Peter the Head
Mitglied
Kapitel 5
„Also erzähl mir noch mal, wie der Mord geschehen ist.“, sage ich zu Max. Er sitzt mir etwas gelangweilt gegenüber auf der Steinbank im Garten., weil ich ihn nun schon zum zweiten Mal wegen dem Mord an Charlotte löchere.
„Warum denn noch mal? Ich habe dir doch schon alles erzählt, was ich weiß, Kevin.“, antwortet er.
„Vielleicht haben wir was übersehen.“
„Warum musst du denn unbedingt den Mörder jagen. Am Ende will er noch dich umlegen.“
„Das Risiko gehe ich ein. Immerhin ist das doch auch interessant und jetzt fang an.“, beende ich die Diskussion im leicht Befehlsmäßigen Ton.
„Von mir aus. Es soll unten am Fluss geschehen sein. Einige aus ihrer Clique sind mit gewesen, aber die sind nach einiger Zeit wieder gegangen und Charlotte blieb alleine zurück. Deshalb ist der Kreis der Verdächtigen ja ziemlich groß.“
„Wahrscheinlich. Aber vielleicht ist ja noch jemand mit ihr zurückgeblieben. Wir sollten die Leute aus ihrer Clique mal befragen.“, schlug ich vor.
„Wir? Ich mach da nicht mit.“, entgegnete Max. „Außerdem haben sicher einige aus unserem Kurs kein Alibi, weil die doch die Gegend erkundet haben , die könnten sich doch auch in der Nähe gewesen sein und die Gelegenheit genutzt haben.“, erwiderte er.
Das stimmt, da muss ich ihm Recht geben. Bis auf die Kochgruppe waren doch alle irgendwo unterwegs. Die Befragung kann ich abblasen. Trotzdem muss irgendjemand ein Motiv gehabt haben.
Während ich noch glasig in die Gegend starre, hat sich Max seinen Discman aufgesetzt und übt mit zwei Stöcken, die auf dem Boden lagen, wieder Schlagzeugspielen. Sieht schon lustig aus, wie er mit zwei krummen, dünnen Stöckchen geistesabwesend auf seinen Beinen rumschlägt.
Nach einiger Zeit kommt Dominik zu uns. Erst mal sieht er etwas verwirrt auf Max, der immer noch im Takt der Musik auf seinen Beinen und in der Luft rumschlägt, um irgendwelche imaginären Pauken und Becken zu bearbeiten. Dann fasst er sich etwas und sagt zu mir: „Musiker, komisches Völkchen.“
„Fußballer, noch komischeres Völkchen.“, gebe ich zurück und spiele damit auf seine Fußballleidenschaft an.
„Rate mal, was gerade bei Franziska und Jonas gelaufen ist.“, sagt Dominik, während er sich hinsetzt.
„Das will ich nicht unbedingt wissen.“, antworte ich.
„Nicht das was du meinst. Die beiden haben sich total gestritten. Warum weiß ich allerdings nicht. Ich konnte nicht so lange mithören und hinterher hat Johanna mir nicht wirklich viel erzählt. Sie war ziemlich ausweichend.“, erzählt er mir.
„Das ist ja wirklich interessant. Das ist doch die Clique von Charlotte. Ob da ein Zusammenhang besteht?“, sage ich mehr zu mir als zu Dominik. Sofort bin ich wieder abwesend und starre auf die Schuhe von Max, die sich auch im Takt bewegen.
„Was hat denn der?“, will Dominik von Max wissen. Der schaut auf und zieht sich die Kopfhörer aus den Ohren und fragt: „Bitte, was hast du gesagt?“
„Ich habe dich gefragt was mit dem los ist?“, dabei deutet er mit dem Daumen auf mich.
„Achso, der spielt Sherlock Holmes und versucht den Mörder zu finden.“, klärt er Dominik auf.
„Oder die Mörderin! Es fällt mir wie Schuppen von den Augen.“, rufe ich enthusiastisch, „Charlotte war bei jedem im Kurs beliebt. Bei fast jedem, nur Franziska machte mir immer wieder den Eindruck sie sei neidisch oder anderweitig böse auf sie. Sie hat also ein Motiv.“
„Klingt logisch. Ihr würde ich es zutrauen. Aber Ann-Sofie war auch neidisch auf Charlotte.“, gibt mir Dominik zu denken.
„Auch richtig. Ich glaube ich werfe mal ein Auge auf die beiden, kann doch nicht so schwer werden. Die hängen doch sowieso überall zusammen rum.“, sage ich wieder mehr zu mir selber als zu den anderen beiden.
Dann stehe ich auf und gehe ins Haus.
Kapitel 6
Es ist jetzt 6.55 Uhr. Schon seit drei Stunden kämpft mein Verstand gegen die Zeiger des Weckers. Etwa im Viertelstundentakt gewinnen dabei die Zeiger, indem sie meinen Verstand dadurch in den Wahnsinn treiben, dass sie weitergerannt sind. Die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Alle auf meinem Zimmer schlafen, wie eigentlich jeden Morgen um diese Zeit. Ich muss schlafen, sonst werde ich erstens morgen total zerknautscht aussehen und zweitens mental gar nicht fit sein. Aber bei dem verdammten Schnarchen unter mir, das scheint als sei es taktvoll abgestimmt auf das Knatschen dieses überaus unbequemen Holzbettes, kann ich ja nur kapitulieren und auf den Tag hoffen. Und wieder dieses grausame Schnarchen meines Zimmerpartners unter mir, dass mir noch den letzten Nerv rauben wird. Dabei kann ein Mensch mit halbwegs normaler Intelligenz doch nicht denken, geschweige denn Schlafen. Jetzt sogar noch lauter und in kurzen Intervallen, als solle eine Symphonie geschrieben werden. Meinen anderen Zimmerpartnern fällt das natürlich gar nicht auf, die bemerken so etwas erst gar nicht.
Ich kann von hier oben jedes Gesicht ganz genau beobachten. Der Mond scheint, als fordere er mich gerade zu heraus, einen Blick auf die anderen beiden Hochbetten zu werfen. Da liegen sie, beide auf meiner Höhe und mit dem Gesicht zu mir. Die Nasen beider sind leicht verformt, wobei der einen sogar eine Art Höcker aufgesetzt zu sein scheint. Oder ein Knorpel. Auf jeden Fall hässlich. Eine Hand hängt über dem Geländer des Hochbettes. Die Münder verbogen, schlaff – eigentlich ein lächerlicher Anblick – lächerliche Kreaturen.
Die beiden unten Liegenden kann ich sogar noch besser sehen. Die eine kann ich nur von hinten beobachten, die ihre Decke anscheinend in der Nacht auf den Boden weggestrampelt hat – wie ein kleines, dummes Kind. Die Haare verwuschelt, ungekämmt und eigentlich insgesamt ziemlich ungepflegt. Aber die andere unten Liegende – ganz ihrem sozialen Rang gleich – ist auch nicht besser. Am auffälligsten an ihr ist die kleine Speckrolle, die aus der Boxershorts herausquillt – ein nicht sehr ästhetischer Anblick. Der eine Fuß nackt, der andere in einer weißen Socke. Die Diddle Maus festgehalten in ihrer Hand, absolut kindisch. Meine Mutter konnte mich von so einem Kinderkram nicht einmal als Zwölfjährige überzeugen. Wirklich peinlich, eine Volljährige, die eine Diddle Maus in ihren Armen festhält. Jetzt beginnt das Schnarchkonzert auch noch von vorne, das kann doch nicht wahr sein. Dieses Schnarchen ist wie eine Alarmuhr eingestellt, die mich alle 30 Sekunden von Neuem zu erschrecken vermag. Ein grausames Schnarchen – viel grausamer als mein Wecker, der mich normalerweise jeden Morgen um Punkt 7.00 Uhr aus dem Schlaf reißt, damit ich den Tag bestmöglich nutze und keine einzige Sekunde durch nutlose Tätigkeiten verschwende.
Aber das scheint hier auf diesem Zimmer wohl keinen zu stören. Weder die zerknautschten Nasen, noch die verbogenen Münder und auch nicht den heraus quellenden Speckbauch scheint das in irgendeiner Weise zu stören! Es ist einfach unfassbar. Fast so unfassbar, wie die Tatsache, dass diese verlogenen Biester morgen wieder den ganzen Tag lang quietschfidel verbringen werden und sich dabei keineswegs den Mord an unserer Klassenkameradin Charlotte anmerken lassen werden. Gewiss, wir sind gestern Abend alle wegen der Aufregung erst spät schlafen gegangen und der ein oder andere war noch lange wach. Aber trotzdem – mir lässt der Mord keine Ruhe. Es kann gar nicht genug darüber nachgedacht werden. Franziska muss einfach die Mörderin sein. Ich frage mich, wieso das so wenige in Erwägung ziehen. Sie ist schließlich noch mal zum Tatort zurückgekehrt, nachdem ich dort war. Das ist verdächtig. Vor allem, weil sie alleine zurückgelaufen ist. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass Franziska einige Motive hätte. Franziska, die Zicke und neidisch auf jede Konkurrentin bezüglich Männern, ist doch eine Intrigantin. Sie würde einiges tun, um gesetzte Ziele zu erreichen – egoistisch, berechnend und hinterhältig. Gerade Charlotte, als Teil ihrer Clique, stellte für Franziska eine echte Gefahr dar. Und wer Franziska schon ein paar Jahre kennt, der weiß, dass es in ihrem Leben nur auf eines ankommt, nämlich Männer. Charlotte lockte immer so manchen Mann an sich, der ursprünglich an Franziska interessiert schien. Durch ihr von Männern als sehr süß empfundenes Lächeln schaffte sie es eigentlich immer, wenn auch unbewusst, diese anzuziehen.
