Mehr als tausend Worte

Kaetzchen

Mitglied
Durch das kleine Fenster des Dachbodens verirrte sich ein Lichtstrahl und beleuchtete einen alten Karton. Ich barg ihn aus dem Durcheinander von Gerümpel und nahm ihn mit. Was mag in der Kiste den Dornröschenschlaf halten? Ein wenig zitterten meine Finger, als ich behutsam den Deckel hob. Meine Augen weiteten sich beim Anblick des Inhalts. Ich fischte lichtgeschriebene Kärtchen heraus, Zeugen alter Zeiten und breitete sie auf dem Tisch aus. Nebeneinander und untereinander angeordnet sahen sie aus wie kleine Fensterchen, die sich mir öffneten und Einblicke gewährten. Wundersame Einblicke, teilweise mir unbekannte Einblicke. Es war, als hätte ich ein Buch geöffnet, um mir seine Geschichten zu erobern. Die interessanten Kunstwerke mit teilweise gebrochenen Ecken und Rissen waren auf ganz eigene Weise ungewöhnlich authentisch. Ich fühlte mich wie auf einer Zeitreise und stand plötzlich mir selbst gegenüber. Ein Kind lächelte mich glücklich an und ließ mich teilhaben an seinen schönsten Erlebnissen.
Irgendwann kehrte ich die vielen Jahre zurück in die Gegenwart.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo Kaetzchen,

eine zarte Prosa, die Wärme ausstrahlt, aber sich meiner Meinung nach leider auch ein wenig im Abstrakten verliert. Die Lektüre ließ mich deshalb etwas ratlos zurück. Aber Schritt für Schritt:

"Durch das kleine Fenster des Dachbodens verirrte sich ein Lichtstrahl und beleuchtete für kurze Zeit einen alten, ergrauten Karton wie ein Fingerzeig in die Vergangenheit."

Es mag kleinlich von mir sein, aber die markierten Satzteile sind für mich für eine Kurzprosa, die ja als Genre auch von ihrer Verdichtung lebt, nicht bedeutend und könnten ersatzlos gestrichen werden. Ich finde, sie halten den Text nur auf.

"Ich barg ihn aus dem Durcheinander von Gerümpel und nahm ihn mit.
Was mag in der Kiste den Dornröschenschlaf halten? Ein wenig zitterten meine Finger, als ich behutsam die Schatztruhe öffnete und meinen Blick hinein senkte."

Ich verstehe, warum du von einer Schatztruhe schreibst, allerdings weiß ich als Leser ja bisher nur von einem alten Karton, ob sich dieser als Schatztruhe entpuppt, wird sich ja noch zeigen. Ich würde deshalb eine weniger euphorische Vokabel wählen.

"Meine Augen weiteten sich beim Anblick der Kostbarkeiten, den Zeugen alter Zeiten. Ich fischte lichtgeschriebene Kärtchen heraus und breitete sie auf dem Tisch aus."

Ich würde hier die Reihenfolge der beiden Sätze tauschen, da ich als Leser gar nicht begreifen kann, um welche Zeugen alter Zeiten es sich auf einmal handelt. Wenn du aber zuerst die Kärtchen erwähntest, wäre es für mich logischer.

"Nebeneinander und untereinander angeordnet sahen sie aus wie kleine Fensterchen, die sich mir öffneten und Einblicke gewährten. Wundersame Einblicke, teilweise mir unbekannte Einblicke. Es war, als hätte ich ein Buch geöffnet, um mir seine Geschichten zu erobern."

Das kann ich mir gut vorstellen und finde gerade den ersten Satz auch ganz schön.

"Die interessanten Kunstwerke waren trotz gebrochener Ecken und Risse auf ganz eigene Weise ungewöhnlich authentisch."

Ich finde es nicht logisch, dass kaputte Ecken und Risse Authentizität untergraben könnten. Das Gegenteil ist doch eher der Fall. Also nicht trotz, sondern eher wegen wäre meiner Meinung nach hier passender.

"Ich fühlte mich wie auf einer Zeitreise und stand plötzlich mir selbst gegenüber. Das Kind lächelte mich glücklich an und ließ mich teilhaben an seinen schönsten Erlebnisse."

Das Kind kommt meiner Ansicht nach zu plötzlich zum Vorschein, die Story hat diese Wendung in meinen Augen nicht so gut vorbereitet. Um es abzuschwächen, könnte man den unbestimmten Artikel verwenden, also: ein Kind.

ein kleiner Fehler: Erlebnissen

"Irgendwann kehrte ich die vielen Jahre zurück in die Gegenwart."

Willkommen zurück ;)

Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen und nimmst meine Kritik nicht persönlich.

Liebe Grüße
Frodomir
 

Kaetzchen

Mitglied
Lieber Frodomir
Ich danke dir sehr herzlich für deine Mühe, die du dir mit meiner Kurzprosa gemacht hast. Für mich ist es sehr nützlich, wenn ich solche Textarbeit erhalte und Kritik nehme ich gern an und denke darüber nach. Es hilft mir etwas zu lernen und meinen Text zu verbessern. Das ist doch der Sinn, die Werke hier einzustellen.
Vielleicht kannst du die geänderte Geschichte noch mal lesen und mir ein kurzes Feedback geben, ich würde mich darüber freuen.
Über dein: „Willkommen zurück“ mußte ich schmunzeln.

Liebe Grüße
Kaetzchen
 
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo Kaetzchen,

es freut mich, dass du meine Vorschläge benutzt hast, um noch am Text zu feilen. Ich finde, die Verbesserungen werten den Text auf und deshalb würde ich nun nichts mehr ändern.

Liebe Grüße
Frodomir
 



 
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