Leerkenntnis

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Arisia Krieger

Mitglied
Leerkenntnis

Mit vielen Worten nichts zu sagen
Ist eine Kunst dies in sich hat
Zwar darf man nicht nach Inhalt fragen
Doch steht man reimisch nicht im Patt

Denn wer nach richt'gen Reimen suchet
Findet diese nicht zu Hauf
Und bevor man sich verzettelt
Gibt man den Inhalt einfach auf

So hat man dann ein Wortgebilde
Dass lyrisch klingt und nichts besagt
Und muss einfach weiter hoffen
Dass keiner nach dem Sinn drin fragt
 

Agnete

Mitglied
mir nicht :) Und auch auf die Metrik sollte man achten. Der Gegensatz, der gerne aufgenmacht wird: Form versus Inhalt, den teileich nicht. man kann beides durchaus vereinen...lG von Agnete
 

petrasmiles

Mitglied
Natürlich, Agnete, ich bewundere gute Gedichte!
Es gibt nur zu viele, die für den Reim den Inhalt vernachlässigen.
Wenn beides gelungen ist, ist das für mich große Kunst!
Aber um die geht es ja hier eben nicht.

Liebe Grüße
Petra
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @Arisia Krieger ,

ein interessantes Fass steht offen!

Mir kam es schon unter, etwas gelesen zu haben, das alle "Form" erfüllte, sich anbahnte und dann wie eine berstende Billardkugel samt Queue über den Tisch flog. Selbst meine eigenen Gedichte...
Da stelle ich mir nicht mehr die Frage, wohin es führt:)
Ich freue mich, dass du es thematisiert hast.

Schreibe ich hin:
Er trat auf den Pfannkuchen
Satt
So habe ich a) ein Opfer und b) einen gesättigten Gegner mit Bodenhaftung

Schreibe ich hin:
Er trat auf, so satt vom Pfannenkuchen
Noch einmal mehr zu suchen
So habe ich a) einen Reim und b) eine größere Erwartung

Schreibe ich hin:
Er is(s)t Pfannkuchen
So habe ich immer noch ein Gedicht;-)

Kurzum, Ende des Gefasels meiner Wenigkeit.

Lieben Gruß ubertas
 

James Blond

Mitglied
Liebe Arisia Krieger

Wer inhaltsfrei vor sich hin reimt, der sollte zumindest die Form durchhalten. Dann unterstreicht sie lächelnd noch die Leere. Wer auch daran scheitert, gibt sich selbst zu erkennen. ;)

Arisia schrieb:
Mit vielen Worten nichts zu sagen
Ist eine Kunst dies in sich hat
Ein eleganter Einstieg, der noch nicht zuviel verrät.

Arisia schrieb:
Zwar darf man nicht nach Inhalt fragen
Doch steht man reimisch nicht im Patt
Hm - "darf man ... steht man" klingt etwas stereotyp. Naja und "reimisch" (vermutl. im Sinne von "reimbezogen") wirkt sprachlich etwas hilflos.

Vorschlag:

Zwar darf man nicht nach Inhalt fragen
Doch klingt's gereimt nicht mehr so platt.


Nun ist mit der ersten Strophe das Thema wie auch die Form vorgegeben: 4-hebiger Jambus, kreuzgereimt mit wechselnder (unbetonter und betonter) Kadenz. Man tut in der Spottdichtung gut daran, dieses Schema von Metrum und Reim dann auch in den folgenden Versen durchzuhalten.

Vorschlag:

Denn wer nach guten Reimen suchet
Erwischt sie meistens nicht zu Hauf
Bevor der Dichter sich verfluchet
Gibt er den Inhalt einfach auf

So schafft er dann ein Wortgebilde
Das lyrisch klingt und nichts besagt
Und rechnet mit des Lesers Milde
Dass keiner nach dem Sinn drin fragt


(Gern kommentiert)
 
Mit vielen Worten nichts zu sagen
Ist eine Kunst dies in sich hat
Beherrschen Politiker aus dem FF. :)
Aber die können nicht reimen.

Ich finde die Mitteilung im Gedicht schon interessant. Ehe man sich ernsthaft mit Inhalt auseinandersetzt, reimt man lieber perfekt, und der Inhalt verläuft sich.
Ja, die Kunst ist, beides miteinander zu verknüpfen. Und das ist alles andere als einfach.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 

mondnein

Mitglied
Bei "und muss einfach" musste ich aus dem rhythmischen Fluss der Trochäen raus und zweimal ansetzen, weil das "und" betont gelesen werden muss, während der Vers davor (mit dem falschen "dass") und der danach mit Unbetonten anfangen.

grusz, hansz
 

mondnein

Mitglied
So hat man dann ein Wortgebilde
Dass lyrisch klingt und nichts besagt
Und muss einfach weiter hoffen
Dass keiner nach dem Sinn drin fragt
der Leser macht das Gedicht
"und ohne den Logos ist nichts von dem geworden, was geworden ist"; ein guter Kommissar findet auch im scheinbar "gesäuberten" Raum noch Indizien. Und Philosophen, Theologen und Zenmönche fliegen frei durch die Leere, von den Dadaisten und Witzbolden ganz abgesehen.
Aber da beginnt erst die Kunst.

grusz, hansz
 



 
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