Lichter gehen ihm keine mehr auf, unscharf erscheint ihm sein sinnentleertes Bewusstsein. Eine schleichende Gedankenstromsperre hat die Synapsen lahmgelegt und das Erinnern treibt ziellos im Fluss des Vergessens.
Wer bin ich? Wer sind die Menschen auf dem Bild?
Der Abend dämmert und wirft seine tagesflüchtigen Schatten an die Wände.
Der alte Mann mit dem Silberhaar starrt gedankenverloren auf das Foto vor sich auf dem Tisch seines kleinen Zimmers im Seniorenheim. Die Pflegerin vom Spätdienst ist gekommen und schaut ihm über die Schulter.
"Das sind Sie und ihre Frau, oder? Ist lange her, Herr Hornbichler. War wohl ein Picnic im Grünen?"
Schwester Judith reicht ihm die Brille.
"Schauen Sie mal genau hin!"
"Das ist nicht meine Frau, die würde ich kennen."
Er nimmt die Fotografie in beide Hände und führt sie kopfschüttelnd dicht vor die Augen.
"Nein, die kenne ich nicht. Beide nicht."
"Ihre Frau kommt Sie übrigens heute besuchen. Ich habe sie vorhin auf dem Gang getroffen", wirft Schwester Judith ein.
Frau Hornbichler betritt wenig später den Raum.
"Wie war dein Tag, Xaver, mein Lieber?"
Herr Hornbichler wendet sich brüsk ab ohne Notiz von ihr zu nehmen.
"Wer sind Sie eigentlich?"
"Deine Frau, die Ella."
"So? Das hat Schwester Agathe vorhin auch schon behauptet", und er deutet auf das Foto.
"Das ist Schwester Judith, Xaver. Hast es schon wieder vergessen?", und nimmt das Bild zur Hand.
"Ach, das hast du noch? Es war damals am Ammersee."
Er schaut sie ungläubig an.
"Ich war nie am Ammersee...oder?"
"Doch, mit der Vespa, von München aus, im Studium, zweites Semester, wir beide."
Herr Hornbichler hält das Bild dicht unter die Tischlampe und fixiert es eingehend. Seine Hände zittern.
"Ein hübsches Mädchen", und ein Schmunzeln huscht über sein Gesicht.
"Das bin ich, Xaver. Hast mich immer so lieb angeschaut, wie auf dem Foto."
"Das bist nicht du. Oder - hättest dich sehr verändert."
"Wir sind beide nicht mehr die Alten, Xaver."
Ella streicht ihm liebevoll über das schüttere Weißhaar.
Herr Hornbichler hat das Foto in der Mitte gefaltet und reißt es in zwei Hälften.
"Den Herrn können Sie haben."
Er reicht Ella den Teil mit seinem Abbild.
"Die Frau gefällt mir, die behalte ich."
Er lässt das Stückchen Papier in seiner Jackentasche verschwinden und lehnt sich mit einem Seufzer zurück.
Seine Frau hat sich verabschiedet, kaum, dass er ihr die Hand gab.
"Sie brauchen nicht mehr wiederkommen, hören Sie! Es geht mir gut", hat er ihr noch nachgerufen, als sie schon traurig winkend unter der Tür stand.
Schwester Judith bringt die Pillen zur Nacht. Herr Hornbichler hat sich niedergelegt. Die Bettlampe verbreitet einen schwachen Lichtschein. Er hat sich die Decke über die Knie gezogen.
Als die Schwester den Raum mit einem "Schlafen Sie gut!" verlassen hat, steht er nochmal auf und holt das halbe Foto aus seinem Jackett. Lange schaut er die Bildhälfte unter der Lampe an. Dann führt er sie behutsam zum Mund und drückt einen langen, zärtlichen Kuss auf das blonde Mädchen.
"Warst eine schöne Frau, Ella. Warum kommst du mich eigentlich nie mehr besuchen?"
Wer bin ich? Wer sind die Menschen auf dem Bild?
Der Abend dämmert und wirft seine tagesflüchtigen Schatten an die Wände.
Der alte Mann mit dem Silberhaar starrt gedankenverloren auf das Foto vor sich auf dem Tisch seines kleinen Zimmers im Seniorenheim. Die Pflegerin vom Spätdienst ist gekommen und schaut ihm über die Schulter.
"Das sind Sie und ihre Frau, oder? Ist lange her, Herr Hornbichler. War wohl ein Picnic im Grünen?"
Schwester Judith reicht ihm die Brille.
"Schauen Sie mal genau hin!"
"Das ist nicht meine Frau, die würde ich kennen."
Er nimmt die Fotografie in beide Hände und führt sie kopfschüttelnd dicht vor die Augen.
"Nein, die kenne ich nicht. Beide nicht."
"Ihre Frau kommt Sie übrigens heute besuchen. Ich habe sie vorhin auf dem Gang getroffen", wirft Schwester Judith ein.
Frau Hornbichler betritt wenig später den Raum.
"Wie war dein Tag, Xaver, mein Lieber?"
Herr Hornbichler wendet sich brüsk ab ohne Notiz von ihr zu nehmen.
"Wer sind Sie eigentlich?"
"Deine Frau, die Ella."
"So? Das hat Schwester Agathe vorhin auch schon behauptet", und er deutet auf das Foto.
"Das ist Schwester Judith, Xaver. Hast es schon wieder vergessen?", und nimmt das Bild zur Hand.
"Ach, das hast du noch? Es war damals am Ammersee."
Er schaut sie ungläubig an.
"Ich war nie am Ammersee...oder?"
"Doch, mit der Vespa, von München aus, im Studium, zweites Semester, wir beide."
Herr Hornbichler hält das Bild dicht unter die Tischlampe und fixiert es eingehend. Seine Hände zittern.
"Ein hübsches Mädchen", und ein Schmunzeln huscht über sein Gesicht.
"Das bin ich, Xaver. Hast mich immer so lieb angeschaut, wie auf dem Foto."
"Das bist nicht du. Oder - hättest dich sehr verändert."
"Wir sind beide nicht mehr die Alten, Xaver."
Ella streicht ihm liebevoll über das schüttere Weißhaar.
Herr Hornbichler hat das Foto in der Mitte gefaltet und reißt es in zwei Hälften.
"Den Herrn können Sie haben."
Er reicht Ella den Teil mit seinem Abbild.
"Die Frau gefällt mir, die behalte ich."
Er lässt das Stückchen Papier in seiner Jackentasche verschwinden und lehnt sich mit einem Seufzer zurück.
Seine Frau hat sich verabschiedet, kaum, dass er ihr die Hand gab.
"Sie brauchen nicht mehr wiederkommen, hören Sie! Es geht mir gut", hat er ihr noch nachgerufen, als sie schon traurig winkend unter der Tür stand.
Schwester Judith bringt die Pillen zur Nacht. Herr Hornbichler hat sich niedergelegt. Die Bettlampe verbreitet einen schwachen Lichtschein. Er hat sich die Decke über die Knie gezogen.
Als die Schwester den Raum mit einem "Schlafen Sie gut!" verlassen hat, steht er nochmal auf und holt das halbe Foto aus seinem Jackett. Lange schaut er die Bildhälfte unter der Lampe an. Dann führt er sie behutsam zum Mund und drückt einen langen, zärtlichen Kuss auf das blonde Mädchen.
"Warst eine schöne Frau, Ella. Warum kommst du mich eigentlich nie mehr besuchen?"