Minou 07-11. Angst. Allein im Haus. Das Kind ist nicht normal. Der liebe Gott
Liebe Inu, jetzt habe ich Teil 07 – 11 gelesen, und hier, was mir auffiel.
Vorweg: Sehr lebendig erzählte Kindheitserinnerungen. Man geht mit im Erzählen und ist neugierig, was noch kommen mag.
Ach, das Wörtchen „da“. Es taucht auf, aber selten, wenn es angebracht ist, häufiger nur als Füllsel, beinahe inflationär, einmal sogar widersinnig: „Hier ist alles so kompliziert, da sind viele Treppen und Geländer.“ Hier ist nicht da (dort).
Und dann habe ich Schwierigkeiten mit der Bezeichnung „es“ für das Mädchen. Angebracht erscheint es mir, dass die Stiefmutter von „es“, „das da“ usw. spricht, das ist sogar gut, wenn es in den Kontext passt. Nicht angebracht ist es aber, wenn man neutral beschreibend von dem Mädchen spricht und ersatzweise das Personalpronomen „es“ benutzt. Das Deutsche erlaubt, vom Mädchen zu sprechen und „sie“. Wogegen „es“ bei „Kind“ gebräuchlich ist. Du benutzt „es“ auch als Dialektform (das Emma), da ist es meiner Ansicht nach völlig korrekt.
Die Kleinigkeiten:
Der ganze Absatz „Der Papa hatte ebenfalls ...“ bis „hat sie Hermine später erzählt“ (eine Rückblende) steht im Plusquamperfekt. Um das dauernde „hatte“ zu vermeiden (es ist wirklich sehr unschön) gibt es folgenden Trick:
Der erste Satz Plusquamperfekt (also hatte), dann weiter im Präteritum, den letzten Satz wieder im Plusquamperfekt, damit der Leser weiß, die Rückblende ist beendet. Das ist die Zeitenregelung für Rückblenden im Plusquamperfekt. Es gibt auch eine Regelung für Rückblenden bei Präsens: Erster Satz im Perfekt, weiter im Präteritum, letzter Satz wieder Perfekt.
Der Satz „Wenn sie vom Papa reden, kann Hermine ihn sich gar nicht vorstellen“ lässt mich fragen: Kann sie ihn sich vorstellen, wenn niemand über ihn redet? Hier scheint die Kausalität irgendwie nicht zu stimmen.
„Nachher schlafen die zwei Kinder im gleichen Zimmer in zwei riesengroßen, weiß bezogenen Betten, von denen jedes an einer anderen Wandseite steht.“ Redet man von zwei Personen, wird das Wörtchen „beide“ benutzt. So vermeidest du Dopplungen, denn hier ist sie ja nicht beabsichtigt.
„... und es fällt ihr nicht ein, was sie hier verloren hat.“
Ich würde vorziehen zu schreiben: „zu suchen hat“.
„... es bleibt so lang hell an diesen Julitagen ...“
Jetzt streite ich mit dir über „an“. Hochdeutsch heißt es „in“. „An“ ist süddeutsch, das heißt Dialekt, regional. Aber es ist wörtliche Rede, und so will ich lieber doch nicht mit dir streiten.
„Als sie die Kinder anstarren und die Mutter von ihnen ganz lieb lächelt ...“
Was hältst du von: „ihre Mutter“?
„Vielleicht liegt da noch jemand drin?“, flüstert Herminchen.
Dieser Satz ließ mich stutzen. Aber nicht erst an dieser Stelle stutzte ich in diesem Teil. Hermine kennt noch keine Bombenangriffe, wenn ich alles richtig verstanden habe. Wie kann sie vermuten, dass jemand unter den Trümmern liegt? Aber nicht allein das ist das Problem. Der Teil hat aber noch ein anderes Problem, von dem ich lange Zeit überhaupt nichts wusste: die Kindersicht. Hermine müsste knapp fünf Jahre alt sein, da versteht man schon einiges, aber noch nicht alles. Erklärungen für den Leser müssen also vom Erzähler kommen. Forste mal den Dialog daraufhin durch. Ganz wunderbar und altersgemäß ist die Sicht auf den Herrn Dr. Bischoff.
„Wenn Lisa die Sachen nicht so dringend bräuchte ...“
Ach, Inu, dieses verflixte „bräuchte“. Korrekt heißt es nämlich „brauchte“. Irgendein Spaßvogel hat mal in irgendeinem Gedicht (Ringelnatz?) „bräuchte“ geschrieben, und nun „bräuchtet“ alle Welt.
Nur als Hinweis.
„Nicht dass sie wahnsinnig oft an so böse Sachen dachte ...“
Das „wahnsinnig“ erscheint mir überflüssig.
„Die Tante Anna hatte das Kind auch beten gelernt:“
Hier richtig: gelehrt. Akzeptabel wäre es in der wörtlichen Rede, wo sowieso Kraut und Rüben gequatscht wird.
„Auch die Gläubigen in der Kirche taten es ständig und sogar der Herr Pastor.“
„Ständig“ wirkt unbeholfen. Vielleicht solltest du den Satz neu formulieren, um die Aussage auch ohne „ständig“ beizubehalten.
Der Duden sagt: „der“ Phosphor.
Hanna