Mond

4,40 Stern(e) 10 Bewertungen

sufnus

Mitglied
Mond

Der Mond ist ein Leuchtmittel
ohne Ausgang oder Bestand
und wenn er sich aufführt z. B.
im Mittelpunkt einer Nacht
besteht er ganz
aus der Vorstellung Mond

Ja so oft er auch die Gezeiten
hochfährt oder bier-
selig im Gartenteich ertrinkt
er wechselt niemals das Thema
ein Meister des Zirkelschlusses
spoilert er noch jedes Geheimnis

Mein Name ist Mond
ich bin der Mond
das schönste Wort für Mond
lautet Mond
hier stehe ich
und gehe dir auf
du kannst nicht anders.
 

revilo

Mitglied
Sorry, aber von Lyrik verlange ich ein wenig mehr … Das ist eigentlich ein Prosatext, der durch Zeilenumbrüche auf Lyrik getrimmt ist … Zeilensprünge machen noch lange keine (gute) Lyrik … Schönes Wochenende
 

fee_reloaded

Mitglied
Die letzte Strophe ganz für sich allein.... DAS wär's! In die bin ich schockverliebt. Und sie lässt die zwei davor ziemlich abstinken. Nicht falsch verstehen: die sind nicht übel. Aber können nicht, was die letzte kann.
 

sufnus

Mitglied
Hey Ihr Lieben,

vielen Dank fürs Gelesenhaben & Kommentieren!
Fees Anmerkung finde ich ganz besonders interessant. Ein Extradankeschön dafür.
Ich hab dieses Gedicht hier quasi in Echtzeit in die Tasten gehauen, ein richtiger Schnellschuss also, dem kein Entwurfstadium vorausging (jaja... jetzt lästert der Oliver bestimmt: "Ha! Das merkt man dem Machwerk auch an!" :p ). Dabei gingen S1 und S2 mir recht flott von der Hand und dann fehlte mir einen Moment lang eine zündende Idee für eine irgendwie abrundende (Abrunden => Mond => yeah!) dritte Strophe.
In dem Moment, wo mir der Einfall kam, dass in der S3 der Mond selbst sich äußern sollte, wars dann sehr rasch zu Ende geschrieben. Im Prinzip hat sich das ganze Ensemble letztlich ein bisschen dialektisch selbst-assembliert und könnte daher (provokant) von sich behaupten, ein typisches ;) Sonett zu sein (übrigens halte ich nicht allzuviel von der gängigen Deutschunterricht-Formel, dass Sonette aus These, Antithese und Synthese bestehen).
Lange Rede kurzer Sinn @fee_reloaded : Du hast vollkommen recht, dass die letzte Strophe die beiden vorangehenden deutlich überstrahlt, ich glaube aber aus Gründen der Statik "braucht" (großes Wort) "man" (wer?!) alle drei Strophen.
Und (un)eigentlich würde ich nach äußerst selbstkritischer (hört, hört!) Inmichgehung zu dem Urteil in eigener Sache kommen, dass dies eins meiner besseren Poeme ist, womit folglich revilo völlig daneben läge, aber nicht löge. Selbstredend kann man am Ende immer das Solipsismusargument aus dem Ärmel schütteln, in einer Reine-Geschmackssache-Welt ist dann tatsächlich auch die Lyrik von William McGonagall als Höhepunkt der Poesie einstufbar, ein gleichzeitig erschreckender, aber irgendwie auch ein bisschen tröstlicher Gedanke. :)

LG!

S.
 

Tula

Mitglied
Hallo sufnus
Ein Dichter muss hin und wieder den Mond besingen, das liegt ihm im Blut, vor allem wenn er nachts noch immer volltrunken irgendwo im Freien erwacht und als erstes ...? Richtig! ... den Mond sieht.

Inhaltlich ist dein Gedicht für den Mond in etwa wie Gernhardts Sonett für eine unsterbliche italienische Gedichtform. Ein unterhaltsamer Antagonismus.

Meine Lieblingsstelle:

so oft er auch die Gezeiten
hochfährt oder bier-
selig im Gartenteich ertrinkt


LG Tula
 

wiesner

Mitglied
Das schnelle Loswerden ist ja auch ein schnelles Geschenk. Sein fabelhafter Abschluss bedarf keiner weiteren Rechtfertigung!

Wunderbar!