Ich muss hier langsam raus. 7.15 Uhr - hoffentlich habe ich heute Morgen zumindest auf dem Badezimmer meine Ruhe. Ich steige die Treppe in Richtung Boden hinunter und immer noch verfolgen mich diese Geräusche. Das Quietschen des Bettes durchdröhnt das gesamte Zimmer. Ich höre ein leises Murmeln, das jedoch direkt wieder schwindet. Unglaublich. Ich brauche eine ganz, ganz heiße Dusche.
Kapitel 7
„Hat jemand mein Handy gesehen?“ rufe ich, bekomme aber keine Antwort. Nach längerem Suchen finde ich es endlich unter meiner Bettdecke. Die anderen sind schon aus dem Haus und laufen in Richtung Bushaltestelle. Ich schnappe schnell mein Geld und renne den anderen hinterher. Ich muss mich beeilen, um den Bus nicht zu verpassen.
In der Stadt angekommen, trennen wir uns und erkunden in Gruppen die Umgebung. Als erstes fallen mir die großen, eindrucksvollen Häuser mit ihren prunkvollen Außenfassaden auf. Dieser ältere Baustil gefällt mir. Auf dem Weg in die Innenstadt begegnen uns zahlreiche Menschen, nicht nur Einheimische, sondern auch ausländische Touristengruppen mit ihren Kameras. Genau wie ich wollen sie die Atmosphäre von Heidelberg mit ihren Aufnahmen einfangen. Durch die sich schnell verändernden Eindrücke wirkt das Leben in Heidelberg aber auch stressig. Menschen hetzen durch die Straßen, um so ihren Alltag zu bewältigen. In der Einkaufsstraße angekommen, befasst sich unsere Gruppe mit den dort gegebenen Möglichkeiten Geld auszugeben. Nach einiger Zeit sehe ich Marc alleine vor einem Geschäft stehen. Ich denke, es ist ein Tabakladen, aber sicher bin ich mir nicht. Mir fallen sofort Marcs verletzende Worte von letzter Woche wieder ein, als er mir den Vorwurf machte, keine eigene Meinung zu haben, was überhaupt nicht der Wahrheit entspricht. Die Wut kommt wieder in mir hoch, noch heftiger als ich es geahnt habe. Ich sage zu den anderen, dass ich noch etwas zu erledigen habe und wir uns später hier wieder treffen sollten. Dann gehe ich langsam auf Marc zu. Er sieht mich schon von Weitem und wirft mir einen genervten Blick zu. Die Überheblichkeit, mit der er mich behandelt, ist nicht zu ertragen. Ich versuche, mich zu beruhigen und spreche ihn dann an. Ich frage ihn, ob wir kurz reden können. Nach kurzem Zögern geht er widerwillig mit mir in eine Seitengasse, um dem Trubel zu entgehen und um Ruhe für das Gespräch zu finden. Die plötzliche Stille ist ungewohnt und es ist im Gegensatz zur Hauptstraße richtig unheimlich. Es ist kühl und dunkel. Aber ich kann diese Atmosphäre nicht lange auf mich wirken lassen, denn Marc fragt schon gelangweilt, was los sei. Ich spreche ihn auf seine Gemeinheit an. Auf meine Frage, warum er mich so schlecht behandelt, antwortet er nur mit einem höhnischen Lachen. Dieses Lachen und sein arroganter Blick sagen alles. Und wieder kommt diese bekannte Wut in mir hoch. Ich beginne zu zittern und mir wird trotz der Kühle in der Seitengasse heiß. Ich greife in meine Tasche. Schweißperlen laufen über Marcs Stirn und seine aufgerissenen Augen sind voller Panik. Sein sonst so braun gebranntes Gesicht erscheint plötzlich blass, als er sieht, was ich in der rechten Hand halte. Mit einem Gefühl von Genugtuung führe ich die Tat aus. Es ist befreiend, die ganzen schlechten Gefühle auf einmal loszuwerden. Damit habe ich nicht gerechnet. Die Wut ist verschwunden. Ich sehe noch einmal auf ihn und lasse ihn dann zurück in dieser dunklen Gasse, abgelegen von der restlichen Welt.
Um den Mord zu vertuschen, gehe ich schnell zu den anderen aus meiner Gruppe zurück. Ich habe Glück, denn niemand fragt danach, was ich getan habe und wo ich war. Zusammen gehen wir weiter und unterhalten uns über belanglose Themen. Ich muss noch lange an meine Tat denken. Aber nie habe ich das Gefühl von Reue.
Kapitel 8
Sie rempelt mich von hinten an. „Hey! Hast du keine Augen im Kopf?“
Johanna dreht ihren Kopf flüchtig zu mir um. Dann steuert sie auf einen Wühltisch zu. In diesem Klamottenladen gib es unzählige davon.
Nicht zu glauben! Was denkt sie, wer sie ist! Im Gegensatz zu ihr bin ich jemand, den man nicht so schnell übersehen darf, ich trete an sie heran, an diesen billigen Wühltisch. „Hey! Wo bleibt die Entschuldigung?“ Keine Reaktion. „Ich rede mit dir!“ „Wieso? Was hast du denn?“ Du hast mich soeben fast über den Haufen gerannt!“ „Wirklich?“ Nicht zu glauben! Soll das etwa ihre Entschuldigung sein? Bei dem Anblick meines – wie ich mir nur zu gut vorstellen kann – wutverzehrten Gesichtes, erweichen ihre Gesichtszüge. „Ja … ich bin eben nicht so ganz bei der Sache. Du weißt schon … gestern … Charlotte …“ Jetzt textet sie mich auch noch mit ihren Problemchen voll: „Ja…kann man nun mal nichts machen…“
Beim Versuch mich unauffällig in eine andere Ecke des Ladens zu begeben, fängt sie erneut mit diesem leidigen Thema an: „Nimmt dich das denn gar nicht mit?! Gerade Charlotte, sie ist ein unkompliziertes, aufrichtiges Mädchen, dass sogar manchmal richtig schüchtern sein kann. Sie war doch bei mir in der Clique und immer darum bemüht, dass sich alle verstehen.“
Ja, ja, Johanna hat eigentlich recht damit. Auch an mir ist es nicht spurlos vorbei gegangen. „Johanna, versteh’ doch, ich hab jetzt echt keinen Nerv mit dir darüber zu reden. Es ist schlimm genug, aber dran ändern können wir auch Nichts mehr.“ Ich hab versucht ihr zu sagen, dass ich nicht mit ihr reden will und dennoch scheint sie eingeschnappt zu sein. Geht einfach wortlos aus dem Geschäft.
Kapitel 9
„Und? Irgendetwas neues in Sachen Mord?“, kommt es plötzlich von hinten. Ich drehe mich im Bett mühsam um und sehe Philipp im Türrahmen stehen. „Schon Zeit zum Schlafengehen?“, fragt er grinsend. „Ich habe nur etwas Musik gehört um mich etwas abzulenken von dem Mord an Marc. Wie wäre es wenn du reinkommen würdest, anstatt nur in der Tür rumzustehen und zu grinsen?“, antworte ich leicht genervt.
„Schon gut, also, hast du irgendwas neues herausgefunden? Die werden da draußen langsam nervös und misstrauisch.“
Philipp setzt sich auf das gegenüber liegende Hochbett und stößt sich beim Hinsetzen fast den Hinterkopf an. Er bemerkt allerdings früh genug sein drohendes Missgeschick und bleibt vorübergeneigt sitzen.
„Nicht wirklich viel. Ich bezweifele, dass Franziska und Ann-Sofie was mit der Sache zu tun haben. Ich kann nicht mal irgendwelche Leute als potenzielle Mörder ausschließen, da jeder irgendwann mal von seiner Gruppe getrennt war und alleine durch die Gegend lief. Zumindest war das so mit denen ich gesprochen habe. Bei Franziska und Ann-Sofie war die Ganze Zeit über Johanna dabei. Außerdem kamen und gingen andere aus anderen Gruppen, die sie mal kurz getroffen hatten.“ Noch während ich spreche, spüre ich leichte Verzweiflung in mir aufsteigen. Ich bin praktisch wieder am Anfang. Der Mörder könnte einfach wieder zuschlagen. Dabei war ich zu Beginn doch so enthusiastisch den Mörder schnell zu finden. Für mich kamen einfach keine anderen Personen in Frage als Franziska oder Ann-Sofie. Doch die haben mit Marc nicht viel zu tun und so kein Motiv, falls der Mörder überhaupt eines braucht.
Mit enttäuschtem Tonfall frage ich Philipp, welcher Zusammenhang zwischen Charlotte und Marc bestehen könnte.
„Ehrlichehrmaßen sehe ich da keinen. Die hatte doch nichts miteinander zu tun.“
„Genau. Ich sehe auch keinen. Damit stecken wir schon wieder in einer Sackgasse. Ohne ein Motiv oder eine Verbindung sehe ich keinen Weg mehr außer Abwarten.“
„Warum >Wir<?“, sieht Philipp mich leicht verdutzt an, „Das ganze war von Anfang deine Sache. Ich will damit nichts zu tun haben. Ich habe meine eigenen Probleme.“
„Jaja, das kann schnell genug dein Problem werden, aber egal.“, antworte ich.
