ertragen. Seine Nähe. Das hatte ihn sehr geschmerzt.

Er zog sich daraufhin zurück und irgendwann war alles eingeschlafen. Er unternahm keinen Versuch mehr, mit ihr Sex zu haben. Er konnte doch nicht seine eigene Frau vergewaltigen ... fast konnte er die Männer verstehen, die so etwas taten. Dann stellte er sich vor, sie auf das Bett zu werfen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und brutal in sie einzudringen.

Zwei Mal war er fremd gegangen, hatte sich danach aber entsetzlich gefühlt. Nach dem kurzen Rausch kam er sich schmutzig und treulos vor.

Das war jetzt schon mehrere Jahre her. Inzwischen lebte er wie ein Mönch, ohne einer zu sein.

Er konnte sich niemandem anvertrauen. Wem sollte er auch erzählen, wie sein Leben als Mann ablief? Er schämte sich dafür.

Wie gingen andere Paare damit um? Fanden sie sich auf einer neutralen Ebene? Verbunden durch gemeinsame Interessen oder Hobbys? Waren sie damit zufrieden? Er fand keine Antworten auf solche Fragen.

Inzwischen hatte er sein Zuhause erreicht. Er fuhr das Auto in die Garage und ging zur Haustür. Heute wollte er ein letztes Mal versuchen, sie zu berühren. Ein allerletztes Mal. -

Drinnen trocknete sich seine Frau die Hände ab und verließ die aufgeräumte Küche. Es war alles still. Die Kinder waren in ihren Zimmern und bereiteten sich für den nächsten Tag vor. Sie würde ihnen nur noch kurz gute Nacht sagen.

Sie hörte das Knirschen der Autoreifen auf dem Kies und wusste, dass in wenigen Minuten ihr Mann erscheinen würde.

Innerlich zuckte sie zusammen. Früher hatte sie sich gefreut, wenn sie ihn wiedersah. Hatte seine Zärtlichkeiten mit Freude empfangen und erwidert, hatte später den Sex mit ihm genossen.

Und nun? Sie fürchtete sich vor der Begegnung mit ihm. Sie wusste ja, was er am meisten wollte. Genau das wollte sie nicht mehr. Hatte vor jedem Annäherungsversuch Angst, weil dieser zu mehr führen würde. Also ließ sie keine Nähe mehr zu.

Warum? Sie wusste es nicht. Anfangs war ihr das noch klar, fühlte sie sich durch die Kinder genug bedrängt und ausgefüllt. Aber später hätte sie doch wieder Begehren und Lust empfinden können oder müssen. Sie hatte es nicht.

Sie war verzweifelt. Hatte Angst, dass er sie verlassen könnte oder bereits eine Geliebte hatte. Aber nichts dergleichen geschah. Sie konnten aber doch nicht in alle Ewigkeit so weiterleben. Meine Güte, sie waren 35 und 38 Jahre alt.

Sie hatte Bücher gewälzt, aber alles war umsonst gewesen. Ratgeber halfen nicht weiter. Das Leben lernt man nicht daraus. Sie sprach mit niemandem darüber, wollte sich keine Blöße geben. Sie verhütete gewissenhaft, obwohl es nichts zu verhüten gab. Nach außen hin hielt jeder sie für eine perfekte Familie.

Manchmal sehnte sie sich danach, sich an ihn zu kuscheln, aber dann siegte wieder ihre Angst, er könne mehr wollen.

Aber heute wollte sie noch ein Mal versuchen, seine Nähe zuzulassen. Ein allerletztes Mal.

Das Begrüßungsritual war wie immer. Anschließend gingen sie in das Wohnzimmer, er nahm sich ein Bier, sie schaltete den Fernseher ein.

Sie sprachen nichts, empfingen den Nachrichtensprecher wie einen willkommenen Gast.

Nach der Tagesschau stand sie plötzlich auf, schaltete den Fernseher aus und setzte sich wieder auf das Sofa. Er faltete die Zeitung zusammen und blickte sie an. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Bis er ihre Hände in die seinen nahm. Dann begannen sie zu reden....
 



 
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