Mein altes Ich war gestern

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Anonym

Gast
Mein altes Ich war gestern,
verbleibt im alten Jahr.
Mag man auch drüber lästern:
Bin nicht mehr die, die ich mal war.

Denn immer schwieg ich stille,
nahm einfach alles hin.
Was zählte schon mein Wille?
Nur der der anderen machte Sinn.

Mein Ich wär fast zerbrochen,
doch gestern stieg ich aus.
Mit Wut im Geist und in den Knochen
nahm ich mir viel heraus.

Mein Ich war gestern richtig sauer
und gar nicht gut gestimmt.
Verlangte von mir Power.
Und dass man sich schlecht benimmt.

Ich warf mein altes Ich aus meinem Leben.
So geht es nun dahin.
Mein neues Ich fängt an zu schweben.
Jetzt weiß ich, wer ich bin.
 
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jon

Mitglied
Teammitglied
Die Strophen 3 und 4 empfinde ich als redundant. Ich würde die Strophe 4 ganz streichen, die 3 empfinde ich als pointierter.

Das Durcheinander in der Metrik stört mich. Es ist aber so eklatant, dass ich Absicht vermute, weshalb ich keinen Versuch unternehme, Glättungsvorschläge zu unterbreiten.
 

Anonym

Gast
Wo siehst du denn Durcheinander in der Metrik, und dann auch noch eklatant? Es ist durchgehend im Jambus geschrieben - bis auf einen Vers.

Also dann hätte ich es gerne mal durchge-ixt, wenn du vom Fach bist. :)


Ich würde die Strophe 4 ganz streichen, die 3 empfinde ich als pointierter.
Ja, da stimme ich eigentlich zu. Ich lasse sie aber vorläufig stehen, vielleicht sagen andere noch etwas dazu.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ich bin nicht vom Fach, aber dass V3/Z4 nicht V1/Z4 und V2/Z4 entspricht, auch nicht V4/Z4, sehr wohl aber wieder V5/Z4 sieht man schon an den Silbenzahlen. V4/Z1 passt nicht zu den Zeilen1 in V1-3 und V5/Z1 ist nochmal anders.
In V1/Z4 erfolgt bei "die, die" ein Sprung - das ist (meines Wissens) kein Jambus, weil beides gleich betont wird. In V2 ist es ebenfalls Z4, wo das "dida dida dida" (Jambus) zu "dida di dadidi dadi da" gebrochen wird. nur mal als Beispiele, die ich spontan sehe und darstellen kann.
 

Anonym

Gast
aber dass V3/Z4 nicht V1/Z4 und V2/Z4 entspricht, auch nicht V4/Z4,
V3Z4? Was bitte soll das sein? Vers 3 Zeile 4?

Die Verse sind die Zeilen. also ein Vers ist eine Zeile, beispielsweise
„Mag man auch drüber lästern:"
ist S1V3.

Strophe 1 = S1, V3 = Vers 3.

Die Länge in den Versen muss übrigens auch nicht gleich sein. Es gibt mehrere Dichter, die auch nicht immer gleich lange Verse geschrieben haben.

In V1/Z4 erfolgt bei "die, die" ein Sprung - das ist (meines Wissens) kein Jambus, weil beides gleich betont wird.

Ich nehme an, du meinst S1V4:

Bin nicht mehr die, die ich mal war. Doch, das ist Jambus:

xXxXxXxX


Man könnte das doppelte „die" zwar umgehen.

Ich habe das Gedicht noch woanders eingestellt, und dort war von „Durcheinander in der Metrik" nicht die Rede. Und diese Leute sind vom Fach.
 
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Anonym

Gast
Ich muss noch etwas ausführlicher werden:

„Bin nicht mehr die, die ich mal war". Doch, das ist Jambus:

Bin NICHT mehr DIE, die ICH mal WAR.

xXxXxXxX
 

jon

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Teammitglied
Ja, sorry - ich meinte mit V die Strophe. Du hast es ja zum Glück rausbekommen.

Na dann freu dich doch die Platze, dass es anderen reicht, dass alles (angeblich*) reinster Jambus ist. Mir reicht es nicht, ich will - wenn das Gedicht nunmal in einem bestimmte Rhythmus begonnen wurde - diesen im ganzen Gedicht haben und höchstens an erkennbar sinnvollen Stellen zum Zwecke der Betonung/Hervorhebung gebrochen sehen. (*Na klar kann man allem diesen Sprechrhythmus aufdrücken - bei Vortrag klingt es dann halt komisch. Z. B auch bei " Nur der der anderen machte Sinn " - die drei Silben von "anderen" klingt weder als xXx noch als XxX natürlich.)
 
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Anonym

Gast
Es ist nicht „angeblich" reinster Jambus, es ist - bis auf eine Zeile, die aus dem Rahmen fällt - Jambus. Die hast du ja nun doch noch erkannt. Es ist nämlich die:

„Nur der der anderen machte Sinn " -

Es hat auch nichts mit „Sprachrhythmus aufdrücken" zu tun. Die Wörter werden nicht immer gleich betont, sondern es kommt auf den Rhythmus des ganzen Gedichtes an.

Na dann freu dich doch die Platze, dass es anderen reicht, dass alles (angeblich*) reinster Jambus ist.
Natürlich freue ich mich, wenn mir ein Gedicht im Jambus gelungen ist. Ich verstehe deinen leicht aggressiven Unterton leider nicht.

Mir reicht es nicht, ich will - wenn das Gedicht nunmal in einem bestimmte Rhythmus begonnen wurde - diesen im ganzen Gedicht haben und höchstens an erkennbar sinnvollen Stellen zum Zwecke der Betonung/Hervorhebung gebrochen sehen.
Das mag ja sein, aber manchmal denkt sich der Dichter eben etwas anderes. Von mir war es zwar hier keine Absicht.