„Gibt es sonst irgendetwas Neues?“
„Johanna hat mich heute echt wieder aufgeregt. Die kann man echt nicht lange am Kopf aushalten. Mitten in einem großen Geschäft stößt sie mich an und geht weiter, als wäre nichts gewesen. Nicht mal entschuldigt hat die sich. Dann, als ich sie darauf anspreche, beginnt sie damit über Charlotte zu reden. Nur ich hatte keinen Nerv mit ihr darüber zu sprechen und schon war sie eingeschnappt und ist abgehauen.
Die versteht sowieso keiner, da brauche ich das ja auch nicht zu versuchen.“
„Ich habe Durst, gehst du mit runter was trinken?“, frage ich Philipp.
„Von mir aus.“
Betrübt, beziehungsweise wütend, gehen wir aus dem Zimmer und die Treppe runter Richtung Küche.
Kapitel 10
Liebes Tagebuch!
Ich bin total verzweifelt. Diese Kursfahrt nach Heidelberg sollte etwas ganz Besonderes werden. Ich habe mich schon Wochen vorher darauf gefreut, mit meinem Freund Marc und Annabelle, meiner besten Freundin, wegzufahren. Wir haben uns ausgemalt, was wir unternehmen wollen, alles sollte so toll werden. Und es fing auch gut an. Die Busfahrt war super, wir hatten sehr viel Spaß. Auch das Haus ist ganz in Ordnung. Das sagt sogar Annabelle. Wir haben uns natürlich ein Zimmer zusammen genommen. Leider gehört Sybille auch dazu. Ich kann sie nicht leiden. Aber ich muss mich mit ihr abfinden.
Der ganze erste Tag verlief super.
Aber dann fing alles an. Wir bekamen die schreckliche Nachricht, dass eine Mitschülerin tot ist. Keiner kann es begreifen, denn es hat Charlotte getroffen. Sie war so unkompliziert und sympathisch. Aber es ist noch etwas viel Schlimmeres passiert. Ich kann es einfach nicht begreifen. Was soll ich bloß machen? Mein Marc ist nun auch tot. Er wurde heute ermordet. Ich verstehe nicht, warum es ihn getroffen hat. Er ist doch meine große Liebe, mein Ein und Alles. Der einzige Trost für mich ist die Freundschaft zu Annabelle. Zu ihr kann ich kommen, wenn ich Probleme habe. Und im Moment brauche ich jemanden, der einfach nur für mich da ist und mich in den Arm nimmt. Wer tut bloß so etwas? Er wurde kaltblütig in der Seitenstraße ermordet und keiner hat etwas mitbekommen, kein noch so kleiner Hinweis auf den Mörder. Was muss in einem Menschen vorgehen, jemanden so eiskalt zu ermorden? Er fehlt mir jetzt schon so sehr.
Kapitel 11
Welch wohltuende Befriedigung meiner inneren Unruhe. Lediglich der Klang der Kirchturmglocken stört meine innere Zufriedenheit. Doch auch dies kann mein neues Lebensgefühl, welches mir durch meine gestrige Tat gegeben wurde, nicht entreißen. Endlich ist eine weitere bedrückende Last von mir genommen und ich fühle mich befreit und wohl. Sogar mein Gewissen, das weitaus nicht dem eines „normalen“ Menschen ähnelt, scheint beruhigt. Jedoch fühle ich erneut den Drang nach einer weiteren Tat, die mein emotionales Gleichgewicht weiter stärken könnte.
Die Befreiung von einer Person, die oberflächlicher und arroganter nicht sein kann, als die der ich mich gestern entledigt habe, reicht bei weitem nicht aus. Ich muss meinen Plan zu Ende führen und dafür muss ich weiter über Leichen gehen.
Mein nächstes Opfer ist schon wohlweißlich ausgewählt. Wieder jemand, der nach Schönheit und Ansehen bestrebt ist. Diese Person hat es nicht verdient länger unter uns zu weilen. Sie ist genau so arrogant wie dieser Marc und sie bekommt alles was sie haben will, aber damit ist jetzt Schluss! Ich werde sein, ach so schönes Leben beenden, damit ich endlich bekomme was mir zusteht und damit ich meine innere Zufriedenheit weiter erhalten kann.
Dass mir jemals die Möglichkeit gegeben worden ist, all meine Gedanken in die Realität umzusetzen, das ist unglaublich. Ich kann meine Taten für meine Worte sprechen lassen. Alle werden es am Ende erfahren, oder zumindest gezwungen sein, sich mit den Hintergründen meines Handelns auseinander zu setzten.
Meine Opfer werden alle für ihr anmaßendes Verhalten bestraft. Sie werden in diesen, jenen letzten Augenblicken wissen, weshalb es ihnen geschieht. Ihre Selbstüberschätzung wird sie ins Verderben stürzen.
Und heute wird es ein weiteres Opfer geben. Opfer? Nein, das kann man nicht sagen. Denn Opfer sind unschuldig, was diese Personen bei Weitem nicht sind. Man könnte sie alle als verurteilte Täter sehen und ich bin der Vollstrecker. Das trifft es eher. Verurteilt wegen Ignoranz, Arroganz und Selbstüberheblichkeit zum Schaden anderer. Denn sie alle verurteilen ohne Recht. Oder gibt es ein Recht des Beliebteren? Das wage ich zu bezweifeln. Es schützt sie jedenfalls nicht vor ihrer gerechten Strafe.
Eben diese gerechte Strafe ereilte gestern Marc. Es war reine Genugtuung. Sein Gesicht. So voller Angst und Gewissheit. Ein Genuss. Diesen Genuss werde ich heute bei meiner dritten Tat wohl wieder verspüren und es wird mir erneut Freude bereiten ihn, diesen typischen „Fußballgott“ mit seiner selbstgefälligen Art, zu betrafen.
Was hören denn meine verzückten Ohren? Mir scheint, als hätte ich soeben seine Stimme vernommen. Herrlich! Dann ist es ja Zeit sich unauffällig an seine Fersen zu heften, um den passenden Augenblick für das gerechte Urteil zu erhaschen. Jetzt aber rasch aus den Federn und an die Arbeit, die Gerechtigkeit bedeutet.
Kapitel 12
Mittwochmorgen, 8:30 Uhr, der Speiseraum füllt sich allmählich, aus der Küche kommt ein gut riechender Kaffeeduft. Die Mitglieder des Kurses treten mehr oder weniger munter in den Saal ein und sammeln sich an dem großen Tisch, der sich aus sechs kleineren zusammensetzt. Bei diesem Frühstück fehlt es an nichts, ob Kaffee oder Tee, Aufschnitt oder Frischkäse, Marmelade oder Nutella. Trotz dieser großen Auswahl und des guten Wetters ist die Stimmung jedoch bedrückt. Besonders Sebastian und Jürgen haben unter der Situation zu leiden…
Nach kurzem Überblicken des Tisches wird sofort klar, dass sie wieder mal vergessen wurden. Ohne lange zu überlegen nehmen sie sich das Geschirr aus dem Schrank und setzen sich an einen Nebentisch. Auch der Lehrer scheint zu diesem Zustand bereits nichts mehr zu sagen zu haben. Er hat seine Versuche, eine Verbindung zwischen den Gruppen herzustellen, aufgegeben.
Schon der Anblick von Sebastian, der kerzengerade auf seinem Stuhl Platz genommen hat, und Jürgen, der lässig auf seinem umgedrehten Stuhl sitzt, zeigt, dass die beiden von Grund auf verschieden sind. Ihre Unterhaltung lässt erahnen, dass ihre Außenseiterrolle eher Grund ihrer Freundschaft ist als innere Verbundenheit.
Mit hoch erhobener Nase beginnt Jürgen über Charlottes Tod zu spekulieren: „Oh ganz schön ruhig hier, wenn mal keiner sein Geschirr auf den Boden schmeißt, oder? Darin war Charlotte ja besonders gut.“ Er bemerkt sofort, dass Sebastian bei dieser Bemerkung inne hält und sich fast an seinem Müsli verschluckt. Mit hochrotem Kopf prustet dieser zurück: „Halt du mal die Mund, du denkst doch sowieso immer nur an dich.“ Doch Jürgen lässt sich von seiner Wut nicht beeindrucken und stichelt weiter: „Hm, ist da vielleicht jemand etwas gereizt oder sogar verliebt?“ „Ach, was weißt du schon, du verwöhnter Dummkopf?“, schreit Sebastian und verlässt rasch den Raum.
Jürgen ist über das Ausmaß seiner Emotionalität verwundert, und schaut ihm etwas verdutzt hinterher, doch da ihm sein Nutellabrötchen wichtiger erscheint als Sebastians Seelenzustand, fährt er fort zu frühstücken.
Am Nebentisch unterhalten sich Franziska und Ann-Sofie angeregt über die Geschehnisse der letzten beiden Tage.
