Lyrik, Sonett

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Lesewolle

Mitglied
Der ungewisse Himmel”





Kondensstreifen kreuzen Chemtrails.

Kilobytes tragen unsere Emails.

Ob Konspirationstheorie oder ganz real,

Von unten herauf wirkt es ganz banal.



Hübsche, blasse Streifen im Azur.

Dazu pfälzisches Kerosin pur,

Aus den zarten Schäfchenwolken,

Als würde der Himmel gemolken.



Ein Blechvogel in Gefahr und zu schwer.

Zur Landung muss der Bauch erst leer,

Sonst ist das Risiko zu groß.



So fallen aus ungewissem Himmel

Alle Sünden mit Tröpfchengewimmel

Der Menschheit in den Schoß.















20.11.2019
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Brecht hatte es kürzer gesagt: "Sie versauen uns den Himmel!"

Aber zu deinem Sonett, Lesewolle:
Ein Gedicht, wenn man so will, gegen den Krieg und die damit zusammenhängende Verschmutzung der Umwelt. Fein ironisch das 2. Quartett.
Die Terzette befassen sich dann mit ganz praktischen Fragen, die meiner Ansicht nach aber nicht das Wesentliche treffen, In die Terzette gehört eine Zusammenfassung und Schlussfolgerung, wobei auch die Quartette die Anforderungen These-Antithese ans Sonett meiner Ansicht nach nicht erfüllen.
Bei diesem Thema wäre vielleicht ein ganz normaler Kreuzreim angebrachter. Aber gut, dass du deinem Ärger mit einem Gedicht Luft gemacht hast, mich stören die Kriegsflugzeuge am Himmel auch, und da ich sie als kleines Kind im Krieg erlebt habe, läuft mir jedesmal, wenn ich die Bundeswehrflieger am Himmel sehe, ein Schauer über den Rücken, wie übrigens bei allem Kriegsgerät.

Nur mal eine Frage:
Bis zu deinem Gedicht hielt ich Kondensstreifen immer dafür, was heute Chemtrail genannt wird. Sind es also zwei Dinge, worin unterscheiden sie sich, würde mich mal interessieren. Ich sehe immer, wenn Jagdflieger der Bundeswehr am blauen Himmel den Krieg trainieren, Kondensstreifen, die sich nach und nach hinter dem Flieger auflösen. Einen zweiten. den "kreuzenden" Streifen, also den von dir erwähnten Chemtrail habe ich noch nie gesehen. Aber das ist eine inhaltliche Frage, die wahrscheinlich nur mir unklar ist.

Bei aller Kritik gefällt mir aber, dass du zum Thema geschrieben hast, auch wenn du es meiner Ansicht zu eng behandelst.

Gruß, blackout
 

James Blond

Mitglied
Meines Erachtens gelingt die Verknüpfung des Himmels als klassischem Ort höherer Mächte mit irdischen Verschwörungstheorien und konkreten Umweltsauerreien nicht so recht. Man fragt sich: Worauf will der Autor hinaus? Auf die vor Notlandungen abgelassenen Kerosintröpfchen in der Luft? Der eigentlich sehr schöne Titel des "ungewissen Himmels" wird nicht nicht in seiner ganzen Breite ins Sonett geführt, was sich bereits an den recht kurzen Versen andeutet. Das Sonett beginnt im Allgemeinen und endet im Konkreten, umgekehrt wäre es besser gewesen.

Gruß
JB
 

Lesewolle

Mitglied
Hallöchen blackout,

zunächst ein Dankeschön für die Resonanz (habe ich auf dieser Plattform, wo all meine Beiträge sofort im Mülleimer gelandet sind, nicht mehr mit gerechnet).