Gruß
Béla
 

sufnus

Mitglied
Hey Tula und Béla!
Da freu ich mich sehr, dass Euch die Luniade gemundet hat! Vielen Dank fürs Gefallenhabenkundtun! :)
Ich bin ganz bei Dir, Tula, dass die immerwährenden Monddichtungsmotivation irgend in der Conditio poetae ziemlich fest verankert sein muss... gibt da wahrscheinlich ein Monddichtungsgen, das mit dem allgemeinen Lyrikgen vermutlich eine Kopplungsgruppe bildet. Die älteste überlieferte Dichterin überhaupt begegnet uns zwar mit Gesängen an die Göttin Inanna, die mit dem Morgen/Abendstern, der Venus, asoziiert wurde, aber die Dichterin selbst, Enheduanna, war ein Priesterin des... Mondgottes. Keine weiteren Fragen also zur Dichtkonstante der Mondlyrik.
Und auch Dir, lieber Béla, stimme ich vollumfänglich zu, solche schnellen "Überkommungen" sind ein Geschenk. Vielleicht hat ja die alte (Ausdruck ehrfürchtiger Höchstschätzung) Enheduanna im Hintergrund gutmütig-vermittelnd ein Inspirationsscherflein hergeschenkt. :)
LG!
S.
 

fee_reloaded

Mitglied
Lange Rede kurzer Sinn @fee_reloaded : Du hast vollkommen recht, dass die letzte Strophe die beiden vorangehenden deutlich überstrahlt, ich glaube aber aus Gründen der Statik "braucht" (großes Wort) "man" (wer?!) alle drei Strophen.
Nach ein paar weiteren Lesedurchgängen und etwas Sacken-Lassen bin ich auch dieser Meinung, sufnus!

"Man" hat dann definitiv ein schönes, komplettes Gedicht mit Steigerung. Die letzte Strophe für sich allein würde etwas Anderes bzw. Offeneres erzählen. Aber darum geht's im konkreten Text eben nicht.

Wieder gerne gelesen!

LG,
fee
 

sufnus

Mitglied
Hey Fee!
Freut mich wirklich sehr, dass Du dem Mond Deine wiederholte Zeit geschenkt hast. Wie sagt man "das weiß ich sehr zu würdigen" so, dass es genauso zugewandt klingt, wie es gemeint ist? Wahrscheinlich benutzt "man" dafür ein einfaches: Danke! <3 ... aber das ist irgendwie schon arg kurz...
LG!
S.
 

Galadriel

Mitglied
Lieber sufnus
Ich finde etwas Rüschen am Röckchen und zart rosane Bäckchen hätten Luna gut gestanden. Aber mit Mondgedichten kriegst mich fast immer.
Lg
 

sufnus

Mitglied
Ja, liebe Fee: Zu kurz kann ein Danke eigentlich nicht sein (und wahrscheinlich auch nur in seltenen Fällen zu lang). :)
Und, Dir, liebe Galadriel, insofern ein ebenso kurzes wie herzherrührendes: Danke! :)
LG!
S.
 
Grüße @sufnus,


Ein durchaus interessantes Werk, das ich momentan lese, ist von Jim Palmenstein: "Leuchtfeuer im Kupfer der Dämmerung".
In diesem umfangreichen Band existieren Werke mit similärem Klang. Die Lyrik scheint sich jedoch derzeit wieder zu einer leichteren Sprache hinzubewegen, die einerseits zunehmend femininer wird und andererseits metaphernleichter sein möchte.
Dein Gedicht schafft den Spagat zwischen beidem jedoch sehr gut. Also methorphorisch gewichtig und metaphorisch schächtig(er).
Die Sprache ist leicht und präzise umgesetzt und trotzdem hebt es sich von der eher allgemeinen lyrischen Trivia ab.
Toll!

"Spoilert er noch jedes Geheimnis" ist mein Favorit. There is nothin to spoil.

lg Michael
 

sufnus

Mitglied
Hey Michael,
vielen Dank für Deinen lobenden Kommentar - Jim Palmenstein war mir bis jetzt echt noch kein Begriff - lieben Dank also auch für Deinen Tipp, da lese ich gerne mal rein. :)
Aber was meinst Du mit "femininer Sprache" in der Lyrik? Die Vorstellung, dass es eine spezifisch "weibliche Sprache" in der Literatur im Allgemeinen und in der Lyrik im Besonderen gibt, ist ja tatsächlich ziemlich alt; aber wenn ich aktuelle Lyrikerinnen mit aktuellen männlichen Pendants vergleiche, tue ich mir schwer, da einen unterschiedlichen Sound herauszuhören. Ja... es gibt das Elspaß-Gedicht, in dem eine Menstruation vorkommt, das hätte ein männlicher Autor vermutlich so nicht geschrieben... aber daraus kann ich noch keine so rechte allgemeine "Sound-Regel" ableiten.
Es gibt ja die - auch schon etwas ältere - Reich-Ranicki-Anthologie mit Gedichten von deutschsprachigen Autorinnen mit dem Titel "Frauen dichten anders". Reich-Ranicki postuliert da, in Reproduktion der überlieferten Geschlechterstereotype, dass Frauen "gefühlvoller" (irrationaler!) dichten als Männer. Ich halte das eher für Blödsinn und im Großen und Ganzen für eine Projektion auf der Basis von Vorstellungen des "typisch Weiblichen".
LG!
S.
 
es gibt das Elspaß-Gedicht, in dem eine Menstruation vorkommt, das hätte ein männlicher Autor vermutlich so nicht geschrieben...
Wieso denn nicht? Es ist nur ein Wort! Ich wünschte, mehr Männer hätten den Mut!