Franziska beginnt sich über ihren neuen Pullover zu beschweren: „Boah toll, gerade erst gekauft und schon hat er ein Loch. 100 Euro in den Sand gesetzt, die hätte ich lieber in neue Ohrringe investieren sollen.“ Ann-Sofie nickt verständnisvoll und widmet sich weiter ihrem Brötchen. Franziska schaut skeptisch auf Ann-Sofies Brötchen und faucht: „Haben wir nicht beschlossen, dass du Diät machst?“ Mit hochrotem Kopf legt Ann-Sofie schuldbewusst das Brötchen zur Seite und sagt: „Ich habe auch gar keinen Hunger mehr. Aber das mit deinem Pullover ist schon scheiße, besonders weil du ihn gerade neu hast.“ Franziska antwortet gelassen: „Besser einen trendy Pullover mit Loch als Klamotten ohne Stil.“ Ann-Sofie weiß, dass Franziska damit auf Charlotte und ihren Modegeschmack anspielt und entgegnet vorsichtig: „ Also eigentlich finde ich, dass Charlottes Klamotten…“ „Was?! Willst du etwa sagen, dass Charlotte in ihren Klamotten aus der Altkleidersammlung gut aussieht?“ Franziska mustert Ann-Sofie mit einem abwertenden Blick und sagt: „Aber dein Geschmack ist ja manchmal auch nicht so das Wahre.“ Ann-Sofie fühlt sich wieder einmal von Franziskas Bemerkung verletzt, aber traut sich nicht etwas darauf zu entgegnen. Stattdessen lächelt sie nur verlegen.
„Und dann noch diese dumme Sache mit Jonas.“, beginnt Franziska, „warum macht er da bloß so einen Terz raus, möchte ich mal wissen?“ „Er hat wohl sehr an Charlotte gehangen“, antwortet Ann-Sofie, „ich kann das auch verstehen, wenn er jetzt etwas durch den Wind ist.“ „Ja ja. Aber er beschuldigt mich des Mordes an ihr und die anderen glauben ihm auch noch. Der Mord an Marc hat das nur noch verstärkt, weil wir beide da zu zweit unterwegs waren. Leider glaubt uns ja keiner, weil Jonas überall diesen Schwachsinn rumerzählt, von dem was er ja auch schon auf dem Zimmer gesagt hat.“
Das war Jonas auf dem Zimmer sagte, hat Ann-Sofie tief verletzt, aber auch dazu gebracht nachzudenken, über ihre Beziehung zu Franziska. Auch wenn sie weiß oder zumindest fest glaubt, dass Franziska nicht die Mörderin ist, hat Jonas doch irgendwo recht. Einige Dinge stören sie schon sehr an Franziska, aber sie hat diese Dinge meist ignoriert, doch nun kann sie sie nicht mehr so leicht übersehen.
Franziska beendet das Frühstück und sagt: „Beeil dich, ich will wieder aufs Zimmer. Ich muss mich noch umziehen.“ Ann-Sofie schiebt den Teller mit ihrem angebissenen zweiten Brötchen noch weiter von sich und schaut ihm traurig nach. „Ich trinke noch eben meinen Saft auf und komme dann sofort nach.“, entgegnet Ann-Sofie und greift nach dem Glas.
Doch gerade als Franziska zu Tür raus ist, zieht sie wieder denn Teller zu sich und isst das letzte Brötchen auf.
Kapitel 13
„So ein Mist!“, denke ich. Jetzt habe ich die anderen verloren und stehe alleine in diesem Modegeschäft. Vorhin waren sie doch noch alle irgendwo um mich rum und jetzt kann ich keinen mehr entdecken.
„Und was jetzt, Kevin? – Ich habe keine Ahnung!“, sage ich leise zu mir. Verdammt, ich fange schon nach einer Minute Alleinsein an, Selbstgespräche zu führen. Das kann kein gutes Zeichen sein. Am besten ich gehe mal auf die Straße und suche da nach ihnen. Im Laden sind die bestimmt nicht mehr, da bin ich schon komplett durchgegangen.
Links und rechts sehe ich zwar ziemlich viele Menschen, auf der Haupteinkaufsstraße von Heidelberg, aber es sind nicht die darunter, die ich suche. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Ich schnappe mir meine Kamera aus dem Rucksack und schreite zurück zum Marktplatz.
Auf dem Weg dorthin überlege ich mir, wen ich nachher als erstes dafür meine Meinung geigen werde. Ich sehe sie ja spätestens bei „Camina Burana“ wieder.
Bei der Kirche angekommen schaue ich mich noch mal nach den anderen um, aber ich kann sie auch hier nicht entdecken. Sie sitzen auch nicht in einem der vielen Cafés auf dem Marktplatz.
Also überlege ich mir etwas anderes und gehe in die Kirche rein um ein wenig Sightseeing zu betreiben. Von innen ist die Kirche, nachdem ich aus dem strahlendem Sonnenlicht gekommen bin, ziemlich dunkel. Während ich durch die Kirche gehe, sehe ich das Doppelgrab von irgendeinem König und seiner Frau. Ihre Figuren sind aus der Grabplatte ausgemeißelt worden. Irgendjemand hatte noch zwischen ihnen einen Strauß Rosen gelegt, die allerdings schon etwas alt und verwelkt aussehen.
Beim Rausgehen, merke ich, dass man auch den Turm der Kirche besichtigen kann. Ein kurzer Blick auf meine Uhr sagt mir, dass ich noch mehr als genug Zeit habe. Gegen eine kleine Gebühr kann ich den Turm besteigen. Von oben habe ich einen super Ausblick über die gesamte Stadt, über den Fluss, der Universität und auf das Schloss. Ich mache ein paar Fotos und verlasse die Kirche.
Und wieder drängt sich mir die leidige Frage auf, wie ich mir die Zeit vertreiben soll.
Nach kurzem, unschlüssigem Herumstehen entscheide ich mich zur Universität weiterzugehen.
Also schnell über den Marktplatz gegangen und irgendwo rechts rein. Oder war es doch eher links? Das ist jetzt die Frage, wo war die jetzt gleich noch? Ich versuche es einfach mal rechts rein. Die müsste zwischen dem Schloss und dem Marktplatz liegen, denn ich gerade hinter mir gelassen habe.
Ich muss schon sagen, diese kleinen Gassen sind schon ziemlich düster, wenn man aus dem hellen kommt.
Egal wo ich hier bin, es kommt mir nicht wirklich so vor, als ob ich hier richtig bin. Es ist schon ein ziemlich blödes Gefühl, so einen schlechten Orientierungssinn zu haben. Dabei habe ich die Uni doch gerade noch vom Turm aus gesehen. Aber von hier kann ich auch den Turm nicht sehen. Außerdem beschleicht mich langsam noch ein anderes dummes Gefühl. Doch das ignoriere ich erst mal und wende ich auf gut Glück irgendeine der Gassen zu.
Doch bald merke ich das dieser Weg auch nicht der richtige ist. Als ich mich umdrehen will, sehe ich im Augenwinkel noch einen Schatten vorbeihuschen. Leicht erschrocken starre ich in die Richtung des Schattens. Kann jedoch nichts erkennen.
Ich tue das als leichte, unsinnige Überreaktion ab und gehe den Weg weiter. Auf der ganzen Strecke kommt mir kein Mensch entgegen. Die bleiben wohl lieber auf den Straßen mit den Geschäften.
Nach mehreren Minuten bin ich meinem Ziel immer noch nicht wirklich näher. Außerdem wird das Gefühl, dass ich verfolgt werde stärker.
Ich überlege mir, dass der Weg den ich gerade gegangen bin, quer zur Hauptstraße verlief und ich jetzt am besten mich nach rechts wende.
Ich schaue noch mal zurück und kann wieder nichts erkennen. Obwohl ich mir unentwegt sage, dass dort niemand sein kann, will mich dieses dumpfe Gefühl einfach nicht verlassen.
Mit etwas beschleunigtem Schritt gehe ich weiter. Immer wieder schaue ich mich nun um.
Es kann doch nicht der Mörder oder die Mörderin sein, die mich verfolgt? Hier wäre praktisch der beste Ort für solch eine Tat. Wieder wird meine Nervosität etwas größer und ich beschleunige meinen Schritt.
Wenn der Mörder weiß, dass ich ihn verfolge, ist es nur logisch, dass er andererseits mich verfolgt. Dann stellt sich nur die Frage, woher er es weiß.
Während ich der Gasse schon fast entlang renne, stehe ich plötzlich wieder auf einer großen Straße. Links gegenüber steht, umgeben von einem kleinen Park, eine Kirche und rechts befindet sich der Eingang der Bibliothek. Jetzt kann ich mich etwas beruhigen und langsamer laufen. Mit müden Füßen bewege ich mich auf die Bibliothek zu.
Plötzlich erblicke ich etwas weiter runter an der Straßenecke Max, Dominik, Philipp und Michael. Sie haben mich noch nicht entdeckt. „Na, die können was erleben!“, jagt es durch meine Kopf. Dank denen durfte ich gerade durch diese Gassen hetzen.
Zwei Meter bevor ich die Gruppe erreiche, sieht mich Dominik. „Wen haben wir denn da? Wir haben schon überlegt, wo wir dich verloren haben könnten? Warum bist du eigentlich so verschwitzt?“
„Ist ziemlich warm heute. Finde ich zumindest.“, lüge ich ihn an. Sein leicht abschätzender Gesichtsausdruck sagt mir, dass er mir das nicht ganz abnehmen will. Doch dann macht Michael denn Vorschlag zurück zu gehen und ein wenig zu essen. Alle, inklusive mir, schließen sich dem Plan an. Langsam schlendern wir die Straße neben der Bibliothek runter. Ich bleibe noch kurz stehen, um ans Ende der Gruppe zu gelangen und noch einen schnellen und unauffälligen Blick auf die Gasse zu nehmen, wo ich vorhin rausgekommen bin. Tatsächlich meine ich, noch flüchtig jemanden aus unserer Klasse zu erkennen, wie er gerade unter den anderen Menschen verschwindet.
