Hey Charlotte,
schöntraurige und nachdenkliche Zeilen... ich bin da nicht in die theologiegeschichtlichen Details eingelesen, aber es erscheint mir evident, dass diese spezielle Todsünde durchaus kontrovers betrachtet wurde.
Es gibt dieses alte, christlich-existentialistische Gedicht, das mit den wunderbaren, ja unvergleichlichen Zeilen endet "mich wundert, dass ich so fröhlich bin" - man hat es allerlei Korniferen der christlichen Ideenlandschaft zugeschrieben, am prominentesten wohl dem genialisch-klugen Meister Eckhart. Von dem stammt es zwar nicht, aber einige seiner Gedanken sind nicht weit davon weg.
Der alte Luther wiederum fühltesich von dem Gedicht ernstlich provoziert und hat es darum konsequent verneinend umgedichtet, eine seiner schwachen Leistungen, um mit der Zeile "mich wundert, dass ich traurig bin" zu enden.
Vermutlich hätte Luther die Melancholie aus diesem Geiste heraus mit einiger Vehemenz den Todsünden zugerechnet: Wie können wir noch traurig sein angesichts der göttlichen Gnade? Der gedanklich so viel offenere und geistig beweglichere Meister Eckhart hätte da wohl nur augenrollend den Kopf geschüttelt über so viel mentale Dumpfigkeit.
LG!
S.