Meisterlied

Meisterlied

Wer beschreibt die Angst der Kinder
wenn in Stahlgewittern ihre Jugend stirbt
Wer redet von den Erwachsenen
deren Lebens-Ernte in Flammen aufgeht

Über der Stadt: schwarze Milch der Granaten
Über dem Horizont: blass-müde Sonne
dem Untergang geweiht
das Antlitz getrübt von Kriegsdunst

Der Tod ist ein Meister aus Ankara

Wo sind die Freunde?
Sie irren durch die Wüste
Wo sind die Nachbarn?
Sie weinen in den Lagern
Wo ist mein Brautkleid?
Es zerflattert im Wind
rußgeschwärzt

Durch leere Fensterhöhlen
geht der schamlose Blick
ins Innere intimer Zimmer
In staubigen Kellern nistet
schwerer Schweißgeruch
der schlaflos Verängstigten
tränenschwer

Der Tod ist ein Meister aus Moskau

Dilara woran denkst du?
Ich denke an dich Liebster
und dass ich die liebe
Yussouf, woran denkst du?
Ich denke an dich Geliebte
und dass ich dich liebe
Noch ein Weilchen Liebste
und die Waffen schweigen
Nein nein nein Geliebter
eher schweigt meine Liebe

Der Tod ist ein Meister aus Damaskus

Ich seh mich im Spiegel
mein Gesicht: alt alt alt
grau und zerfurcht
wie die Wangen der Großmutter

Verzweiflung nagt an meinem Herzen
wie Ratten an einem Stück Käse
Doch was nützt es
wenn ich den Spiegel zerbreche

Der Tod ist ein Meister aus Teheran