Leiche im Keller

5,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Klaus K.

Mitglied
Da kauft man sich ein Ferienhaus auf Sardinien – seriös, selbstverständlich –, hat sich auf den Preis geeinigt, der Notar hat alles klar gemacht, das Geld ist transferiert worden, und dann ... dann steht man in seinem Objekt der Begierde fernab der nächsten menschlichen Siedlung, bei Oliena, und man geht in den Keller.

Lehmboden, sieht und denkt man, könnte man fliesen lassen, wäre wohl besser, und kühl im Sommer bliebe es auch. Und dann nimmt man einen Spaten, um sich diesen Lehmboden und das darunter liegende Erdreich näher anzuschauen. Nach wenigen Zentimetern trifft der Spaten auf Holzbohlen, jede fast zwei Meter lang. Die hebt man dann an und stößt auf eine fast restlos verweste männliche, ja, auch für einen medizinischen Laien eindeutig erkennbare männliche Leiche.

Ekelhaft. Was tun? Polizei? Viel Vergnügen, als Ausländer auf Sardinien. Der vorherige Eigentümer, na klar! Aber der war weg, seine Adresse in Norditalien hatte er ja selbst nur als «vorübergehend» bezeichnet. Nochmals viel Vergnügen. Der Notar, die Bank? Hmmmm ... Oder einfach nichts machen und Fliesen legen? Vielleicht war es ja ein entfernter Verwandter des Vorbesitzers und man hatte die Beerdigungskosten sparen wollen? Oder der Tote war kein Mitglied der Kirche. So etwas soll ja in sehr katholisch geprägten Ländern doch Probleme aufwerfen ...

Kurz und gut: Am besten war wohl, man wusste einfach von nichts. Niemand war verpflichtet, den Boden seines Kellers nach einem Hauskauf umzugraben, oder? Man hatte es eben nie gemerkt, auch nie gewusst – ganz einfach. Nur – wie lebt es sich so, mit einer Leiche im Keller? Also, Fliesen, oder zuschütten. Und wie schläft man dann oben? Über einem Grab? Kommen die Maden nachts heraus? Geht der Tote als Geist um, ist das Haus überhaupt noch bewohnbar?

Egal, man musste es probieren, man konnte die Entdeckung ja gegebenenfalls später noch einmal wiederholen, wenn etwas schief ging. Aber Estrich und Fliesen waren wohl schon besser – für alle Fälle.

Entsprechend wurden die Bohlen wieder ihrer Bestimmung übergeben und der Lehm neu drauf gestampft. Dann wurde aus dem nächsten Dorf ein Handwerker beauftragt. Der kam, sah sich den Kellerraum an, schlug Terracotta-Fliesen vor und pries sich als Meister des Estrichs. Alles klar, bereits eine Woche später sah der Keller ganz anders aus, man mochte fast sagen: elegant. Der Meister bekam seinen Lohn in bar, ein Bündel Euro wechselte den Besitzer. Allerdings hatte er – hochzufrieden zwar, doch eigenartig – bei der Verabschiedung irgendwie seltsam gelächelt.

Nun denn. Vielleicht war das ja auch nur Einbildung gewesen. Auf jeden Fall hatte alles wunderbar geklappt, und der ruhige Gast im Untergeschoss bereitete keine Probleme. Ob man nun neben einem Friedhof wohnt oder über einem Friedhof – de mortuis nil nisi bene, sagt man. Über die Toten nur Gutes reden, das konnte man in diesem speziellen Fall auch.

So verging der Sommer, ohne Zwischenfälle. Das Haus und die es umgebende Landschaft einschließlich der Ruhe waren ihr Geld wert gewesen. Alles in bester Ordnung.

Gegen Ende Oktober klopfte es vernehmlich an der Tür. Nichts war zu hören gewesen, vorher. Es war der erste Besuch überhaupt. Geöffnet, gesehen, verstanden. Der Besucher war knapp zwei Meter groß und machte einen sympathischen Eindruck. Er sagte nur: »Ich hab’ noch Einen!»
 

Klaus K.

Mitglied
Servus Ji,

.....und vielen Dank! OK, ...."oder einfach nichts machen und (nur) Fliesen legen (lassen)"... scharf beobachtet!
Ich halte es neben Tucholsky auch sinngemäss mit Somerset Maugham: "Die, die Bücher ("Stories") schreiben, die sollten sie einfach auch mal selber lesen...".
William, wo warst du hier?

Hier höre ich "Der Titel verrät alles", dann auch - siehe "Nur Vizemeister"- einen eher gegensätzlichen Vorschlag. Ich halte das alles aus, haha. Und bleibe gaaanz locker: No Way...es bleibt bei meiner Leiche im Keller und im anderen Fall beim englischen Original ("runner-up").-
Mein diesbezügliches Selbstbewusstsein ist also noch ungebrochen, aber ich nehme diese konstruktiven Hinweise alle (!!!) gerne auf !

Nochmals mit bestem Dank und Gruß, Klaus K.
 



 
Oben Unten