Meine kühne Beobachtung rührt von dem derzeitigen Konflikt, der von der Interna des HKW-Literaturpreises ausgeht.
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-...3sXAO9mrXI9wn8LUOyI80NvnPOdulW_U6FBfR8nLlM_Ev

Vielleicht kam es dir bereits zu Ohren, zwei Insider (die dir aus den Medien und aus der Lyrik bekannt sein sollten), "packten" aus. Danach entbrannte in den sozialen Medien eine heiße Diskussion. Politik (primär isreal/gaza), das Geschlecht, Rollenverteilung usw usf.

Meine Beobachtung erkläre ich wie folgt: Frauen sind ja Meister der Kommunikation auf der Beziehungsebene. Und die Kommunikation auf dieser Ebene ist nicht nur sehr emotional, sondern auch einfach. Durchblättere ich Verlage nach Autoren, dann habe ich das Gefühl, dass die Männer zunehmend aus der Lyrik verschwinden. Durchblättere ich aktuelle Lyrikbände, so habe ich das Gefühl, dass damit einhergehend metaphorisches Gewicht abnimmt. Wie ich finde, grenzt es teilweise an Trivialität (das ist allerdings unabhängig vom Geschlecht!). Früher waren "alte weiße Männer" die lyrische Elite. Vielleicht hat sich das in 2024 ja verändert. Auch hier bitte: Das ist nicht als destruktive Wertung gemeint! Es ist eine neutrale Beobachtung meinerseits. :)

Ja, die Aussage ist gewagt, aber, und das ist wichtig, ist es lediglich nur meine Beobachtung, lieber sufnus.
Und diese Beobachtung kann gemessen an der "Realität" vollkommen daneben liegen.

Allerdings sollte das keine Kritik gegenüber deines Werkes sein. :) Betrachte es bitte nicht als Abwertung.

lg Michael
 
Zuletzt bearbeitet:

Johnson

Mitglied
Wieso denn nicht? Es ist nur ein Wort! Ich wünschte, mehr Männer hätten den Mut!

Meine kühne Beobachtung rührt von dem derzeitigen Konflikt, der von der Interna des HKW-Literaturpreises ausgeht.
Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-...3sXAO9mrXI9wn8LUOyI80NvnPOdulW_U6FBfR8nLlM_Ev

Vielleicht kam es dir bereits zu Ohren, zwei Insider (die dir aus den Medien und aus der Lyrik bekannt sein sollten), "packten" aus. Danach entbrannte in den sozialen Medien eine heiße Diskussion. Politik (primär isreal/gaza), das Geschlecht, Rollenverteilung usw usf.

Meine Beobachtung erkläre ich wie folgt: Frauen sind ja Meister der Kommunikation auf der Beziehungsebene. Und die Kommunikation auf dieser Ebene ist nicht nur sehr emotional, sondern auch einfach. Durchblättere ich Verlage nach Autoren, dann habe ich das Gefühl, dass die Männer zunehmend aus der Lyrik verschwinden. Durchblättere ich aktuelle Lyrikbände, so habe ich das Gefühl, dass damit einhergehend metaphorisches Gewicht abnimmt. Wie ich finde, grenzt es teilweise an Trivialität (das ist allerdings unabhängig vom Geschlecht!). Früher waren "alte weiße Männer" die lyrische Elite. Vielleicht hat sich das in 2024 ja verändert. Auch hier bitte: Das ist nicht als destruktive Wertung gemeint! Es ist eine neutrale Beobachtung meinerseits. :)

Ja, die Aussage ist gewagt, aber, und das ist wichtig, ist es lediglich nur meine Beobachtung, lieber sufnus.
Und diese Beobachtung kann gemessen an der "Realität" vollkommen daneben liegen.

Allerdings sollte das keine Kritik gegenüber deines Werkes sein. :) Betrachte es bitte nicht als Abwertung.

lg Michael
Das klingt verdächtig nach dem verehrten eV, aka Surrus aka Chlorwiese. Herzlich Willkommen zurück Michael
 



 
Oben Unten