Lob der Marktwirtschaft

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Verdammt, was wollen all die doofen
Mahner mit ihren Katastrophen,
den täglich neuen Untergangsberichten,
den moralbeladenen Skandalgeschichten?

Selber verkümmert und verklemmt,
sittenstreng, an der Lust und am Leben gehemmt,
wollen sie uns bloß den Erfolg vermiesen
und uns den Spaß am Konsum verdrießen.

Dabei herrscht doch Einigkeit,
dass das Leben in heutiger Zeit
– doch nicht einmal das akzeptieren sie –
so lebenswert
ist, und so erstrebenswert
wie vordem nie!

Ich gönne mir kaum Pausen
und arbeite viel
im unübertrefflichen Marktwirtschaftsspiel.
Verkaufe und kaufe,
bei mir rotiert das Geld.
Ja, Macher wie ich,
gestalten die Welt!

Ich liebe das Leben,
und ich bin ein Ästhet,
und ich kann euch versichern,
dass es mir um nichts andres
als um den ästhetischen Wert des Geldes geht;
denn schließlich bin ich kein Prolet.

Ich bin stets auf Achse,
in meinem brandneuen Bugatti, jawohl!
Seht her, wie ich wachse,
wenn ich euch alle überhol
in euren Spießer-Automarken.
Aus dem Weg! Platz da den Starken!

Am Körper trage ich nur Kaschmir
und Seide.
Mein Loft ist eine Augenweide
aus Glas, Stahl und Acryl.
Ich hab’ nur edelste Bücher im Schrank,
und meine Geliebte,
die ist knackig
und schlank,
hat – selbstverständlich! -
mit magma cum laude in Kunstgeschichte promoviert
und ist
– das versteht sich doch von selbst! –
voll emanzipiert.

Und hab’ ich mal Zeit,
dann deck’ ich mich ein,
mit Bildung, nur vom Feinsten;
gekauft und geliefert
vom weltberühmten Institut
für Persönlichkeitsdesign.
 
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aliceg

Mitglied
Na, na, du gehst ja ganz schön sarkastisch ins Gericht mit unserem System!

Aber der Mensch probiert eben alles aus, auch das, was schadet. Hauptsache, ihm macht es Spaß - leider.
Das ist schon seit Adam und Eva so. Und die Schlange hat die erste erfolgreiche Werbung erfunden, die Grundlage jeder Marktwirtschaft! Ob wir die wieder abschaffen können, nun wo der Geist schon solange aus der Flasche ist?

lg aliceg
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Robert,

du nimmst da einen Typ aufs Korn, wie es ihn heute massenhaft gibt. Über so einen kann man sich krumm ärgern, und dann schreibt man ein Gedicht auf den Kerl. Du hast ihn ganz gut erfasst. Leider aber ist dein Gereime nicht ganz korrekt. Da wäre es vielleicht besser gewesen, du hättest freien Vers geschrieben, denke ich mir so.

Lieben Gruß, Hanna
 

aliceg

Mitglied
Das scheint mir eine ungerechtfertigte Überreaktion zu sein:
das r und das l im letzten Wort sind zwei Buchstaben zuviel
Widerspruch - Roberts Zeilen sind auch poetisch, obwohl er sich ums gültige Versmaß wenig kümmert.
Der kritische Inhalt hat mehr Gewicht und fand gute Reime. So sehe ich das!

lg aliceg
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Aliceg,

deiner Ansicht kann ich leider nicht zustimmen. Bei einem Gedicht müssen Inhalt und Form auf gleicher Höhe sein. Wobei der Inhalt die Form bestimmt. Hier sehe ich von der Form wenig. Wie ich schon schrieb, thematisch bin ich im Grunde einverstanden, aber was die Form und das Strukturschema angeht, da hakt es. Insofern ist es kein gutes Reimgedicht. Apropos Reim: Der Verfasser müsste sich mal über ein Buch beugen, in dem Gedichte und Reime behandelt werden. Dann hat er die Chance, gute Lyrik schreiben zu können. Alles auf den Inhalt abzustellen ist nur die halbe Wurst, quasi nur ein Wurstzipfel. So wie jetzt die Absätze eingeteilt sind, ist es die Form des freien Verses, nicht aber des Reimgedichtes, das viele Möglichkeiten aufweist, z. B. Triolett, Rondel, Rondeau, Glosse, Sestine, Kanzone, Madrigal usw.

Lieben Gruß, Hanna
 
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G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Benutzername,

du fragst, was das soll. Hier geht es um Lyrik. Das ist alles. Ich bin ja hier eine ganze Weile nicht dringewesen, muss aber sagen, dass das lyrische Niveau, das schon damals nicht überwältigend war, noch weiter dilettantische Züge bekommen hat. Dem Einzelnen mache ich keinen Vorwurf, ich bin der Ansicht, dass die Verminderung der lyrischen Qualität sehr viel Bezug zur gegenwärtigen allgemeinen Gesellschaftsentwicklung aufweist.
Aber gerade das ist die Aufgabe der Lyrik und jedes Schreibenden, dagegen anzutreten. Öfter mal gute Lyrik lesen, sich ein bisschen mit der technischen Seite zu beschäftigen, das kann den eigenen Gedichten helfen, akzeptable Gedichte schreiben zu können. Das reicht natürlich nicht, man muss auch versuchen, über seine eigenen Grenzen zu blicken, und da gäbe es einiges zu entdecken.

Lieben Gruß, Hanna
 

aliceg

Mitglied
Was passt Euch nicht an dem Gedicht,
Ihr "Preisrichter" im Gegenlicht?
Es geht um Hobby-Dichter schlicht,
denn Profi-Dichter gibt's hier nicht!

-ag
 

Walther

Mitglied
Das Gegenlicht scheint etwas schräg,
Wenn ich die Sache richtig wäg.
Denn so hätte der Sonnenstand
Den Dichtern den Verstand verbrannt.

Nun ist das mit dem Dichten schwer.
Bemüht sich ein Poet so sehr,
Dass von der Stirn die Tropfen träufeln,
Beginnt man schon, ums Grab zu schäufeln.

Am Ende siegt die Qualität.
Fürs Üben ist es nie zu spät.
Wenn dem Poet der Ehrgeiz fehlt,
Dann wird er eben angezählt.

Alles klar, Herr Kommissar?
 

Walther

Mitglied
Ein Dichter schreibt ins Ungefähre.
Ob er damit ins Schwarze trifft
Wieß er am Ende, wenn die Zähre
Voll Trauer in den Kragen rinnt,
Wenn Augenpfeile starkes Giift
Und Wörter Wut und Zorn beschwören.
Die Dichtung ist des Windes Kind:
Das Töten kann sie wie's Betören.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Aliceg,

nun, wenn du meinst, das Wort Hobbydichter entschuldigt alles, so muss ich dir leider mitteilen, dass Hobbydichter nicht heißt gar kein Dichter oder sogar schlechter Dichter. Jeder gute Dichter hat mal als Hobbydichter angefangen. Ich will ja damit nicht sagen, dass wir hier zu den guten Dichtern gehören, aber wir geben uns Mühe. Und um das bisschen Mühe geht es, Aliceg.

Lieben Gruß, Hanna
 



 
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