„Also erzähl mir noch mal, wie der Mord geschehen ist.“, sage ich zu Max. Er sitzt mir etwas gelangweilt gegenüber auf der Steinbank im Garten., weil ich ihn nun schon zum zweiten Mal wegen dem Mord an Charlotte löchere.
„Warum denn noch mal? Ich habe dir doch schon alles erzählt, was ich weiß, Kevin.“, antwortet er.
„Vielleicht haben wir was übersehen.“
„Warum musst du denn unbedingt den Mörder jagen. Am Ende will er noch dich umlegen.“
„Das Risiko gehe ich ein. Immerhin ist das doch auch interessant und jetzt fang an.“, beende ich die Diskussion im leicht Befehlsmäßigen Ton.
„Von mir aus. Es soll unten am Fluss geschehen sein. Einige aus ihrer Clique sind mit gewesen, aber die sind nach einiger Zeit wieder gegangen und Charlotte blieb alleine zurück. Deshalb ist der Kreis der Verdächtigen ja ziemlich groß.“
„Wahrscheinlich. Aber vielleicht ist ja noch jemand mit ihr zurückgeblieben. Wir sollten die Leute aus ihrer Clique mal befragen.“, schlug ich vor.
„Wir? Ich mach da nicht mit.“, entgegnete Max. „Außerdem haben sicher einige aus unserem Kurs kein Alibi, weil die doch die Gegend erkundet haben , die könnten sich doch auch in der Nähe gewesen sein und die Gelegenheit genutzt haben.“, erwiderte er.
Das stimmt, da muss ich ihm Recht geben. Bis auf die Kochgruppe waren doch alle irgendwo unterwegs. Die Befragung kann ich abblasen. Trotzdem muss irgendjemand ein Motiv gehabt haben.
Während ich noch glasig in die Gegend starre, hat sich Max seinen Discman aufgesetzt und übt mit zwei Stöcken, die auf dem Boden lagen, wieder Schlagzeugspielen. Sieht schon lustig aus, wie er mit zwei krummen, dünnen Stöckchen geistesabwesend auf seinen Beinen rumschlägt.
Nach einiger Zeit kommt Dominik zu uns. Erst mal sieht er etwas verwirrt auf Max, der immer noch im Takt der Musik auf seinen Beinen und in der Luft rumschlägt, um irgendwelche imaginären Pauken und Becken zu bearbeiten. Dann fasst er sich etwas und sagt zu mir: „Musiker, komisches Völkchen.“
„Fußballer, noch komischeres Völkchen.“, gebe ich zurück und spiele damit auf seine Fußballleidenschaft an.
„Rate mal, was gerade bei Franziska und Jonas gelaufen ist.“, sagt Dominik, während er sich hinsetzt.
„Das will ich nicht unbedingt wissen.“, antworte ich.
„Nicht das was du meinst. Die beiden haben sich total gestritten. Warum weiß ich allerdings nicht. Ich konnte nicht so lange mithören und hinterher hat Johanna mir nicht wirklich viel erzählt. Sie war ziemlich ausweichend.“, erzählt er mir.
„Das ist ja wirklich interessant. Das ist doch die Clique von Charlotte. Ob da ein Zusammenhang besteht?“, sage ich mehr zu mir als zu Dominik. Sofort bin ich wieder abwesend und starre auf die Schuhe von Max, die sich auch im Takt bewegen.
„Was hat denn der?“, will Dominik von Max wissen. Der schaut auf und zieht sich die Kopfhörer aus den Ohren und fragt: „Bitte, was hast du gesagt?“
„Ich habe dich gefragt was mit dem los ist?“, dabei deutet er mit dem Daumen auf mich.
„Achso, der spielt Sherlock Holmes und versucht den Mörder zu finden.“, klärt er Dominik auf.
„Oder die Mörderin! Es fällt mir wie Schuppen von den Augen.“, rufe ich enthusiastisch, „Charlotte war bei jedem im Kurs beliebt. Bei fast jedem, nur Franziska machte mir immer wieder den Eindruck sie sei neidisch oder anderweitig böse auf sie. Sie hat also ein Motiv.“
„Klingt logisch. Ihr würde ich es zutrauen. Aber Ann-Sofie war auch neidisch auf Charlotte.“, gibt mir Dominik zu denken.
„Auch richtig. Ich glaube ich werfe mal ein Auge auf die beiden, kann doch nicht so schwer werden. Die hängen doch sowieso überall zusammen rum.“, sage ich wieder mehr zu mir selber als zu den anderen beiden.
Dann stehe ich auf und gehe ins Haus.
Kapitel 6
Es ist jetzt 6.55 Uhr. Schon seit drei Stunden kämpft mein Verstand gegen die Zeiger des Weckers. Etwa im Viertelstundentakt gewinnen dabei die Zeiger, indem sie meinen Verstand dadurch in den Wahnsinn treiben, dass sie weitergerannt sind. Die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Alle auf meinem Zimmer schlafen, wie eigentlich jeden Morgen um diese Zeit. Ich muss schlafen, sonst werde ich erstens morgen total zerknautscht aussehen und zweitens mental gar nicht fit sein. Aber bei dem verdammten Schnarchen unter mir, das scheint als sei es taktvoll abgestimmt auf das Knatschen dieses überaus unbequemen Holzbettes, kann ich ja nur kapitulieren und auf den Tag hoffen. Und wieder dieses grausame Schnarchen meines Zimmerpartners unter mir, dass mir noch den letzten Nerv rauben wird. Dabei kann ein Mensch mit halbwegs normaler Intelligenz doch nicht denken, geschweige denn Schlafen. Jetzt sogar noch lauter und in kurzen Intervallen, als solle eine Symphonie geschrieben werden. Meinen anderen Zimmerpartnern fällt das natürlich gar nicht auf, die bemerken so etwas erst gar nicht.
Ich kann von hier oben jedes Gesicht ganz genau beobachten. Der Mond scheint, als fordere er mich gerade zu heraus, einen Blick auf die anderen beiden Hochbetten zu werfen. Da liegen sie, beide auf meiner Höhe und mit dem Gesicht zu mir. Die Nasen beider sind leicht verformt, wobei der einen sogar eine Art Höcker aufgesetzt zu sein scheint. Oder ein Knorpel. Auf jeden Fall hässlich. Eine Hand hängt über dem Geländer des Hochbettes. Die Münder verbogen, schlaff – eigentlich ein lächerlicher Anblick – lächerliche Kreaturen.
Die beiden unten Liegenden kann ich sogar noch besser sehen. Die eine kann ich nur von hinten beobachten, die ihre Decke anscheinend in der Nacht auf den Boden weggestrampelt hat – wie ein kleines, dummes Kind. Die Haare verwuschelt, ungekämmt und eigentlich insgesamt ziemlich ungepflegt. Aber die andere unten Liegende – ganz ihrem sozialen Rang gleich – ist auch nicht besser. Am auffälligsten an ihr ist die kleine Speckrolle, die aus der Boxershorts herausquillt – ein nicht sehr ästhetischer Anblick. Der eine Fuß nackt, der andere in einer weißen Socke. Die Diddle Maus festgehalten in ihrer Hand, absolut kindisch. Meine Mutter konnte mich von so einem Kinderkram nicht einmal als Zwölfjährige überzeugen. Wirklich peinlich, eine Volljährige, die eine Diddle Maus in ihren Armen festhält. Jetzt beginnt das Schnarchkonzert auch noch von vorne, das kann doch nicht wahr sein. Dieses Schnarchen ist wie eine Alarmuhr eingestellt, die mich alle 30 Sekunden von Neuem zu erschrecken vermag. Ein grausames Schnarchen – viel grausamer als mein Wecker, der mich normalerweise jeden Morgen um Punkt 7.00 Uhr aus dem Schlaf reißt, damit ich den Tag bestmöglich nutze und keine einzige Sekunde durch nutlose Tätigkeiten verschwende.
Aber das scheint hier auf diesem Zimmer wohl keinen zu stören. Weder die zerknautschten Nasen, noch die verbogenen Münder und auch nicht den heraus quellenden Speckbauch scheint das in irgendeiner Weise zu stören! Es ist einfach unfassbar. Fast so unfassbar, wie die Tatsache, dass diese verlogenen Biester morgen wieder den ganzen Tag lang quietschfidel verbringen werden und sich dabei keineswegs den Mord an unserer Klassenkameradin Charlotte anmerken lassen werden. Gewiss, wir sind gestern Abend alle wegen der Aufregung erst spät schlafen gegangen und der ein oder andere war noch lange wach. Aber trotzdem – mir lässt der Mord keine Ruhe. Es kann gar nicht genug darüber nachgedacht werden. Franziska muss einfach die Mörderin sein. Ich frage mich, wieso das so wenige in Erwägung ziehen. Sie ist schließlich noch mal zum Tatort zurückgekehrt, nachdem ich dort war. Das ist verdächtig. Vor allem, weil sie alleine zurückgelaufen ist. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass Franziska einige Motive hätte. Franziska, die Zicke und neidisch auf jede Konkurrentin bezüglich Männern, ist doch eine Intrigantin. Sie würde einiges tun, um gesetzte Ziele zu erreichen – egoistisch, berechnend und hinterhältig. Gerade Charlotte, als Teil ihrer Clique, stellte für Franziska eine echte Gefahr dar. Und wer Franziska schon ein paar Jahre kennt, der weiß, dass es in ihrem Leben nur auf eines ankommt, nämlich Männer. Charlotte lockte immer so manchen Mann an sich, der ursprünglich an Franziska interessiert schien. Durch ihr von Männern als sehr süß empfundenes Lächeln schaffte sie es eigentlich immer, wenn auch unbewusst, diese anzuziehen.
