Loslassen

Fee

Mitglied
Gestern noch war deine Hand
klein und weich
schmiegte sich in meine
suchte Halt
zog und zerrte
hierhin, dorthin
wollte Führung
wie schwer es dir oft fiel, mich loszulassen
gehenzulassen

Heute schau ich auf
deine Hand
seh, wie kräftig sie geworden ist
entwächst mir mehr und mehr
greift mutig ins Leben
schafft vieles allein
sucht dennoch Halt
aber
weist meine Hand oft zurück
wie schwer es mir fällt, dich loszulassen
gehenzulassen
in dein eigenes Leben
 

Brigitte

Mitglied
Hallo Fee,
es ist schwer, los zu lassen, überhaupt bei Kindern empfindet man es doppelt. Man hat immer das Gefühl, ihnen helfen zu müssen, sie zu führen, ihnen den rechten Weg zu zeigen. Loslassen ist oft sehr schmerzhaft.
Aber das ist bei den Eltern doch auch nicht anders gewesen, sie mußten sich doch auch lösen und haben es geschafft, es ist ein ewiger Kreislauf, der unser Leben bestimmt.
Aber wenn wir unsre Kinder mit Gewalt festhalten, dann verlieren wir sie vielleicht für immer und soweit sollte man es nicht kommen lassen.
Wir können sie ja trotzdem im Auge behalten, jedenfalls solange, bis sie sich ihre eigene Grundlage geschaffen haben.

Grüsse
Brigitte
 

Fee

Mitglied
Hallo Brigitte,
ich stimme Dir zu.

Loslassen bedeutet auch Abschied. In diesem Fall ist es ein Abschied von den ersten Jahren der Kindheit.
Mein ältester Sohn wird 14 und es beginnt ein neuer Lebensabschnitt, für uns beide.
Zur Zeit schwelge ich des öfteren in sentimentalen Erinnerungen, wie schön es doch war, als er noch "Kind" war.
Ist wohl normal, denke ich. Es verändert sich so vieles zwischen uns, dass meine ich nicht nur negativ.
Überzeugt bin ich mittlerweile aber von folgendem:

Pubertät - Eines der letzten Abenteuer :D

Liebe Grüße,
Fee :)
 
Solche Texte begegnen einem oft in Literaturforen. Es steckt was selbst Erlebtes dahinter, von daher ist der Text ernstzunehmen. Aber der literarische Wert? Ich weiß nicht. Du hast Dich nicht um sprachliche Kunst bemüht, sondern "nur" versucht, einfühlsam zu beschreiben. Deshalb ist es nicht wirklich ein Gedicht, sondern eine festgehaltene Erinnerung für Dich selbst, ähnlich einem Fotoalbum.
 

Fee

Mitglied
Hallo Stefan,
was ist denn für Dich "sprachliche Kunst" und was sind für Dich "wirkliche Gedichte"?
Würde mich interessieren.
Gruß
Fee
 
Niemand hat eine gültige Definition für Kunst. Eine habe ich gehört, die mir gefällt. Kunst weise über sich selbst hinaus. Der Text über seine sachliche, einzelne Wortbedeutung, die Skulptur über den dargestellten Gegenstand, das Bild übers Motiv etc. Hinter der Oberfläche gibts etwas zu entdecken, was sich eben mit Worten und Bildern und Skulpturen nicht darstellen läßt, wenn sie sich im unmittelbar Dargestellten erschöpfen. Was soll sonst der Sinn von Kunst sein? Alles andere ist nur Information.

Dein Text erzählt was Menschliches, aber er erschöpft sich in seinem Sinn in der unmittelbaren Bedeutung der verwendeten Worte.

Übrigens glaub nicht, daß ich mich diesbezüglich für einen Könner halte. Aber das ist eben mein Begriff von Kunst und damit eben auch von Lyrik/Poesie als einer Kunstrichtung.
 

Fee

Mitglied
Hallo Stefan,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.
Diese Definition von Kunst gefällt mir auch.

Vor diesem Hintergrund hat mein "Gedicht" keinen literarischen Wert, da hast Du Recht.
Trotzdem gefallen mir auch Texte, in denen die Kunst nicht über sich selbst hinausweist.
In mir rufen auch solche Texte Bilder hervor, z.B.:

Gestern noch zarter Flaum
auf durchscheinender Haut,
zeigst du mir heute
dein prachtvolles
Federkleid
deine kräftigen
Schwingen
deinen kunstvollen
Flug
zurück bleibt nur dein
Nestgeruch

Naja, oder so ähnlich :)
Danke für Deine Kritik.
Gruß
Fee
 



 
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