Miese Tage in Marseille

Vagant

Mitglied
Miese Tage in Marseille


Der Hafen schickt mal wieder schwere Wolken
zum Bistro in der Rue de Rivoli
Er lächelt kurz zur Frau, ruft dann den Gaston,
der im Türrahmen lehnt und sagt: „Oui, oui“.
Der Kellner spannt ihn‘n nonchalant den Schirm auf
und murmelt dabei leise: „C‘est comme ca",
dann regnet‘s auch schon (man kennt‘s zur Genüge),
die Frau sagt schwer genervt: „Das war ja klar.“

Nun sitzen beide ganz dicht beieinander
(der Wind vom Hafen schmeckt nach Bouillabaisse),
und er fragt, ob sie ihn noch immer liebe,
worauf sie sagt: „Was soll jetzt dieser Käs‘?“
Und er: „Na ja, ich wollte halt mal fragen...
die Stimmung... dann der Duft ... dann noch das Licht.“
Sie sieht zur Uhr und dann hört er sie sagen:
„Mal lieb‘ ich Dich und dann mal wieder nicht.“

Und während sie‘s so sagt, da sieht er, wie grad
sein Päckchen Gauloises langsam durchweicht,
und irgendwie schmeckt ihm die Luft vom Hafen
nach Altöl nun und nach manch and‘rem Scheiß.
Ich hab‘ schon viel zu lang‘ hier rumgesessen,
denkt er, steht auf und nickt ein 'au Revoir‘.
Die Frau indes hebt einfach nur die Schultern
und murmelt dabei leise: „C‘est comme ca.“
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
toll!

Zwischen Lachen und Lächeln - das ist ein herrliches Stückchen! Ich mag es ganz besonders.
 

Vagant

Mitglied
mondnein, danke für dein lächeln – mehr sollten diese verse auch nicht bewirken.
das ist hier das finale einer kleinen reihe (seenot) die mit etwas ungereimten, prosaischen lyrik begann. nach einem kleinen dichterstreit im blog (reim oder nicht reim) wurde die reihe durch das fluss-nebel-sonett (ein versuch, der form gerecht zu werden) erweitert. nach dem verlorenen halbfinale in marseille und unter den nachwirkungen einiger fußballbierchen entstanden dann die 'miesen tage in marseille', quasi als 'seenot/staffelfinale'
ein lachen, ein lächeln – was will man mehr!?
lg vagant
 



 
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