Monsun (Sonett)

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Monsun

Schwer ist der Morgen, schwül, ozongeladen.
Am Mittag schwitzt ein Brodem aus der Küche.
Fern donnert’s und es schwimmen Fischgerüche
unruhig hin vor den Betonfassaden.

Die Front zieht auf. Schon bläht sich schaurig träge
der Wolken Bauch. Der Horizont verengert.
Da platzt die Masse und monsungeschwängert
gebiert sie prasselnd ihre Niederschläge.

Am Abend reißt es auf und leichte Winde
durchstreichen katzengleich die Promenade.
Der Ozean beschwappt die Wolkenkratzer.

Es rülpst ein Radio, und seicht, gelinde
hüpft ein Gekichere durch die Arkade.
Umschlungenen entschlüpfen Liebesschmatzer.


 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Rolf-Peter,

das ist sehr stimmungsvoll und gefällt mir. Die drei ersten Strophen sind auch wie aus einem Guss, aber in der vierten ändert sich die Sprache als sei es der 'Pointe' geschuldet - was sie für mich eher kleiner macht. Das 'rülpst', das 'gelinde', das Gekichere', da flacht das Bild ab. Vielleicht würde das krächzende Radio schon das Gröbste beheben, ich sehe schon, dass für 'Winde' kein leichter Reim zu finden ist ... Ich persönlich finde immer, dass Reime in Gedichten nur schön sind, wenn sie perfekt sitzen (was natürlich eines Meisters bedarf, der wir alle nicht sind ;-)) Ich glaube nur, dass die LIebesschmatzer überzeugender wären, wenn sie sich nicht auf Wolkenkratzer reimen sollten. Wenn es um die Stimmung geht, dann ist sie wichtiger als die Form - aber das ist natürlich nur meine Meinung. Ich kenne das auch, wenn man einmal anfängt mit dem Reimen, ist es um einen geschehen :) - und es droht die Gefahr, dass der Reim vor den Inhalt gerät ... aber vielleicht sehen das ja andere Leser anders.
Liebe Grüße
Petra
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Rolf-Peter,

das Gedicht wirkt noch besser, in Deinem Vortrag auf YouTube. - Aber das ist ja auch vollkommen normal, denn in der Rezitation wird mehr vom Gedanken klar.
Dennoch erfreue ich mich an dieser Wiederbegegnung, nachdem vor Jahren der Typist den Hofnarren in Deinen Neo-Faust einschleuste ...

Gern gelesen.

Beste Grüße,
Steffen
 
Liebe Petra,

herzlichen Dank fuer das Feedback und viele Lie Wolkenkratzer dafuer! Die letzte Strophe ist in der Tat eine verflachende [Reim] Parodie der dritten. Das Menschenleben in unseren "Monsun Metropolen" [Hongkong, Taipei, Manila, etc.] wirkt aber auch manchmal wie eine Parodie auf das Wetter. Aber die letzte Stophe sollte eigentlich nicht nur Parodie sein:. Der "Fruchtbarkeits" Zyklus, der "schwuel" beginnt, sich ueber "Brodem" und "Fischgerueche" zum "[Wolken]bauch" aufblaeht, dann "[monsun]geschwaengert" platzt, setzt sich fort im "Ozean" der die "Wolkenkratzer" "beschwappt" und dann, analog, in den "Umschlungenen" die sich mit Liebesschmatzern beschwappen. Dies "befruchtet" dann den naechsten "Monsuntag", in dem es wieder von vorn anfaengt. Wie hier nun tatsaechlich viele Monate lang fast jeder Tag ein Gewittertag ist. Mal fuehle ich mich wie in einem Froschtuempel und manchmal wie in einem gewaltigen Naturschauspiel -- die Froesche wachsen an zu Blitz und Donner und schrumpfen dann wieder in's Froschige zurueck. [...aber vielleicht sind ja hier auch nur meine Metaphern und Reime in's Froschige zurueckgeschrumpft... o_O]

Liebe Gruesse,
Rolf-Peter
 
Hallo Steffen,

wirklich? Du warst der mephistophelische Hofnarr? Ich entsinne mich sehr gut. Das waren natuerlich die "good old days"!

Lange habe ich gar nichts mehr gepostet. Ich suchte die "Lyrikecke" und -- mein Gott, wo ist sie? Auch in der Leselupe war ich ein paar Jaehrchen nicht aktiv. Ich suchte meinen letzten Beitrag und fiel in Ohnmacht: ...2009... Na ja, jetzt bin ich pensioniert und habe hoffentlich Zeit.

Liebe Gruesse,
Rolf-Peter
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Rolf-Peter,

(Der Narr lugt ums Eck, die Schellen bellen)

Fürwahr, fürwahr, ich bin erkannt,
ganz gleich, wie ich davongerannt.
Rolf-Peters Kasperhorizont hat mich umschlossen
wie gewohnt...

... lacht Steffen.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Rolf-Peter,

verstehe. Ich hätte nicht gedacht, dass der Monsun so wörtlich zu nehmen ist.
Ok. Das gibt dem eine andere Note des 'Tröpfelns' der Gehirnwindungen durch Feuchtigkeit und Elektrizität. WoW!. (Wär jetzt nicht so meins, ich leide schon unter dem Sommerchen hier ...)
Wenn man das alles mitliest, kommt es (noch) besser :)

LIebe Grüße
Petra
 
G

Gelöschtes Mitglied 26106

Gast
Monsun

Schwer ist der Morgen, schwül, ozongeladen.
Am Mittag schwitzt ein Brodem aus der Küche.
Fern donnert’s und es schwimmen Fischgerüche
unruhig hin vor den Betonfassaden.

Die Front zieht auf. Schon bläht sich schaurig träge
der Wolken Bauch. Der Horizont verengert.
Da platzt die Masse und monsungeschwängert
gebiert sie prasselnd ihre Niederschläge.

Am Abend reißt es auf und leichte Winde
durchstreichen katzengleich die Promenade.
Der Ozean beschwappt die Wolkenkratzer.

Es rülpst ein Radio, und seicht, gelinde
hüpft ein Gekichere durch die Arkade.
Umschlungenen entschlüpfen Liebesschmatzer.



psalm 1 & 2 - danach ist rolf peter wille nicht mehr selbst.
 



 
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