Mitten im heuschreckenhungrigen Grün am Strom zerkratzten Grillen die Stille am Kreuz das mich hielt.

5,00 Stern(e) 9 Bewertungen

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein Himmel aus gelber Seide.
Man ist allein auf der Welt.
Das lebendige Wasser versinkt um die Steine.
Hier hat jemand ein Kreuz aufgestellt.

aus dem Holz zerhackter Kinderbetten.
Es ist ein Kreuz errichtet aus Trauer.
Nah beim gläsernen Muskel des Wassers.
Dem Brückengeländer aus Zähnen.

Es gibt Menschen die fallen wie Blätter.
Man ist allein auf der Welt.
Ich verschwinde mit langsamen Schritten
in die ein Sternenschauer fällt.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Puh, mit Tarotkarten kenne ich mich nicht aus, ist aber ganz hübsch anzusehen und ins Ungewisse gehen passt ja.

LG
Patrick
 

surrusus

Mitglied
Hier hat jemand ein Kreuz aufgestellt.

aus dem Holz zerhackter Kinderbetten.
Es ist ein Kreuz errichtet aus Trauer.
Nah beim gläsernen Muskel des Wassers.
Dem Brückengeländer aus Zähnen.

Es gibt Menschen die fallen wie Blätter.
Lieber @Patrick Schuler

Der Faden ringt sich durch, wobei die Sprache in lediglich fünf Zeilen dreifach "aus" entgegenblickt. Die Unveränderlichkeit der Bilder ist zwingend, eine Anpassung der Satzstruktur jedoch erwägenswert. Aus dem zerhackten Holz der Kinderbetten, aufgerichtet in Trauer, und Brückengeländer, gefertigt aus Zähnen.

Die erste Zeile der dritten Strophe wirkt auf mich wie ein Dämpfer der lebendigen und originellen Sprache aus der zweiten Strophe. Hier greifst du erneut auf eine eher traditionelle Poetik zurück.

Wir stehen vor dem Holz der zerhackten Kinderbetten. "Kinderbetten" als Wort ist richtungsweisend und voller Bedeutung. "Zerhackt" gerät in einen Konflikt mit dieser Symbolik, was dem Bild seine wahrhaft schöne Spannung verleiht. Der "Muskel des Wassers" spiegelt über seine Funktionalität den Strom des Lebens (des Glaubens) wider. Meiner Meinung nach sollte die dritte Zeile den Spannungsbogen der zerhackten Kinderbetten weiterführen und die Stärke des dargestellten Bildes nicht einbüßen. Es sei denn - und dies könnte der Fall sein - ich übersehe, dass du bewusst eine Entschärfung beabsichtigst. Dies gilt ebenfalls für die letzte Zeile.
Das Gedicht würde (für mich) an Kraft gewinnen, präsentierte es sich unverblümt in Ich-Form.

Nur als Gedankenanstoß:

Ein Himmel aus gelber Seide.
Ich bin allein auf dieser Welt.
Das lebendige Wasser versinkt um die Steine.
Hier hat jemand ein Kreuz aufgestellt.

Aus dem Holz zerhackter Kinderbetten:
Ist es Trauerkreuz und im Schlamm geweiht.
Nah beim gläsernen Muskel des Wassers.
Dem Brückengeländer aus Zähnen.

Es gibt Menschen die sterben wie Hunde.
Ich bin allein auf der Welt,
verschwinde mit langsamen Schritten
in die ein Scherbenhaufen fällt. (Im Licht gebrochen glitzern Scherben wie Sterne, etwas befremdlich! ;) Und, es greift zudem Brüchigkeit auf...)
 
Zuletzt bearbeitet:

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Patrick,
es ist bemerkenswert das deine Sprachschöpfungen sehr hermetisch, js teilweise
irrational befremdlich auf mich wirken, und sie es dennoch schaffen in mir etwas zu berühren, das dann zu einem mir eigenen Verständnis deiner Metaphorik führt.

Hier schaffst du das wieder erneut:

es beginnt mit einer Betrachtung, fast schon ein beschriebenes Stilleben; ein Himmel, ein Bach, Wasser und Steine und ein Kreuz - ein Bild.

Allein: „Man ist allein auf der Welt“ ist einerseits Ausdrucks eines Gefühls, das ein Mensch in der Natur empfinden vermag, oder bzw und auch gleichzeitig Analyse.

Hier ist mir wichtig das du das Wort „allein“ ausgewählt hast, und nicht das hochintrpreziöse „Einsam“

( da denk ich dirket an Benn: „Nur wer allein ist, ist auch im Geheimnis“, und so sehe ich auch dieses Wort)

Der Mensch also allein ( mit allem eins) betrachtet „lebendiges“ Wasser. Schön, und auch wichtig denn in der zweiten Strophe zerreist du förmlich dieses Friedliche Bild:

das Kreuz aus dem Holz zerhackter Kinderbetten.
Ein Kreuz aus Trauer
Mit einem Wimpernschlag aus Worten führst du mich hier in ein anderes „dasein“, einem „dasein“
wo Leben , Zerfall, Verlust, und Tod den Frieden der ersten Strophe zerstören ?
Ich wage zu sagen nein: Deine Worte lassen die Nähe, das Zusammensein aller „Dinge“begreifen.


