lietzensee
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Mein schöner Tag
Mein schöner Tag, gestern. Alles perfekt geklappt, was hätte schiefgehen können. Bekommen was ich wollte und noch mehr. Ich erinnere mich. Die Arbeit schwer am Morgen. Aber komplizierte Aufgaben entwirre ich zu einfachen Problemen. Die Probleme gelöst, gerade noch rechtzeitig, dann weg! S-Bahn und Platz im Regionalexpress gefunden. Der Rufbus wartet nur auf mich. Fährt überpünktlich ab. Was für ein Glück.
Dann die Maske in den Rucksack und hinter den Buchen schimmert der See. Abgezählt die Stunden. Das kann ich schaffen - wenn ich eile. Ist das Wasser, nicht zu kalt? Kaum wärmer als die Luft, kalt ist schon warm genug. Mut mit Auszahlung. Ich pruste, zittere und schüttel mich vor Behagen. Immer am Ufer lang, zügig, grünes Laub und Vogelstimmen. Nur fern auf der anderen Seite die Schornsteinspitze. Zweiter Strand, es wird schon Dunkel. Noch einmal rein, was könnte schöner fühlen auf der Haut? Das Bier schmeckt.
Ging hier lang der Weg? Jetzt geht er hier. Zweige knacken. Schweine rattern durchs Gebüsch, dann aber wieder Kopfsteinpflaster. Ein letzter Mal. Ein kleiner See, der erste Stern. Nasses Handtuch in den Rucksack, die Zeit wird langsam knapp. Lichterfenster, leere Straßen und ich gehe schnell. Ein Fahrrad mit zwei Mädchen, ich fange an zu rennen. Da pfeift der letzte Zug. Der Schaffner wünscht mir eine gute Nacht.
Gestern ein schöner Tag, sind die Bilder heute noch frisch. Noch ungefeilt. Sie kleben aneinander. Keine Sorgen, nur Genugtuung. Ich bin froh. Aber schöner Tag, warum kann ich ihn erst als Gestern begreifen? Ein Vorsatz, morgen muss ich ihn als Heute sehen.