Meine Lehrerin und der Flötenwürger an der ScheinBAR

Hagen

Mitglied
Meine Lehrerin und der Flötenwürger an der ScheinBAR

„Da hat doch die Isbahan aus der Leselupe“, ich stellte der Wunderbaren Ulrike einen in der letzten Nacht von mir kreierten ‘Kriminaltango‘ auf die Theke unserer ScheinBAR und setzte mich ebenfalls, „eine Geschichte geschrieben, in der eine gewisse Frau Schrömpel vorkommt. Das brach Erinnerungen in mir auf, denn während meiner Schulzeit hatte ich eine Lehrerin, die auch ‘Schrömpel‘ hieß und sich genauso benahm. – Prost Wunderbare Ulrike!“
„Ah ja.“ Die wunderbare Ulrike nahm einen Schluck ‘Kriminaltango‘, dann erzähl’ doch mal. – Wunderbar, der ‘Kriminaltango‘!“
„Danke. – Ich hatte gerade den letzten Aufsatz über Mühlen gnadenlos versemmelt, da wir mit Frau Schrömpel eine Mühle besichtigt hatten, aber die hochinteressante Technik den Galerieholländers, von Frau Schrömpel einfach nur ‘Die Mühle‘ genannt, auf gar keinen Fall besichtigen durften, weil uninteressant.“
„Häh?“
„Ja, Frau Schrömpel war so drauf! Statt dessen mussten wir vor der Mühle, anstatt sie zu besichtigen, singen: ‘Klip und klap! Dreschet auf und ab! Von der Worfeldiele Eilt das Korn zur Mühle; Lustig huckepack Eilet Sack auf Sack. Klip und klap! Dreschet auf und ab! Wiehert, Ross’ im Stalle! Hier ist Korn für all! Fetter Hafer sei Dank für eure Treu’ …!“
„Ja, das ist das Drescherlied, von Johann Heinrich Voss“, sie nahm noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘, „gab’s für Frau Schrömpel denn zu der Zeit keine Mähdrescher und Lastwagen?“
„Doch schon, aber das wurde von Frau Schrömpel gewissenhaft ignoriert, genau wie das Besichtigen der für mich interessanten Technik der Mühle. In dem gnadenlos folgenden Aufsatz wies ich daraufhin und versemmelte den Aufsatz dadurch, was von meinen Eltern nicht sonderlich gerne gesehen wurde. Sie legten Wert drauf, dass ich diese ‘Scharte‘ auswetzte und beim nächsten Thema in Biologie sollte ich gut aufpassen um was fürs Leben zu lernen und den nächsten Aufsatz ganz in Frau Schrömpels Sinne schreiben.“
Ich nahm auch einen Schluck ‘Kriminaltango‘ und fuhr fort: „Nun ja, ich war zwar ehrlich bemüht Interessantes zu lernen und guten Willens den folgenden Aufsatz in Frau Schrömpels Sinne zu schreiben, aber etwas untermotiviert, als Frau Schrömpel mit den Vögeln entlang kam, die in unseren heimischen Gärten rumflatterten. Mein Interesse erlosch vorzeitig komplett, hatte ich doch zu etwa diesem Zeitpunkt von den ‘Bossle's Hell Drivers‘ gehört.“
„Was?“
„Die ‘Original Hell-Drivers-Show‘ war eine Mischung aus Akrobatik, Technik, Automobilschau und spektakulären Stunteinlagen. Präzisionsfahren auf zwei Rädern war angesagt, Formationsfahren, Autocrashs und Überschläge. Das war’s doch und ich begann in dieser Richtung bereits Berufspläne zu schmieden!“
„So wie du heute noch drauf bist, kann ich das gut verstehen! Wir besuchen die ‘Original Hell-Drivers-Show‘ mal, sollten die in die Gegend von Haselünne kommen. – Versprich mir aber, dass du nicht mitfährst.“
„Natürlich, Wunderbare Ulrike.“
Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Aber kehren wir“, fuhr ich fort, „zu Frau Schrömpel zurück. – Meine Mutter und mein holdes Schwesterlein pflegten brav die Vögel im Garten zu füttern, aber den Dreck, besonders den der blöden Tauben, wegmachen konnte ich.“
Noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Da mein Schwesterlein beim Füttern der Vögel stets vergaß die Tür zu schließen, nahm Philipp, unser blauer Wellensittich derzeit, mal die Gelegenheit wahr in die Freiheit zu entfliegen und sich einem Schwarm Spatzen anzuschließen. Das konnte ich ihm nicht verdenken. Anschließend gab es einige leicht bläulich eingefärbte Spatzen mit etwas längeren Schwänzen als bei Spatzen allgemein üblich, zu bestaunen. Das fiel, glaube ich, nur mir auf, hielt es aber nicht für sonderlich erwähnenswert.“
Noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Als ich diese Episode aus dem Leben Philipps im Unterricht trotzdem erwähnte, hielt Frau Schrömpel mich für verrückt, weil sie sowas noch nicht gehört hatte. Das Gleiche bezog sich auf die Tatsache, dass ‘unser Dompfaff‘ immer mit seiner Frau bei uns zum Essen erschien. Da hatte sie auch noch nie was von gehört, also galt nicht, was ich sagte. – Wohl aber hatte sie davon gehrt, dass der Lebensraum der Rohrdommel zunehmend kleiner wird, weil der böse Mensch angefangen hat, die Moore und Sümpfe, den bevorzugten Lebensraum besagter Rohrdommeln, trocken zulegen.“
Noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Interessant fand ich“, fuhr ich fort, „im Bezug auf Rohrdommeln nur, dass die Männchen für die Revierverteidigung zuständig sind und er sich mit mehreren Mädels seiner Art zu paaren pflegt, aber das habe ich später selbständig recherchiert. Frau Schrömpel erwähnte das nicht. Sicher aus pädagogischen Gründen, weil sich die Jungs zunehmend mehr für die Mädchen nicht nur unserer Klasse interessierten, als für irgendwelche ursprünglich scheue Waldvögel, welche bei der Nahrungssuche nach Kerbtieren graben und dabei Blätter mit dem Schnabel zur Seite schleudern. Wie interessant.“
„Das ist ja auch hochinteressant!“, meinte die Wunderbare Ulrike und nahm auch noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Nun ja, von mir aus konnten die unsittlichen Rohrdommeln aussterben wie die Saurier dereinst,“ fuhr ich fort, „und Frau Schrömpel konnte mich sonst wo dommeln, anstatt vor einer müden Klasse vorsichinzudommeln, pardon, zu unterrichten, zum Beispiel darüber, dass die Tannenmeise von der Sumpfmeise nur schwer zu unterscheiden ist. – Zum Glück fiel mir noch ein, dass es irgendwo in Australien die ‘Loris‘, das sind kleine Honigpapageien, die sich ausschließlich vegetarisch ernähren, gibt.“
„Ich weiß!“ Die Wunderbare Ulrike nahm noch einen Schluck ‘Kriminaltango‘. „Doch die niedlichen Loris haben ein verhängnisvolles Laster: Den Alkohol! Einmal im Jahr fallen hunderte Papageien betrunken vom Himmel. Beschwipst hüpfen und torkeln die bunten Loris durch die Gegend, kaum in der Lage zu fliegen. Viele von ihnen haben keine Orientierung mehr und werden sogar im Vollrausch bewusstlos. Man kann davon ausgehen, dass die Papageien einen Alkoholrausch betreiben, der auf das Knabbern an altem, gärigen Obst zurückzuführen ist.“
„Eben. Ich erwähnte das auch, doch Frau Schrömpel wollte davon nichts wissen und verwies auf die niedlichen Schwanzmeisen, die in kleinen Trupps zwitschernd umherziehen.“
Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Dann doch lieber“, ich nahm auch einen Schluck ‘Kriminaltango‘ und fuhr fort: „Zu den Hell Drivers und spektakuläre Stunts fahren! Die zogen auch umher und zwitscherten sich sicher ab und zu auch mal einen. – Na, gut, Frau Schrömpel dommelte vor sich hin, nicht nur ich schlief mit offenen Augen, interessiertem Gesichtsausdruck und angespannter Gelassenheit, wähnte mich bei der ‘Original Hell-Drivers-Show’ um spektakuläre Autocrashs und Überschläge zu absolvieren, während die Mädels entzückende Anekdoten von Vögeln erzählten, die aus der Hand fraßen. War auch hochinteressant für mich angesichts der ‘Original Hell-Drivers-Show’“.
Schluck ‘Kriminaltango‘.
„Mein Gott, aber ich hielt schonungslos durch und hoffte inständig darauf, dass über diesen Schmonzes diesmal kein Aufsatz folgen möge. – Weit gefehlt, der Aufsatz folgte unbarmherzig! Wir mussten ‘einen Vogel‘ veranschaulichen, wohlgemerkt einen Vogel, was ich, in meiner schon damals vorausschauenden Denkweise als irgendeinen Vogel auffasste, der irgendwo auf unserem Planeten rumflatterte. Frau Schrömpel wollte, so vermutete ich, mit Sicherheit unsere Fähigkeit zum selbständigen Recherchieren anregen.“
„Aus pädagogischer Sicht einleuchtend“, meinte die Wunderbare Ulrike.
„Eben! Über das Rohrdommelmännchen, das mehrere Weibchen begattet“, nickte ich und fuhr fort: „Wollte ich, da Frau Schrömpel diese Nummer mit Sicherheit falsch aufgefasst hätte, nicht unbedingt schreiben. – Auf die Honigpapageien, die ab und zu voll des vergorenen Nektars mit Besoffenheit vom Himmel fielen, verzichtete ich auch generös, da Frau Schrömpel bestimmt dem Alkohol, als unbarmherzige Pädagogin, ausnahmslos abgeneigt war“.