Ja, ich schließe mich dir an:
Man ist allein auf der Welt, und darf nicht mutlos werden, oder verzagen, oder gar aufgeben, wenn man mit Wucht in diese Erkenntnis fällt.

Für mich ein außerordentliches Stück Poesie

Herzlichen Dank
und lieben Gruß
Ralf
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wir stehen vor dem Holz der zerhackten Kinderbetten. "Kinderbetten" als Wort ist richtungsweisend und voller Bedeutung. "Zerhackt" gerät in einen Konflikt mit dieser Symbolik, was dem Bild seine wahrhaft schöne Spannung verleiht.
Halo @surrusus

Ja, das ist die Schlüsselstelle. Wobei die andere Schlüsselstelle der Gebrauch des lebendigen Wassers, als Metapher für "Jesus" ist. Dann kann man es entschlüsseln.

Deine Vorschläge muss ich überdenken, aber sie sind sehr gut. Ich muss es auch nur deshalb überdenken, weil parallel in einem anderen Forum ebenfalls ein langer, guter Kommentar mit Verbesserungsvorschlägen kam. Nun muss ich schauen, wie ich beides unter einen Hut kriege

Dies gilt ebenfalls für die letzte Zeile.
Das Gedicht würde (für mich) an Kraft gewinnen, präsentierte es sich unverblümt in Ich-Form.
Ah, ich wollte eigentlich lernen weniger "Ich" zu sagen. Ich sage immer nur "Ich,Ich,Ich"

Irgendwie stört mich das ... aber im Grunde hast du wahrscheinlich recht ...

Lg
Patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Patrick,
es ist bemerkenswert das deine Sprachschöpfungen sehr hermetisch, js teilweise
irrational befremdlich auf mich wirken, und sie es dennoch schaffen in mir etwas zu berühren, das dann zu einem mir eigenen Verständnis deiner Metaphorik führt.
Puh @Ralf Langer

Das ist eine Wahrnehmung die ich mir selbst gegenüber auch habe. Manchmal frage ich mich, warum diese eigentlich schiefen Bilder funktionieren ...

Hier ist mir wichtig das du das Wort „allein“ ausgewählt hast, und nicht das hochintrpreziöse „Einsam“
Oh ja, das war mir sehr wichtig. Allein ist auf eine bestimmte Art tatsächlich jeder, "Einsam" nicht. Das hat mich auch immer an dem berühmten Hesse Gedicht gestört.

Man ist allein auf der Welt, und darf nicht mutlos werden, oder verzagen, oder gar aufgeben, wenn man mit Wucht in diese Erkenntnis fällt.
Dafür sprechen wir ja, ich schrieb es erst neulich "Sprechen heißt vernarben".

Der Rest deines Kommentares ist so einfühlsam, er kann genau so stehen bleiben :)

Lg
Patrick
 
hallo Patrick, ich liebe ja schon immer deine titel.
der gläserne muskel des wassers spricht nicht zu mir. da entsteht bei mir kein bild. kein stimmiges.
aber das holz der kinderbetten ist sehr stark.
liebe grüße
charlotte
 

surrusus

Mitglied
des lebendigen Wassers, als Metapher für "Jesus" ist. Dann kann man es entschlüsseln.
Lieber @Patrick Schuler

So in der Art las ich es! Als eine Art "krisiger" Kampf/Ringen mit dem Motiv des Kreuzes (das konnotiert ist).

Ah, ich wollte eigentlich lernen weniger "Ich" zu sagen. Ich sage immer nur "Ich,Ich,Ich"
Ist "man" nicht eine gesteigerte Form des "Ich's"? Es umfasst im Kern ja - eigentlich - nichts anderes als viele "Iche".
Abspalten könntest du das, in dem du ein lyrisches Du schaffst. Sozusagen ein Dialog zwischen dem Ich und dem Du, schlussletztlich ist der Dialog das lyrische Ich! Nur als Gedanke!

Verbesserungsvorschlägen kam. Nun muss ich schauen, wie ich beides unter einen Hut kriege
Betrachte meinen Kommentar bitte nicht als "Verbesserungsvorschlag". Eher als Wind aus einer anderen Richtung, der bei dir neuen Wind generieren könnte.
 

Tula

Mitglied
Hallo Patrick
Ein großartiges Gedicht! Man kann sich in verschiedenen, d.h. sich ergänzenden, Deutungsansätzen verlieren, mit und ohne religiösen Ansatz. Das Bild des Kreuzes hat nicht umsonst auf uns alle eine besondere Wirkung.
Nur eine Frage: warum ist der Himmel in V1 gelb?

LG Tula
 



 
Oben Unten