Nun ja, hättest du alleine auf diesen Vers hingewiesen, hätte ich deinen Einwand verstanden. Ein ganzes Gedicht wegen angeblichem „eklatantem Durcheinander in der Metrik" nieder zu bügeln, obwohl nur eine Zeile stolpert, verstehe ich nicht.

Ich denke nicht, dass es Sinn macht, diese Diskussion weiter zu führen.

Mfg
 
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James Blond

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Mein altes Ich war gestern, [3]
verbleibt im alten Jahr. [3]
Mag man auch drüber lästern: [3]
Bin nicht mehr die, die ich mal war.[4]

Denn immer schwieg ich stille, [3]
nahm einfach alles hin. [3]
Was zählte schon mein Wille? [3]
Nur der der an-de-ren machte Sinn. [4]

Mein Ich wär fast zerbrochen, [3]
doch gestern stieg ich aus. [3]
Mit Wut im Geist und in den Knochen [4]
nahm ich mir viel heraus. [3]

Mein Ich war gestern richtig sauer [4]
und gar nicht gut gestimmt. [3]
Verlangte von mir Power. [3]
Und dass man sich schlecht benimmt. [4]

Ich warf mein altes Ich aus meinem Leben. [5]
So geht es nun dahin. [3]
Mein neues Ich fängt an zu schweben. [4]
Jetzt weiß ich, wer ich bin. [3]

Die Reime sind ok,
die abwechselnden Kadenzen (w/m) auch,
der Jambus wird bis auf die beiden rot markierten Stellen durchgehalten,
die Zahl der Hebungen [..] pro Vers schwankt zwischen 3 und 5 und tritt an wechselnden Zeilen innerhalb der Strophen auf.

Vorteilhafter wäre es, das [3]-[3]-[3]-[4]-Schema der ersten Strophen auch für alle folgenden zu übernehmen.

Grüße
JB
 

jon

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Teammitglied
Verstehe … Bei JB bedankst du dich mit dreifachem Lächeln, mein inhaltlich aufs Gleiche hinauslaufender Beitrag ist aber indiskuzabel. Gut zu wissen.
 

Anonym

Gast
Verstehe … Bei JB bedankst du dich mit dreifachem Lächeln, mein inhaltlich aufs Gleiche hinauslaufender Beitrag ist aber indiskuzabel. Gut zu wissen.
Inhaltlich gleich?
Nur ein Beispiel:
Du schriebst:

In V1/Z4 erfolgt bei "die, die" ein Sprung - das ist (meines Wissens) kein Jambus, weil beides gleich betont wird.
James schrieb:

Mein altes Ich war gestern, [3]
verbleibt im alten Jahr. [3]
Mag man auch drüber lästern: [3]
Bin nicht mehr die, die ich mal war.[4]
Bei James ist es aber Jambus - S1Z4.

Und außerdem schriebst du, @jon, „eklatantes Durcheinander in der Metrik" und dass es kein Jambus sei:

Na dann freu dich doch die Platze, dass es anderen reicht, dass alles (angeblich*) reinster Jambus ist.
Und James schrieb das:

Die Reime sind ok,
die abwechselnden Kadenzen (w/m) auch,
der Jambus wird bis auf die beiden rot markierten Stellen durchgehalten,

die Zahl der Hebungen [..] pro Vers schwankt zwischen 3 und 5 und tritt an wechselnden Zeilen innerhalb der Strophen auf.

Vorteilhafter wäre es, das [3]-[3]-[3]-[4]-Schema der ersten Strophen auch für alle folgenden zu übernehmen.
Das ist erstens inhaltlich nicht gleich. Zweitens hat James eine nette konstruktive Kritik geschrieben. Auch ganz anders als du.

Aber das kannst du ja selbst nachlesen.
Und jeder andere auch.

Wie gesagt, @jon: Ich sehe keinen Sinn darin, weiter mit dir über Metrik zu diskutieren. Du kannst noch nicht mal zugeben, dass du unrecht hattest.
 
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jon

Mitglied
Teammitglied
Naja, wenn man das gegenüberstellt, was nicht aufs Gleiche hinausläuft, dann kommt man natürlich zu dem Schluss, dass es was anderes ist.
Über die Reime hab ich gar nichts gesagt.
Wegen des Jambus: Na meinetwegen - liest man es eben komisch betont.
Aber: Wenn alles Jambus ist (also immer Zweiergruppen) und die Silbenzahl variiert, dann läuft es genau darauf hinaus, dass die Zahl der Hebungen variiert. Und das recht wild durcheinander.
Dazu kommt, dass die Betonungsbögen der Zeilen - wie immer das in der Lyrik-Fachsprache heißt - nicht durchgehend passen (das ist Teil der Strophen-Zeilen-Vergleiche, die ich angestellt hatte).
Meine erste Anmerkung war übrigens durchaus noch nett. Du hast den Ton gewechselt.

Aber du hast recht: (Sarkasmusmodus an) Lassen wir die Diskussion, da ich ja erwiesenermaßen so überhaupt gar kein Rhythmusgefühl habe und deshalb keine Meinung zu jedwedem Gedicht haben sollte. (Sarkasmusmodus aus)
 
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revilo

Mitglied
ich bin kein reimer...........ob alles dem schema xyz entspricht, vermag ich nicht zu beurteilen......ist mir aber auch egal.......weil das gedicht ganz niedlich ist und ich mich beim lesen amüsiert habe.........LG
 



 
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