Ich muss hier langsam raus. 7.15 Uhr - hoffentlich habe ich heute Morgen zumindest auf dem Badezimmer meine Ruhe. Ich steige die Treppe in Richtung Boden hinunter und immer noch verfolgen mich diese Geräusche. Das Quietschen des Bettes durchdröhnt das gesamte Zimmer. Ich höre ein leises Murmeln, das jedoch direkt wieder schwindet. Unglaublich. Ich brauche eine ganz, ganz heiße Dusche.
Kapitel 7
„Hat jemand mein Handy gesehen?“ rufe ich, bekomme aber keine Antwort. Nach längerem Suchen finde ich es endlich unter meiner Bettdecke. Die anderen sind schon aus dem Haus und laufen in Richtung Bushaltestelle. Ich schnappe schnell mein Geld und renne den anderen hinterher. Ich muss mich beeilen, um den Bus nicht zu verpassen.
In der Stadt angekommen, trennen wir uns und erkunden in Gruppen die Umgebung. Als erstes fallen mir die großen, eindrucksvollen Häuser mit ihren prunkvollen Außenfassaden auf. Dieser ältere Baustil gefällt mir. Auf dem Weg in die Innenstadt begegnen uns zahlreiche Menschen, nicht nur Einheimische, sondern auch ausländische Touristengruppen mit ihren Kameras. Genau wie ich wollen sie die Atmosphäre von Heidelberg mit ihren Aufnahmen einfangen. Durch die sich schnell verändernden Eindrücke wirkt das Leben in Heidelberg aber auch stressig. Menschen hetzen durch die Straßen, um so ihren Alltag zu bewältigen. In der Einkaufsstraße angekommen, befasst sich unsere Gruppe mit den dort gegebenen Möglichkeiten Geld auszugeben. Nach einiger Zeit sehe ich Marc alleine vor einem Geschäft stehen. Ich denke, es ist ein Tabakladen, aber sicher bin ich mir nicht. Mir fallen sofort Marcs verletzende Worte von letzter Woche wieder ein, als er mir den Vorwurf machte, keine eigene Meinung zu haben, was überhaupt nicht der Wahrheit entspricht. Die Wut kommt wieder in mir hoch, noch heftiger als ich es geahnt habe. Ich sage zu den anderen, dass ich noch etwas zu erledigen habe und wir uns später hier wieder treffen sollten. Dann gehe ich langsam auf Marc zu. Er sieht mich schon von Weitem und wirft mir einen genervten Blick zu. Die Überheblichkeit, mit der er mich behandelt, ist nicht zu ertragen. Ich versuche, mich zu beruhigen und spreche ihn dann an. Ich frage ihn, ob wir kurz reden können. Nach kurzem Zögern geht er widerwillig mit mir in eine Seitengasse, um dem Trubel zu entgehen und um Ruhe für das Gespräch zu finden. Die plötzliche Stille ist ungewohnt und es ist im Gegensatz zur Hauptstraße richtig unheimlich. Es ist kühl und dunkel. Aber ich kann diese Atmosphäre nicht lange auf mich wirken lassen, denn Marc fragt schon gelangweilt, was los sei. Ich spreche ihn auf seine Gemeinheit an. Auf meine Frage, warum er mich so schlecht behandelt, antwortet er nur mit einem höhnischen Lachen. Dieses Lachen und sein arroganter Blick sagen alles. Und wieder kommt diese bekannte Wut in mir hoch. Ich beginne zu zittern und mir wird trotz der Kühle in der Seitengasse heiß. Ich greife in meine Tasche. Schweißperlen laufen über Marcs Stirn und seine aufgerissenen Augen sind voller Panik. Sein sonst so braun gebranntes Gesicht erscheint plötzlich blass, als er sieht, was ich in der rechten Hand halte. Mit einem Gefühl von Genugtuung führe ich die Tat aus. Es ist befreiend, die ganzen schlechten Gefühle auf einmal loszuwerden. Damit habe ich nicht gerechnet. Die Wut ist verschwunden. Ich sehe noch einmal auf ihn und lasse ihn dann zurück in dieser dunklen Gasse, abgelegen von der restlichen Welt.
Um den Mord zu vertuschen, gehe ich schnell zu den anderen aus meiner Gruppe zurück. Ich habe Glück, denn niemand fragt danach, was ich getan habe und wo ich war. Zusammen gehen wir weiter und unterhalten uns über belanglose Themen. Ich muss noch lange an meine Tat denken. Aber nie habe ich das Gefühl von Reue.
Kapitel 8
Sie rempelt mich von hinten an. „Hey! Hast du keine Augen im Kopf?“
Johanna dreht ihren Kopf flüchtig zu mir um. Dann steuert sie auf einen Wühltisch zu. In diesem Klamottenladen gib es unzählige davon.
Nicht zu glauben! Was denkt sie, wer sie ist! Im Gegensatz zu ihr bin ich jemand, den man nicht so schnell übersehen darf, ich trete an sie heran, an diesen billigen Wühltisch. „Hey! Wo bleibt die Entschuldigung?“ Keine Reaktion. „Ich rede mit dir!“ „Wieso? Was hast du denn?“ Du hast mich soeben fast über den Haufen gerannt!“ „Wirklich?“ Nicht zu glauben! Soll das etwa ihre Entschuldigung sein? Bei dem Anblick meines – wie ich mir nur zu gut vorstellen kann – wutverzehrten Gesichtes, erweichen ihre Gesichtszüge. „Ja … ich bin eben nicht so ganz bei der Sache. Du weißt schon … gestern … Charlotte …“ Jetzt textet sie mich auch noch mit ihren Problemchen voll: „Ja…kann man nun mal nichts machen…“
Beim Versuch mich unauffällig in eine andere Ecke des Ladens zu begeben, fängt sie erneut mit diesem leidigen Thema an: „Nimmt dich das denn gar nicht mit?! Gerade Charlotte, sie ist ein unkompliziertes, aufrichtiges Mädchen, dass sogar manchmal richtig schüchtern sein kann. Sie war doch bei mir in der Clique und immer darum bemüht, dass sich alle verstehen.“
Ja, ja, Johanna hat eigentlich recht damit. Auch an mir ist es nicht spurlos vorbei gegangen. „Johanna, versteh’ doch, ich hab jetzt echt keinen Nerv mit dir darüber zu reden. Es ist schlimm genug, aber dran ändern können wir auch Nichts mehr.“ Ich hab versucht ihr zu sagen, dass ich nicht mit ihr reden will und dennoch scheint sie eingeschnappt zu sein. Geht einfach wortlos aus dem Geschäft.
Kapitel 9
„Und? Irgendetwas neues in Sachen Mord?“, kommt es plötzlich von hinten. Ich drehe mich im Bett mühsam um und sehe Philipp im Türrahmen stehen. „Schon Zeit zum Schlafengehen?“, fragt er grinsend. „Ich habe nur etwas Musik gehört um mich etwas abzulenken von dem Mord an Marc. Wie wäre es wenn du reinkommen würdest, anstatt nur in der Tür rumzustehen und zu grinsen?“, antworte ich leicht genervt.
„Schon gut, also, hast du irgendwas neues herausgefunden? Die werden da draußen langsam nervös und misstrauisch.“
Philipp setzt sich auf das gegenüber liegende Hochbett und stößt sich beim Hinsetzen fast den Hinterkopf an. Er bemerkt allerdings früh genug sein drohendes Missgeschick und bleibt vorübergeneigt sitzen.
„Nicht wirklich viel. Ich bezweifele, dass Franziska und Ann-Sofie was mit der Sache zu tun haben. Ich kann nicht mal irgendwelche Leute als potenzielle Mörder ausschließen, da jeder irgendwann mal von seiner Gruppe getrennt war und alleine durch die Gegend lief. Zumindest war das so mit denen ich gesprochen habe. Bei Franziska und Ann-Sofie war die Ganze Zeit über Johanna dabei. Außerdem kamen und gingen andere aus anderen Gruppen, die sie mal kurz getroffen hatten.“ Noch während ich spreche, spüre ich leichte Verzweiflung in mir aufsteigen. Ich bin praktisch wieder am Anfang. Der Mörder könnte einfach wieder zuschlagen. Dabei war ich zu Beginn doch so enthusiastisch den Mörder schnell zu finden. Für mich kamen einfach keine anderen Personen in Frage als Franziska oder Ann-Sofie. Doch die haben mit Marc nicht viel zu tun und so kein Motiv, falls der Mörder überhaupt eines braucht.
Mit enttäuschtem Tonfall frage ich Philipp, welcher Zusammenhang zwischen Charlotte und Marc bestehen könnte.
„Ehrlichehrmaßen sehe ich da keinen. Die hatte doch nichts miteinander zu tun.“
„Genau. Ich sehe auch keinen. Damit stecken wir schon wieder in einer Sackgasse. Ohne ein Motiv oder eine Verbindung sehe ich keinen Weg mehr außer Abwarten.“
„Warum >Wir<?“, sieht Philipp mich leicht verdutzt an, „Das ganze war von Anfang deine Sache. Ich will damit nichts zu tun haben. Ich habe meine eigenen Probleme.“
„Jaja, das kann schnell genug dein Problem werden, aber egal.“, antworte ich.
