Maliks Saga

Apolonia

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Der Harem - Teil 2

Hafsa führte sie durch den wunderschön angelegten Garten. Es duftete herrlich, in jeder Ecke. Ganz viele Wasserkaskaden, kleine Bachläufe und edle Gartenbrunnen befeuchteten die heiße trockene Luft.

„Was für eine Verschwendung“ - dachte Nur.

Kunstvoll verzierte grazile Pavillons, hauchzart, sahen aus, als hätte der Meister sie auf einer Leinwand skizziert und die Natur selbst übertroffen. Durch die Mitte der Grünanlage lief ein reichlich verzierter Arkadengang, von zierlichen Springbrunnen beidseitig umsäumt. Auf jeder Seite acht Wasserstrahlen. Angefangen auf der rechten Seite des Ganges reihten sich die drahtdünne Fontänen mit zuerst niedrigeren, dann immer höheren Strahlen. Der letzte Strahl doppelt so hoch, wie der Erste. Auf der linken Seite umgekehrt. Zuerst die längeren, dann immer kürzer werdende Wasserstrahlen sprudelten in einem Bogen in die Höhe. Für die Augen ein wahrlich faszinierendes Verwirrspiel. Hatte etwas musikalisches in sich. Erinnerte den Betrachter an einer Oktave an der Klaviatur.

Abgeschirmt von exotischen Bäumen erschien in hinterem Teil des Gartens ein Haus. Der imposante halbrunder Eingang, trotz der monumentaler Erscheinung, wirkte sehr einladen. Hafsa setze Nur ab und öffnete die hohe massive, im Sandstein verankerte, Tür.

Eine angenehme Kühle sogt die erschöpften Frauen ins Innere. Die Vorhalle war kunstvoll gefliest. Eine Meisterarbeit der orientalischen Ornamentik. Die Wände wirkten auf den Betrachter ein wenig dezenter aus, fast blass. Dafür die hohe Decke ließ den Atem stocken. Die Augen wurden hier grenzenlos getäuscht. Auf den ersten Blick konnte man nicht unterscheiden, ob die Decke grade verläuft oder in Form einer Kuppel gebaut ist? Die Ornamentmotive wurden so kunstvoll zusammen gesetzt, dass man nicht für möglich hielt, dass so ein Kunstwerk von Menschenhand zu schaffen wäre.

Da und hier befanden sich viele gemütliche Sitzecken, wie zufällig in dem großen Raum verstreut, auf denen sich bauschige Kissen wölbten. Alles mit wunderbaren bunten Stoffen bezogen und farblich harmonisch abgestimmt. Eine überdimensionale Tür, mit bunten Glasmosaiken versehen, gab Sicht in den anderen sonnenüberfluteten Raum und auf einen Teil einer Veranda. Die Frauen waren überwältigt von dem Reichtum der Farben und Formen.

„Wie angenehm ist es barfuß auf dem bunten Mosaikboden zu schreiten und nicht auf dem festgestampften Lehmboden. Wohltuend, einfach herrlich“ - dachte Nur ganz tief in sich gekehrt.

So viel Luxus ist schwer zu verkraften. Nur wurde schwindlig. Möglicherweise hat sie zu wenig getrunken.

Ihrer jungen Begleiterin bliebt das nicht verborgen. Sie führte die beiden Frauen eilig über eine Marmortreppe in die oberen Gemächer. In einem Salon auf fülligen Kissen saßen viele sehr gepflegte Frauen. Jung und Alt. Manche waren mit Handarbeiten beschäftig, andere vertieft in Bücher und Zeitschriften. Komisch, keiner der Frauen war verschleiert und alle waren elegant bekleidet. Der Rosenduft lag schwer in den Raum. Auf den kleinen kunstvoll verarbeiteten Teetischen reihten sich, außer Obst und Gebäck, noch die anderen Köstlichkeiten, die Nur gar nicht kannte. Auf schweren Silbertabletts standen kunstvoll positioniert Teeutensilien

Zwei der jungen Frauen erhoben sich, winkten noch zwei junge Dienerinnen herbei und entführten die Neuankömmlinge in das Badehaus.

Sie wurden geschrubbt, massiert, mit Duftölen gepflegt, frisiert und zum Schluss angekleidet. Nur bekam zum ersten Mal auch richtige Fußbekleidung. Kleine, seidene Schuhe. Weich und glänzend, mit gestickten Ornamenten versehen. Die ganze Badezeremonie dauerte über eine Stunde. Sie kehrten dann zurück zu den anderen Frauen und ließen sich mit manchen unbekannten Köstlichkeiten weiter verwöhnen. Nur fühlte sich federleicht und erholt. Auch Leyla strahlte eine neue Lebendigkeit und Frische aus. Die ganzen Strapazen waren schon fast vergessen. Doch dann ganz leise wie ein Geist stand plötzlich in der Tür der alte Eunuch. Nur schaute die Leyla an, die sofort blass wurde und ihr Herz fing an zu vibrieren.
 



 
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