Hi Lachmalwieder,
toller Name übrigens, aber über deine Kritik lache ich natürlich nicht, denn die ist durchaus berechtigt und trifft mich hart, da ich mich auch sehr gerne mit der Form eines Gedichts beschäftige. Bei der Metrik kommt es aber letztendlich nicht so sehr darauf an, ob objektiv gesehen alle Betonungen bis ins Detail stimmen, sondern darauf, wie lesbar das Gedicht erscheint - und das ist, wie ich festgestellt habe (und was mich erstaunt), eine subjektive Sache! Ich bin ein großer Fan klarer, fließender Metrik - aber manchmal kann ich auch Gedichte sehr gut lesen, bei denen die Metrik nicht ganz passt, aber die Wort- und Gedankenabfolge den Lesefluss ermöglicht. Andererseits kann ich manchmal einen perfekten sechshebigen Jambus nicht lesen, einfach weil mir eine durchgehende Zäsur fehlt (s. Walthers blauen Tag) - eine Kleinigkeit, die Andere nicht stört. "Liegen" wiederum empfinde ich persönlich - und so auch Kommentatoren vor dir - als sehr schön und leicht lesbar. ich glaube, das ist wirklich zu einem erheblichen Anteil Ansichtssache.
Soweit meine allgemeinen Gedanken, aber nun zu deiner konkreten Kritik. Vielen Dank erstmal, dass du dir diese Mühe gemacht hast! Wo ich dir wirklich vollkommen recht gebe, ist die Zeile:
"ÜBer den freien fuß, das wort"
Die holpert sehr, und ich habe sie nun geändert in:
"und FREIer fuß verliert das wort"
Abgesehen davon schwankt die Metrik nur noch in den Versen, die mit "zwischen" anfangen - diese bilden jeweils neue Abschnitte in diesem ansonsten nicht in Strophen unterteilten Gedicht, und insofern finde ich den jambischen Fuß als Auftakt für den ansonsten gleichbleibenden Trochäus an diesen Stellen als "kleinen Aufseufzer" nicht störend.
"umbiegen" lässt m.E. sowohl die Betonung auf der ersten Silbe, als auch die auf der zweiten zu - wobei die Bedeutung leicht schwankt. Das ist wie bei "UMfahren" und "umFAHren". Ich benutze das Wort mit der betonung auf der zweiten Silbe, womit das Metrum erhalten bleibt.
Bei
"nicht VOR dir und nicht ZU mir steh'n"
finde ich die Betonung ebenfalls recht klar. Normalerweise werden Präpositionen zwar nicht betont, in diesem Fall werden sie aber einander entgegengesetzt und können durchaus die Betonung tragen.
Insgesamt ist das Gedicht also durchgehend im Trochäus verfasst. Die unterschiedliche Silbenanzahl in den Versen ist regelmäßig und gewollt, ebenso wie die formale Abgrenzung der letzten vier Verse, die einer inhaltlichen Abgrenzung folgt.
Liebe Grüße,
presque