„Gibt es sonst irgendetwas Neues?“
„Johanna hat mich heute echt wieder aufgeregt. Die kann man echt nicht lange am Kopf aushalten. Mitten in einem großen Geschäft stößt sie mich an und geht weiter, als wäre nichts gewesen. Nicht mal entschuldigt hat die sich. Dann, als ich sie darauf anspreche, beginnt sie damit über Charlotte zu reden. Nur ich hatte keinen Nerv mit ihr darüber zu sprechen und schon war sie eingeschnappt und ist abgehauen.
Die versteht sowieso keiner, da brauche ich das ja auch nicht zu versuchen.“
„Ich habe Durst, gehst du mit runter was trinken?“, frage ich Philipp.
„Von mir aus.“
Betrübt, beziehungsweise wütend, gehen wir aus dem Zimmer und die Treppe runter Richtung Küche.
Kapitel 10
Liebes Tagebuch!
Ich bin total verzweifelt. Diese Kursfahrt nach Heidelberg sollte etwas ganz Besonderes werden. Ich habe mich schon Wochen vorher darauf gefreut, mit meinem Freund Marc und Annabelle, meiner besten Freundin, wegzufahren. Wir haben uns ausgemalt, was wir unternehmen wollen, alles sollte so toll werden. Und es fing auch gut an. Die Busfahrt war super, wir hatten sehr viel Spaß. Auch das Haus ist ganz in Ordnung. Das sagt sogar Annabelle. Wir haben uns natürlich ein Zimmer zusammen genommen. Leider gehört Sybille auch dazu. Ich kann sie nicht leiden. Aber ich muss mich mit ihr abfinden.
Der ganze erste Tag verlief super.
Aber dann fing alles an. Wir bekamen die schreckliche Nachricht, dass eine Mitschülerin tot ist. Keiner kann es begreifen, denn es hat Charlotte getroffen. Sie war so unkompliziert und sympathisch. Aber es ist noch etwas viel Schlimmeres passiert. Ich kann es einfach nicht begreifen. Was soll ich bloß machen? Mein Marc ist nun auch tot. Er wurde heute ermordet. Ich verstehe nicht, warum es ihn getroffen hat. Er ist doch meine große Liebe, mein Ein und Alles. Der einzige Trost für mich ist die Freundschaft zu Annabelle. Zu ihr kann ich kommen, wenn ich Probleme habe. Und im Moment brauche ich jemanden, der einfach nur für mich da ist und mich in den Arm nimmt. Wer tut bloß so etwas? Er wurde kaltblütig in der Seitenstraße ermordet und keiner hat etwas mitbekommen, kein noch so kleiner Hinweis auf den Mörder. Was muss in einem Menschen vorgehen, jemanden so eiskalt zu ermorden? Er fehlt mir jetzt schon so sehr.
Kapitel 11
Welch wohltuende Befriedigung meiner inneren Unruhe. Lediglich der Klang der Kirchturmglocken stört meine innere Zufriedenheit. Doch auch dies kann mein neues Lebensgefühl, welches mir durch meine gestrige Tat gegeben wurde, nicht entreißen. Endlich ist eine weitere bedrückende Last von mir genommen und ich fühle mich befreit und wohl. Sogar mein Gewissen, das weitaus nicht dem eines „normalen“ Menschen ähnelt, scheint beruhigt. Jedoch fühle ich erneut den Drang nach einer weiteren Tat, die mein emotionales Gleichgewicht weiter stärken könnte.
Die Befreiung von einer Person, die oberflächlicher und arroganter nicht sein kann, als die der ich mich gestern entledigt habe, reicht bei weitem nicht aus. Ich muss meinen Plan zu Ende führen und dafür muss ich weiter über Leichen gehen.
Mein nächstes Opfer ist schon wohlweißlich ausgewählt. Wieder jemand, der nach Schönheit und Ansehen bestrebt ist. Diese Person hat es nicht verdient länger unter uns zu weilen. Sie ist genau so arrogant wie dieser Marc und sie bekommt alles was sie haben will, aber damit ist jetzt Schluss! Ich werde sein, ach so schönes Leben beenden, damit ich endlich bekomme was mir zusteht und damit ich meine innere Zufriedenheit weiter erhalten kann.
Dass mir jemals die Möglichkeit gegeben worden ist, all meine Gedanken in die Realität umzusetzen, das ist unglaublich. Ich kann meine Taten für meine Worte sprechen lassen. Alle werden es am Ende erfahren, oder zumindest gezwungen sein, sich mit den Hintergründen meines Handelns auseinander zu setzten.
Meine Opfer werden alle für ihr anmaßendes Verhalten bestraft. Sie werden in diesen, jenen letzten Augenblicken wissen, weshalb es ihnen geschieht. Ihre Selbstüberschätzung wird sie ins Verderben stürzen.
Und heute wird es ein weiteres Opfer geben. Opfer? Nein, das kann man nicht sagen. Denn Opfer sind unschuldig, was diese Personen bei Weitem nicht sind. Man könnte sie alle als verurteilte Täter sehen und ich bin der Vollstrecker. Das trifft es eher. Verurteilt wegen Ignoranz, Arroganz und Selbstüberheblichkeit zum Schaden anderer. Denn sie alle verurteilen ohne Recht. Oder gibt es ein Recht des Beliebteren? Das wage ich zu bezweifeln. Es schützt sie jedenfalls nicht vor ihrer gerechten Strafe.
Eben diese gerechte Strafe ereilte gestern Marc. Es war reine Genugtuung. Sein Gesicht. So voller Angst und Gewissheit. Ein Genuss. Diesen Genuss werde ich heute bei meiner dritten Tat wohl wieder verspüren und es wird mir erneut Freude bereiten ihn, diesen typischen „Fußballgott“ mit seiner selbstgefälligen Art, zu betrafen.
Was hören denn meine verzückten Ohren? Mir scheint, als hätte ich soeben seine Stimme vernommen. Herrlich! Dann ist es ja Zeit sich unauffällig an seine Fersen zu heften, um den passenden Augenblick für das gerechte Urteil zu erhaschen. Jetzt aber rasch aus den Federn und an die Arbeit, die Gerechtigkeit bedeutet.
Kapitel 12
Mittwochmorgen, 8:30 Uhr, der Speiseraum füllt sich allmählich, aus der Küche kommt ein gut riechender Kaffeeduft. Die Mitglieder des Kurses treten mehr oder weniger munter in den Saal ein und sammeln sich an dem großen Tisch, der sich aus sechs kleineren zusammensetzt. Bei diesem Frühstück fehlt es an nichts, ob Kaffee oder Tee, Aufschnitt oder Frischkäse, Marmelade oder Nutella. Trotz dieser großen Auswahl und des guten Wetters ist die Stimmung jedoch bedrückt. Besonders Sebastian und Jürgen haben unter der Situation zu leiden…
Nach kurzem Überblicken des Tisches wird sofort klar, dass sie wieder mal vergessen wurden. Ohne lange zu überlegen nehmen sie sich das Geschirr aus dem Schrank und setzen sich an einen Nebentisch. Auch der Lehrer scheint zu diesem Zustand bereits nichts mehr zu sagen zu haben. Er hat seine Versuche, eine Verbindung zwischen den Gruppen herzustellen, aufgegeben.
Schon der Anblick von Sebastian, der kerzengerade auf seinem Stuhl Platz genommen hat, und Jürgen, der lässig auf seinem umgedrehten Stuhl sitzt, zeigt, dass die beiden von Grund auf verschieden sind. Ihre Unterhaltung lässt erahnen, dass ihre Außenseiterrolle eher Grund ihrer Freundschaft ist als innere Verbundenheit.
Mit hoch erhobener Nase beginnt Jürgen über Charlottes Tod zu spekulieren: „Oh ganz schön ruhig hier, wenn mal keiner sein Geschirr auf den Boden schmeißt, oder? Darin war Charlotte ja besonders gut.“ Er bemerkt sofort, dass Sebastian bei dieser Bemerkung inne hält und sich fast an seinem Müsli verschluckt. Mit hochrotem Kopf prustet dieser zurück: „Halt du mal die Mund, du denkst doch sowieso immer nur an dich.“ Doch Jürgen lässt sich von seiner Wut nicht beeindrucken und stichelt weiter: „Hm, ist da vielleicht jemand etwas gereizt oder sogar verliebt?“ „Ach, was weißt du schon, du verwöhnter Dummkopf?“, schreit Sebastian und verlässt rasch den Raum.
Jürgen ist über das Ausmaß seiner Emotionalität verwundert, und schaut ihm etwas verdutzt hinterher, doch da ihm sein Nutellabrötchen wichtiger erscheint als Sebastians Seelenzustand, fährt er fort zu frühstücken.
Am Nebentisch unterhalten sich Franziska und Ann-Sofie angeregt über die Geschehnisse der letzten beiden Tage.