„Eben! Sie hätte“, meinte die Wunderbare Ulrike, „auf einen weiteren Trinkspruch, ebenfalls von Johann Heinrich Voss, hören sollen, der da lautet: „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang.“ Oder so Ähnlich.“
„In der Tat. – Kann auch sein, dass das ein anderer Voss war – Aber ich sehe gerade, dein ‘Kriminaltango‘ ist alle. Ich kann dir allerdings in diesem Zusammenhang mit einem ‘Listen to the Mockingbird‘ weiterhelfen.“
„Ich ahne, dass dieser Aufsatz wieder desaströs mit einer Bauchlandung endete. Kann ich deshalb einen ‘Belly Landing‘ bekommen?“
„Aber sicher, Wunderbare Ulrike!“
Während ich diesen Cocktail zubereitete fuhr ich fort: „Also besorgte ich mir umfangreiches Material über Vögel aus der Leihbücherei, da mir der Stoff aus dem Unterricht in keinem und keinstem Fall bemerkenswert erschien, deshalb auch nicht in meinem Gedächtnis haften geblieben war und stolperte bei dem Studium der gehobenen Ornithologie und Taxonomie der Vögel über die ‘Würger‘ im allgemeinen und den ‘Flötenwürger‘ (Laniarus ferrugineus) im Speziellen. – So, Wunderbare Ulrike, dein ‘Belly Landing‘.“
„Dank dir, Schatz! Aber erzähl‘ bitte weiter.“
„Gerne! Denn schon allein die Namen ‘Würger‘ fand ich interessant. Im Gegensatz zu anderen Würgern wie zum Beispiel dem Büffelkopfwürger, dem Keilschwanzwürger, dem Fiskalwürger und so weiter, die auffällig auf einem Ast gut sichtbar rumsitzen, ist der Flötenwürger eher schüchtern und führt eine versteckte Lebensweise. – Prost ‘Belly Landing‘!“
„Prost ‘Belly Landing‘. Aber mach’s nicht so spannend!“
„Am Boden bewegt sich der Flötenwürger“, fuhr ich fort, „äußerst geschickt und flink. Flötenwürger leben ausgesprochen einzelgängerisch oder sind zuweilen auch paarweise anzutreffen, was meiner Mentalität bis heute in Etwa nahekommt. Erfolgt eine Verpaarung, so hält diese Ehe jedoch, im Gegensatz zu den Rohrdommeln, ein Leben lang. Stirbt ein Partner, so erfolgt in der Regel jedoch eine Neuverpaarung. Ebenso, dass der Gesang des Flötenwürgers beim Menschen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen soll, weil er mit seinem Weibchen einträchtig im Duett singt, wobei die Impression eines harmonischen Ganzen, einer eindrucksvollen Melodie entsteht! Leider lebt, singt und würgt der Flötenwürger in Afrika.
Schluck ‘Belly Landing‘.
„Aber egal, ich hielt den Aufsatz im positiven Sinne, hatte ich doch selbständig recherchiert, für ausgesprochen zielführend, denn ich sollte ja einen Vogel veranschaulichen, wobei es keine Rolle spielte, wo der Vogel lebt – glaubte ich.
Schluck ‘Belly Landing‘.
„Jedenfalls schrieb ich damals so oder ähnlich und versemmelte den Aufsatz natürlich auch grandios, weil Frau Schrömpel den Flötenwürger nicht kannte, behauptete, ich hätte mir den sogenannten 'Flötenwürger' in meiner überbordenden Fantasie, die nicht gefragt war, nur ausgedacht. Sie meinte, dass ich einen heimischen Vogel hätte beschreiben sollen, wie alle Anderen aus der Klasse auch, Amsel, Drossel, Fink und Star zum Beispiel.
Schluck ‘Belly Landing‘.
Da wir gerade bei Würgern waren, frage ich die Wunderbare Ulrike ob sie sich vorstellen kann, wen ich damals am liebsten gewürgt hätte …


Falls der geneigte Leser die Cocktails, die in dieser waren Geschichte vorkommen, nachvollziehen möchte, hier die Rezepte:

Kriminaltango
½ cl Angostura
2 cl Alte Liebe
2 cl Kirschliqueuer
2 cl Campari Bitter
Auffüllen mit Tonic
Eis
Deco Cocktailkirsche

Listen to the Mockingbird
1 Tropfen Granatapfelsirup
2 cl Dry Gin
2 cl Blue Curacao
1 cl Angostura bitter
Auffüllen mit Soda
Eis
Deco Cocktailkirsche

Belly Landing
1 Spritzer Angostura
2 cl Greandine
4 cl Vermouth Extra oder Dry Martini
1 cl Campari
4 cl Obstler
1 Eiswürfel
Deco Zitronenscheibe
 



 
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