Meister der Höhenangst

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ENachtigall

Mitglied
Wer

befehligt den Blick
wie ein gehorsamer Hund
am Boden
bei den Füßen
zu liegen?

Erhöbe er sich
doch
souverän im Sperrgebiet

glitte gelassen
über die Grenze
in die Tiefe

von Zauberaugen
voll Gefühl
und Instinkt

- wo Frühnebel
den noch verschlafenen
Fluss der Liebe verschleiern -

tauchte er ab
und zu dem Licht
am Ende des Pupillentunnels
entgegen

verlöre die Angst vor
Ferne und Fremde

und

Kollisionen mit
dem Blinden Fleck

wie Akrobaten
Meister der Höhenangst
die nicht vom Himmel fallen

erschüfe er zuerst
im Aufschwung
die konjunktivfreie Zone.




© Elke Nachtigall
April 2006
 
B

bonanza

Gast
originelle bilder, die sich aber zum teil beißen.
zb. muß sich der blick erst erheben, um dann in die
tiefe zu gehen/tauchen. ich finde das etwas ungeschickt
komponiert.
die bilder aber, wie gesagt, sind zauberhaft - jedes einzelne.
außer: "verlöre die angst vor schwarzen löchern".
klingt hölzern in der sonst weichen umgebung deiner
assoziationen.
am ende die "konjunktivfreie zone" - da muß man erstmal
drauf kommen!
fein.

bon.
 

ENachtigall

Mitglied
bon

Der gesenkte Blick geht nur in die eigene Tiefe, deshalb muss er sich erst erheben, um in andere Tiefen zu gelangen. Eine Anfangsangst ist zu überwinden. Bei der Höhenangst ist es so, dass nur ein optischer Halt am Nahgesehenen den panischen Schwindel vermeidet. So kann man selbst als Akrophobiker z.B. hervorragend freiklettern. Viele deuten diese Angst auch psychologisch als eine vor dem "Sich fallenlassen können", was meiner Meinung nach nicht ganz falsch ist. Der Hintergrund ist mangelndes Vertrauen in sich und die Welt. "In diese Welt Vertrauen setzen?" ist so wie Kinderkriegen heutzutage - für die einen leichtsinnige Dummheit, für die anderen ein Verändern durch Mut zur Lebendigkeit.
Deine Anmerkung zu den "Schwarzen Löchern" lass ich mir nochmal durch den Kopf gehen. Vielleicht fällt mir da noch was Passenderes ein. Vielen Dank für Deine Anregungen.

Gruß
Elke
 

Rhea_Gift

Mitglied
Gelungen, tolle Bilder - die "schwarzen Löcher" stören auch mich ein wenig, ansonsten wirklich originell :)

LG, Rhea
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Rhea,

da Du die zweite bist, die mit den "Schwarzen Löchern" hadert, spring ich jetzt in eins rein, und renoviere von Innen...Mal sehen, was draus wird...

Danke für Deine Meinung dazu.

Liebe Grüße

Elke
 

Regenzauber

Mitglied
Gemeisterte Höhenangst

Da komme ich auf den Kirchtag, wenn die Kapelle bereits unter dem Tisch gefallen ist, und ich suche ein schwarzes Loch, das es nicht (mehr) gibt. Wurde es zum blinden Fleck?

Da ich täglich und intensiv mit Agoraphobie konfrontiert bin, verstehe ich die Blickfixierung recht gut, kann aber mit konjunkturfrei absolut nichts anfangen.

Was hast du übrigens mit den Zauberaugen und Frühnebeln des Liebesflusses eingebaut? Klingt ja schön und romantisch, doch wäre für mich hier eine Verbindung zum ? (hilfreichen lyrischen Ich? geliebten Partner?) erforderlich, dessen Zuneigung dem Kranken zur Raumorientierung hilft? Oder ist dies da und ich sehe es nicht? Ist es in das schwarze Loch gefallen?

Wenn dieser Konflikt zwischen sprachlicher Schönheit und gezielter Aussage nicht wäre, schickte ich dir gerne meinen Applaus!
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Regenzauber,

schön, dass Du Dich zu Wort meldest!
Zuerst ist ja beschrieben, dass der Blick "sich festhält", aus Angst, sich nicht traut über seine Sicherheitsgrenzen hinwegzugehen.
Dann ist im Konjunktiv einiges beschrieben, was möglich wäre, an "in die Tiefe gehen", die Angst überwindend. Eben auch im zwischenmenschlichen Bereich: auf andere Menschen zugehen können, Liebe erkennen, nicht immer wegsehen, sondern sich leicht fühlen und mehr Bewegungsspielraum gewinnen durch Vertrauen und Mut. Dann brauche ich die Möglichkeitsform nur noch zum Träumen und Fantasieren aber nicht als Ersatz für mein Handeln.
Ich hoffe, Dir etwas mehr Klarheit verschafft zu haben. Ach ja, die Schwarzen Löcher habe ich ersetzt durch "Ferne und Fremde".

Lieben Gruß

Elke
 



 
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