In vielen meiner (Schmäh-)Gedichte geht es um der Menschen Existenz und die Natur, die alles hervorbrachte. Darum, dass die allermeisten Menschen die Natur erobern wollen, statt mit ihr eine friedliche, gedeihliche Koexistenz einzugehen. Darum, dass der Mensch Künstlichkeiten erschafft, die der Natur und mithin der Menschheit eigener Wiege eher schadet, als gut tut. Darum, dass der Mensch sich zusehends mehr von der Natur entfremdet und sich eine künstliche Gegenwelt (nicht Mitwelt) generiert; eine Welt, in der käuflicher, Glück suggerierender Komfort oder Macht und Stärke symbolisierende, historische Monumentalbauwerke (siehe Notre Dame) mehr zählen, als Menschleben, geschweige denn das Leben anderer Arten aus Fauna und Flora. Der Mensch ist die Wurzel seines Übels.
Mag frustriert und verzweifelt klingen, weil es für mich der Wahrheit entspricht. Dennoch empfinde ich mich durchaus als Optimist, da mir das Privileg zuteil wurde, hier geboren zu sein, anstatt woanders, wo mein Alltag durch den immer- und allgegenwärtigen Überlebenskampf bestimmt sein würde. Durch dieses Privileg fühle ich mich auch verpflichtet, wachsam und kritisch zu sein und Missstände aufzuzeigen, anstatt sie wie ein Glas Wasser herunter zu schlucken. Ich bediene mich lieber zunächst der Wortmalerei und trinke dann einen Schluck aus dem Glas. Oh jemine, jetzt wieder zurück zum Thema „Ungewisser Himmel”.
Die Quartetten malen ein romantisiertes Bild, eine Verschmelung von Natur und Künstlichkeit. Apropos, es gibt Contrails (Kondensstreifen) und Chemtrails (chemisch angereicherte Kondensstreifen). Der Begriff Chemtrails geht auf eine Verschwörungstheorie aus den 1990ern hervor, gemäß dieser die Chemtrails mit toxischen Stoffen belastet seien und für Mensch und Natur eher, gelinde gesagt, abträglich ist. Es ist ein Bild vom Zusammenspiel von Natur und Technik, der Eroberung des Luftraums und seiner Nebenwirkungen.
Das erste Terzett erklärt, was das Bild (aus den beiden Quartetten) augenscheinlich nicht widergibt, gefolgt von einer fatalen Präventivlogik, die die menschliche Unbedarftheit oder nur Kurzsichtigkeit innerhalb einer komplexen Welt aufzeigen soll. (Warum müssen Flugzeuge vor Landungen ihren Sprit ablassen, um sicher und heil landen zu dürfen? Warum gibt es keine anderen Möglichkeiten, diese Form von Umweltverschmutzung und Gesundheitsschädigung zu vermeiden? Ist der Mensch so unbedarft, dass er aus keiner seiner künstlich geschaffenen Situationen ungeschoren heraus kommt?)
Zweites Terzett: Letzten Endes müssen wir (als Menschheit) es doch gar selbst ausbaden, was wir uns eingebrockt haben.
Wir könnten auch anders, wenn wir nur echt wollten. Ich empfehle das Prinzip „Cradle to cradle”. Eine Entwicklung, die nicht auf Kapital und Tempo ausgerichtet ist und dennoch keine Rivalität zur Ökonomie darstellt.

Ich habe keinen Schimmer, ob ich deiner Antwort hiermit gerecht werde und die Schilderung zu meiner Intention zu diesem Gedicht sowie die Bedeutung des Gedichts selbst klarer geworden ist. Jedenfalls wünsche ich dir einen fröhlichen, gesunden Rutsch ins neue Jahr!

Einen lieben Gruß
Lesewolle

PS: Hier noch mal die leicht angepasste Form

„Der ungewisse Himmel”

Contrails kreuzen Chemtrails.
Kilobytes tickern unsere Emails.
Ob Konspirationstheorie oder ganz real,
von unten herauf wirkt es ganz banal.

Hübsche, blasse Streifen im Azur.
Dazu pfälzisches Kerosin pur,
aus den zarten Schäfchenwolken,
als würde der Himmel gemolken.

Ein Blechvogel in Gefahr und zu schwer.
Zur Landung muss der Bauch erst leer,
sonst ist das Risiko zu groß.

So fallen aus ungewissem Himmel
alle Sünden mit Tröpfchengewimmel
der Menschheit in den Schoß.



Hallo James Blond,

danke für deine Antwort.
Die höchste Macht auf Erden ist die Natur, und der Himmel ist ein Teil von ihr, als Mittler zwischen Kosmos und Erde. Außerdem empfinde ich 32 Tonnen Kerosin-Verklappung als ganz große Schweinerei, nicht als ein paar Tröpfen, sondern als Tröpfchengewimmel ... Der ungewisse Himmel, der schön und rein sich zeigt, aber zur selben Zeit mit unsichtbaren Gefahren gespickt, mit bösen Überraschungen aufwarten kann.

Auch dir einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Einen lieben Gruß
Lesewolle
 



 
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