modulationen (philosophisches beiherspiel numero drei)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
der drei philosophischen beiherspiele
numero drei



[ 4]modulationen


wenn alles musik ist wie du sagst
[ 4]was zieht in die folgenden phasen die phrasen
so wie einen fluß das gefälle zieht
[ 4]die wasser gleiten fallen rasen

doch wäre dann ursache für das zuvor
[ 4]geschehne das spätere das du erwartest
die rückwärts gewirkte absicht der wille
[ 4]magnet zerrt die logik womit du uns narrtest

wie sollte die mündung die quellen verlocken
[ 4]zum strom sich zu einen und meere zu suchen?
der ton der die sucht der kadenzen befriedigt
[ 4]war schlicht zu erwarten der zucker im kuchen

doch trügende schlüsse die schwellen und furten
[ 4]die wechsel wirken den ebben und fluten
die dich überraschen mit pythias pointen
[ 4]sie deuten dir scheinbare fehler zum guten

sie öffnen die augen du wirst sie verstehen
[ 4]die leitern mit leitern zu kreuzen: du wandelst
von tonart zu tonart den tonika-grundton
[ 4]so steigerst du ziele zu mitteln: du handelst
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo mondnein

Ja, was ist denn Musik eigentlich?

Für den einen Erlösung vom Willen, den anderen
sei die Welt ein Irrtum ohne sie, und wieder anderen
ist sie nichts geringeres als den Engeln in den Mund gelegt, um
den Schöpfer in seiner Größe zu preisen.

Sie ist Mittel zur Trance, eine Lichtung des Maja Schleiers,
Rauschmittel und Tröster.
Und das ist ja lange, lange nicht alles.

Wie interessant, dass ihr scheinbar mathematische Formeln zugrunde
liegen, zeitliche Abläufe, Gesetze die wir enträtseln ohne sie zu verstehen.

Ja, was ist denn nun Musik?

Geist? Weltseele? Die Sprache der Zeit? Oder Gottes?

Oder ist sie nur gehirnlich, nicht mehr als ein Narkotikum, das
Orgiastisch wirkt, weil es diese und jene Nervenzentren stimuliert?

Ich weiß es nicht... Was ich aber weiß, diese Sprache spricht
direkter zu uns als jede andere.

Es bleibt die Frage, es bleibt der Genuss.

L.G
Patrick
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, das ist die Frage, Patrick: was Musik denn eigentlich ist.

In meiner kleinen Trilogie hier ist diese Frage eingespannt in das Problem der teleologischen Weltinterpretationen.
Denn einerseits ist Musik empfundene, gehörte, wahrgenommene Mathematik - und da wird vieles verständlich, vor allem durch die Analogie der harmonischen Verschmelzung (Oktaven, Quinten, Quarten, Terzen) mit der Einfachheit der diesen Intervallen zugrundeliegenden Schwingungsverhältnisse (1:2, 2:3, 3:4, 4:5) - und andererseits hat sie diese Zielgerichtetheit, die ansonsten unser Handeln hat, dieses Sichsteigern.
Um diese Klimax in den Entwicklungen einerseits der pythagoreischen Welt=Musik, die ich in Kants "Transzendentaler Ästhetik" (Anfang der "Kritik der reinen Vernunft") versteckt finde, andererseits unserer Handlungen, die von zukünftigen Zielen wie von Magneten angezogen werden, geht es in diesem Synthese-Dritten, das als Antwort auf das "Kant"-Gedicht beginnt, auf die in dem zweiten Lied vermutete (und hier nun erörterte) Teleologie-Spannung der musikalischen Modulationen.

Ich denke weiter nach über den letzten Vers dieses "Dritten":
1. daß in den Modulationstreppen (wie sie vor allem Bruckner liebte) die angezielten "Auflösungen" der harmonischen Spannungen zu Mitteln werden, nämlich zu mittleren Schritten weitergehender Auflösungen,
2. daß diese Verwandlung bzw. Umdeutung der "Ziele" zu "Mitteln" als Steigerung aufgefaßt wird (wo doch sonst "Ziele" immer als das Höhere gegenüber irgendwelchen Zwischenschritten gelten, als die eigentlichen "Zwecke"),
und 3. daß dieser schrittweise Aufstieg, in dem "Ziele" zu "Mitteln" weiterer "Ziele" umgedeutet werden, aus dieser Entwicklung eine "Handlung" macht. Das könnte originell sein; ich müßte schon suchen, ob das irgendwer schon mal so formuliert hat, oder ähnlich.
 



 
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