Franziska beginnt sich über ihren neuen Pullover zu beschweren: „Boah toll, gerade erst gekauft und schon hat er ein Loch. 100 Euro in den Sand gesetzt, die hätte ich lieber in neue Ohrringe investieren sollen.“ Ann-Sofie nickt verständnisvoll und widmet sich weiter ihrem Brötchen. Franziska schaut skeptisch auf Ann-Sofies Brötchen und faucht: „Haben wir nicht beschlossen, dass du Diät machst?“ Mit hochrotem Kopf legt Ann-Sofie schuldbewusst das Brötchen zur Seite und sagt: „Ich habe auch gar keinen Hunger mehr. Aber das mit deinem Pullover ist schon scheiße, besonders weil du ihn gerade neu hast.“ Franziska antwortet gelassen: „Besser einen trendy Pullover mit Loch als Klamotten ohne Stil.“ Ann-Sofie weiß, dass Franziska damit auf Charlotte und ihren Modegeschmack anspielt und entgegnet vorsichtig: „ Also eigentlich finde ich, dass Charlottes Klamotten…“ „Was?! Willst du etwa sagen, dass Charlotte in ihren Klamotten aus der Altkleidersammlung gut aussieht?“ Franziska mustert Ann-Sofie mit einem abwertenden Blick und sagt: „Aber dein Geschmack ist ja manchmal auch nicht so das Wahre.“ Ann-Sofie fühlt sich wieder einmal von Franziskas Bemerkung verletzt, aber traut sich nicht etwas darauf zu entgegnen. Stattdessen lächelt sie nur verlegen.
„Und dann noch diese dumme Sache mit Jonas.“, beginnt Franziska, „warum macht er da bloß so einen Terz raus, möchte ich mal wissen?“ „Er hat wohl sehr an Charlotte gehangen“, antwortet Ann-Sofie, „ich kann das auch verstehen, wenn er jetzt etwas durch den Wind ist.“ „Ja ja. Aber er beschuldigt mich des Mordes an ihr und die anderen glauben ihm auch noch. Der Mord an Marc hat das nur noch verstärkt, weil wir beide da zu zweit unterwegs waren. Leider glaubt uns ja keiner, weil Jonas überall diesen Schwachsinn rumerzählt, von dem was er ja auch schon auf dem Zimmer gesagt hat.“
Das war Jonas auf dem Zimmer sagte, hat Ann-Sofie tief verletzt, aber auch dazu gebracht nachzudenken, über ihre Beziehung zu Franziska. Auch wenn sie weiß oder zumindest fest glaubt, dass Franziska nicht die Mörderin ist, hat Jonas doch irgendwo recht. Einige Dinge stören sie schon sehr an Franziska, aber sie hat diese Dinge meist ignoriert, doch nun kann sie sie nicht mehr so leicht übersehen.
Franziska beendet das Frühstück und sagt: „Beeil dich, ich will wieder aufs Zimmer. Ich muss mich noch umziehen.“ Ann-Sofie schiebt den Teller mit ihrem angebissenen zweiten Brötchen noch weiter von sich und schaut ihm traurig nach. „Ich trinke noch eben meinen Saft auf und komme dann sofort nach.“, entgegnet Ann-Sofie und greift nach dem Glas.
Doch gerade als Franziska zu Tür raus ist, zieht sie wieder denn Teller zu sich und isst das letzte Brötchen auf.
Kapitel 13
„So ein Mist!“, denke ich. Jetzt habe ich die anderen verloren und stehe alleine in diesem Modegeschäft. Vorhin waren sie doch noch alle irgendwo um mich rum und jetzt kann ich keinen mehr entdecken.
„Und was jetzt, Kevin? – Ich habe keine Ahnung!“, sage ich leise zu mir. Verdammt, ich fange schon nach einer Minute Alleinsein an, Selbstgespräche zu führen. Das kann kein gutes Zeichen sein. Am besten ich gehe mal auf die Straße und suche da nach ihnen. Im Laden sind die bestimmt nicht mehr, da bin ich schon komplett durchgegangen.
Links und rechts sehe ich zwar ziemlich viele Menschen, auf der Haupteinkaufsstraße von Heidelberg, aber es sind nicht die darunter, die ich suche. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Ich schnappe mir meine Kamera aus dem Rucksack und schreite zurück zum Marktplatz.
Auf dem Weg dorthin überlege ich mir, wen ich nachher als erstes dafür meine Meinung geigen werde. Ich sehe sie ja spätestens bei „Camina Burana“ wieder.
Bei der Kirche angekommen schaue ich mich noch mal nach den anderen um, aber ich kann sie auch hier nicht entdecken. Sie sitzen auch nicht in einem der vielen Cafés auf dem Marktplatz.
Also überlege ich mir etwas anderes und gehe in die Kirche rein um ein wenig Sightseeing zu betreiben. Von innen ist die Kirche, nachdem ich aus dem strahlendem Sonnenlicht gekommen bin, ziemlich dunkel. Während ich durch die Kirche gehe, sehe ich das Doppelgrab von irgendeinem König und seiner Frau. Ihre Figuren sind aus der Grabplatte ausgemeißelt worden. Irgendjemand hatte noch zwischen ihnen einen Strauß Rosen gelegt, die allerdings schon etwas alt und verwelkt aussehen.
Beim Rausgehen, merke ich, dass man auch den Turm der Kirche besichtigen kann. Ein kurzer Blick auf meine Uhr sagt mir, dass ich noch mehr als genug Zeit habe. Gegen eine kleine Gebühr kann ich den Turm besteigen. Von oben habe ich einen super Ausblick über die gesamte Stadt, über den Fluss, der Universität und auf das Schloss. Ich mache ein paar Fotos und verlasse die Kirche.
Und wieder drängt sich mir die leidige Frage auf, wie ich mir die Zeit vertreiben soll.
Nach kurzem, unschlüssigem Herumstehen entscheide ich mich zur Universität weiterzugehen.
Also schnell über den Marktplatz gegangen und irgendwo rechts rein. Oder war es doch eher links? Das ist jetzt die Frage, wo war die jetzt gleich noch? Ich versuche es einfach mal rechts rein. Die müsste zwischen dem Schloss und dem Marktplatz liegen, denn ich gerade hinter mir gelassen habe.
Ich muss schon sagen, diese kleinen Gassen sind schon ziemlich düster, wenn man aus dem hellen kommt.
Egal wo ich hier bin, es kommt mir nicht wirklich so vor, als ob ich hier richtig bin. Es ist schon ein ziemlich blödes Gefühl, so einen schlechten Orientierungssinn zu haben. Dabei habe ich die Uni doch gerade noch vom Turm aus gesehen. Aber von hier kann ich auch den Turm nicht sehen. Außerdem beschleicht mich langsam noch ein anderes dummes Gefühl. Doch das ignoriere ich erst mal und wende ich auf gut Glück irgendeine der Gassen zu.
Doch bald merke ich das dieser Weg auch nicht der richtige ist. Als ich mich umdrehen will, sehe ich im Augenwinkel noch einen Schatten vorbeihuschen. Leicht erschrocken starre ich in die Richtung des Schattens. Kann jedoch nichts erkennen.
Ich tue das als leichte, unsinnige Überreaktion ab und gehe den Weg weiter. Auf der ganzen Strecke kommt mir kein Mensch entgegen. Die bleiben wohl lieber auf den Straßen mit den Geschäften.
Nach mehreren Minuten bin ich meinem Ziel immer noch nicht wirklich näher. Außerdem wird das Gefühl, dass ich verfolgt werde stärker.
Ich überlege mir, dass der Weg den ich gerade gegangen bin, quer zur Hauptstraße verlief und ich jetzt am besten mich nach rechts wende.
Ich schaue noch mal zurück und kann wieder nichts erkennen. Obwohl ich mir unentwegt sage, dass dort niemand sein kann, will mich dieses dumpfe Gefühl einfach nicht verlassen.
Mit etwas beschleunigtem Schritt gehe ich weiter. Immer wieder schaue ich mich nun um.
Es kann doch nicht der Mörder oder die Mörderin sein, die mich verfolgt? Hier wäre praktisch der beste Ort für solch eine Tat. Wieder wird meine Nervosität etwas größer und ich beschleunige meinen Schritt.
Wenn der Mörder weiß, dass ich ihn verfolge, ist es nur logisch, dass er andererseits mich verfolgt. Dann stellt sich nur die Frage, woher er es weiß.
Während ich der Gasse schon fast entlang renne, stehe ich plötzlich wieder auf einer großen Straße. Links gegenüber steht, umgeben von einem kleinen Park, eine Kirche und rechts befindet sich der Eingang der Bibliothek. Jetzt kann ich mich etwas beruhigen und langsamer laufen. Mit müden Füßen bewege ich mich auf die Bibliothek zu.
Plötzlich erblicke ich etwas weiter runter an der Straßenecke Max, Dominik, Philipp und Michael. Sie haben mich noch nicht entdeckt. „Na, die können was erleben!“, jagt es durch meine Kopf. Dank denen durfte ich gerade durch diese Gassen hetzen.
Zwei Meter bevor ich die Gruppe erreiche, sieht mich Dominik. „Wen haben wir denn da? Wir haben schon überlegt, wo wir dich verloren haben könnten? Warum bist du eigentlich so verschwitzt?“
„Ist ziemlich warm heute. Finde ich zumindest.“, lüge ich ihn an. Sein leicht abschätzender Gesichtsausdruck sagt mir, dass er mir das nicht ganz abnehmen will. Doch dann macht Michael denn Vorschlag zurück zu gehen und ein wenig zu essen. Alle, inklusive mir, schließen sich dem Plan an. Langsam schlendern wir die Straße neben der Bibliothek runter. Ich bleibe noch kurz stehen, um ans Ende der Gruppe zu gelangen und noch einen schnellen und unauffälligen Blick auf die Gasse zu nehmen, wo ich vorhin rausgekommen bin. Tatsächlich meine ich, noch flüchtig jemanden aus unserer Klasse zu erkennen, wie er gerade unter den anderen Menschen verschwindet.