Mein See (Versuch einer Kyrielle)

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Mitglied
Nie sehe ich an ihm mich satt!
Im Winter liegt er still und glatt,
im Spiegelbildnis Gipfelschnee
auf schroffen Bergen hinterm See.

Des Sommers reiten auf den Wellen
die weißen Krönchen, sie zerschellen;
ein ew'ges "Werde und Vergeh!"
Und alles fließt im großen See.

Mein Paddel rührt Herbstsonnenfunken,
zerwirbelt sie mit jedem Tunken
wie Sterne, die ich taumeln seh,
als küssten Himmel sich und See.

Erblick im Frühjahr ich: die Schwäne
betupfen weiß die Landschaftsszene,
da juckt's mich schon im großen Zeh.
Zu lange war ich nicht im See!


Egal zu welcher Jahreszeit:
dein Anblick macht das Herz mir weit,
sobald ich dort am Ufer steh.
Mein Ein und Alles - du, mein See!







.okt_2022
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Na – da bist du ja mit einem eigenen Kyrielle-Versuch schnell bei der Hand, liebe Fee!
Ich staune ob solcher Produktivität und lese eine schöne Liebeserklärung an einen See, in dem sich die Jahreszeiten in ihrer Schönheit spiegeln. Und man erkennt auch gleich die Übung, mit der du an die Sache herangehst.

Allerdings wird bei einer Kyrielle nicht nur der Reim, sondern auch etwas mehr Wiederholung im letzten Vers jeder Strophe erwartet. Es sollte in den Strophen aus verschiedenen Blickwinkeln stets auf die gleiche allgemeine Feststellung hinauslaufen, deren Wahrheit und Bedeutung dadurch eindringlich herausgestellt wird. In deinem Gedicht könnte dies z. B. durch Erinnerungen ("Wie glücklich war ich doch am See") erfolgen.

Ich habe hierzu mal ein klassisches Beispiel herausgesucht: Kurt Rüdiger: Kyrielle

Weiterhin viel Spaß mit der Lyrik

JB
 

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Mitglied
Ah, herzlichen Dank, James Blond,

für die rasche Rückmeldung zu meinem Versuch.

Allerdings wird bei einer Kyrielle nicht nur der Reim, sondern auch etwas mehr Wiederholung im letzten Vers jeder Strophe erwartet. Es sollte in den Strophen aus verschiedenen Blickwinkeln stets auf die gleiche allgemeine Feststellung hinauslaufen, deren Wahrheit und Bedeutung dadurch eindringlich herausgestellt wird.
Das hatte ich so noch nicht erkannt. Danke fürs Erklären und Hervorheben! Damit wird die Herausforderung gleich noch ein Stückchen größer - aber ich mag das. ;)

Ich staune ob solcher Produktivität und lese eine schöne Liebeserklärung an einen See, in dem sich die Jahreszeiten in ihrer Schönheit spiegeln. Und man erkennt auch gleich die Übung, mit der du an die Sache herangehst.
Dein Staunen ehrt mich. Die Produktivität bei mir bildet aber meist meinen Gesundheitszustand ab. Je anstrengender die Zeit für mich, umso mehr schreibe ich - es hilft, permanente Unruhezustände und Panikattacken halbwegs im Griff zu behalten und ist eine der schönsten Ablenkungsformen, die ich kenne.
Ich schreibe und reime quasi seit ich Schreiben und Lesen gelernt habe. Da sollte mit den Jahren doch etwas Übung zustande kommen... ;)
Ich bin mit Gedichten aufgewachsen (eine Liebe, die ich meiner Großmutter verdanke) - kein Wunder, wenn sie mir Geborgenheit und Sicherheit vermitteln.

Danke jedenfalls für die positive und hilfreiche Rückmeldung!
Ach, und danke auch fürs Bekanntmachen mit der Kyrielle - eine wirklich schöne Form!

Liebe Grüße,
fee
 

lietzensee

Mitglied
Hallo fee,
ich fand dein Gedicht klasse, ohne viel dazu sagen zu können. Jetzt ist mir aber noch aufgefallen, wie nah der Titel an "My way" von Sinatra und den tausend Cover-Versionen ist. Das wollte ich noch mal erwähnen ;-) Ein guter See kann wirklich zu einer Lebenseinstellung werden. Ich finde, das hast du sehr gut getroffen.

Viele Grüße
lietzensee
 

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Mitglied
ich fand dein Gedicht klasse, ohne viel dazu sagen zu können. Jetzt ist mir aber noch aufgefallen, wie nah der Titel an "My way" von Sinatra und den tausend Cover-Versionen ist. Das wollte ich noch mal erwähnen
Eine interessante Möglichkeit der Wahrnehmung meines Gedicht-Titels, lietzensee.

Ist mir selbst nicht so aufgefallen.
Freut mich, dass dir mein Gedicht gut gefällt!!!! Danke für die lieben Worte!

LG,
fee
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Fee,

auch ohne Fachkenntnis von Kyriellen erfreu ich mich am Gelungenen :) (Ein 'fast' lasse ich hier nicht gelten!).

Ich bewundere Dich für Dein Stehvermögen und beneide Dich für Deine Fähigkeit, liebevolle Blicke in schöne Worte zu fassen.

Liebe Grüße
Petra
 

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Mitglied
Lieb von dir, liebe Petra!

Mich unterkriegen zu lassen ist keine Option - das wäre, wie ich fürchte, der Anfang einer Abwärtsspirale.
Beim Schreiben über von mir Geliebtes kann ich mich an diesem festhalten. Das trägt ganz gut durch die anstrengenderen Zeiten.
Und erinnert daran, dass auch wieder entspanntere kommen.

Herzlichen Dank für das schöne Lob!

Und ebensolche Grüße,
fee
 
G

Gelöschtes Mitglied 24194

Gast
Nie sehe ich an ihm mich satt!
Im Winter liegt er still und glatt,
im Spiegelbildnis Gipfelschnee
auf schroffen Bergen hinterm See.

Des Sommers reiten auf den Wellen
die weißen Krönchen, sie zerschellen;
ein ew'ges "Werde und Vergeh!"
Und alles fließt im großen See.

Mein Paddel rührt Herbstsonnenfunken,
zerwirbelt sie mit jedem Tunken
wie Sterne, die ich taumeln seh,
als küssten Himmel sich und See.

Erblick im Frühjahr ich: die Schwäne
betupfen weiß die Landschaftsszene,
da juckt's mich schon im großen Zeh.
Zu lange war ich nicht im See!


Egal zu welcher Jahreszeit:
dein Anblick macht das Herz mir weit,
sobald ich dort am Ufer steh.
Mein Ein und Alles - du, mein See!







.okt_2022
hier sind deine sterne, keine planeten.
 

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Mitglied
Jöh! Da leuchten sie! Meinen allerherzlichsten Dank, Samoth!

Auch euch beiden, Dichter Erdling und Didi Costaire, für die großzügigen Sternenspenden!
Ich hab mich sehr darüber gefreut!


Liebe Grüße euch!

fee
 



 
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