ARIIOOL
Mitglied
Da waren wir also, Alston Street 12, die Adresse stimmte. Unauffälliges Reihenhaus, fünf Meter Vorgarten, perfekt für die Zuleitung.
Der Neue hinter mir war unruhig, irgendwie spürte ich das, ich hab ein Gefühl für sowas. Daher bin ich auch so gut in diesem Job. Keine Ahnung was der vorher gemacht hatte, hab nicht gefragt. Erzählen sowieso immer das gleiche, was für ein toller Hecht sie waren, bevor sie sich eine neue Arbeit suchen mussten.
Ich klingelte und während wir warteten, das sich was tat, begutachtete ich den Vorgarten. Vorgärten sind manchmal ein Vorgeschmack darauf, was einen erwartet, wenn sich die Tür öffnet, meist aber nicht. Bodendecker, eine Menge schwer aussehender Granitsteine, der übliche Baum, der hier war schon was älter. Dann fiel mein Blick auf die rostigen Metallteile, die sich wie Unkraut überall verteilt hatten. Na, das konnte ja was werden, dachte ich, lies mir aber nichts anmerken, Pokermiene, gehört zur Grundausstattung jedes erfolgreichen Klinkenputzers.
Die Tür öffnete sich und da stand er, Mr. Bowman, Harry Bowman, um genau zu sein. Er bot einen skurrilen Anblick, barfuß, noch im Pyjama, hellblau gestreift wie Sträflingskleidung, den Mund von Zahnpasta verschmiert und ja, in seiner rechten Hand hielt er noch seine Zahnbürste.
Er strahlte mich mit seinem verschmiertem Zahnpastalächeln an und dann fing es direkt an, komisch zu werden. Sein Blick wanderte von meinem Kollegen zu mir, wieder zurück und blieb schließlich an dem Firmenlogo hängen, das breit auf meinem T-Shirt prangte.
"Warten Sie, mein Junge", nuschelte er, "ziehe mir schnell was ordentliches an".
Knallte die Tür zu und war für satte 12 Minuten verschwunden. Ich hab auf die Uhr geguckt und das mehr als einmal. Ich hörte den Neuen hinter mir stöhnen, dieses ohhhmann Stöhnen und dann - nach 12 Minuten - öffnete Mr. Bowmann wieder die Tür. Er sah nicht unbedingt besser aus, Wollsocken, Schlabberhose und ein leicht zu enges T-Shirt. Die Zahnbürste hatte er gegen eine Kippe getauscht. Irgendwie sah er immer noch komisch aus, so wie sein Vorgarten mit den verrosteten Schrottteilen. Dann viel es mir auf, es war dieser Wiederspruch, das der alte Knacker irgendwie voll durchtrainiert war, sein Körper passte nicht zu seinem altem faltigem Gesicht, es sah aus wie Photoshop Fake. Junge, reiß dich zusammen, dachte meine analytische Gehirnhälfte. Ich wäre nicht der Trouble Shooter, die letzte Kavallerie der ehrenwerten Firma Glass Line, wenn ich mich von Äußerlichkeiten ablenken lassen würde.
"Mr. Bowmann, laut meinen Unterlagen haben Sie als einziger in dieser Straße noch nicht dem geplantem Glasfaseranschluss zugestimmt". Rumms, Breitseite, so macht man das und ich unterdrückte den Impuls, mich nach meinem Kollegen umzudrehen, um seinen begeisterten Gesichtsausdruck zu ernten. Bowmanns Gesicht wurde lang, gedehnt wiederholte er das Wort "Glaasfaaser?". "Zeigen Sie mal, kann ich mal sehen?"
Das war ja einfach, muss halt nur der richtige kommen. Ich hielt ihm den Vertrag hin.
"Hääh, das ist doch ganz normales Papier, wo ist denn da das Glas?"
"Mr. Bowmann, es geht um ihren Internetanschluss, Bandbreite, Entertain-Paket, haben Sie doch sicher schon gehört? Wir schließen ihr Haus an die Zukunft an". Er kam vorsichtig näher, offensichtlich mächtig beeindruckt oder verwirrt, ich war mir noch nicht sicher. Dann kam der nächste Knaller.
"Indernet... sie meinen, was man sich auf nem Komputer anguckt?"
Er kam noch ein Stück näher, ich konnte sein Aftershave riechen, er schaute verstohlen die Straße rauf und runter und raunzte dann mit heiserer Stimme
"Sie meinen, so nackte Frauen und so was alles?". Ok, alles klar, der Kerl verarscht uns und ich bin mitten drin.
"Ja Sir, auch nackte Frauen, wenn sie verstehen, was ich meine. Soviel sie wollen und das mit unübertroffener Bandbreite".
Ich hatte mich wieder gefangen, klappte meine Kinnlade hoch und hielt ihm erneut den Vertrag vor die Nase.
"Und der Komputer ist dabei? Bei diesem Glasfaser Ding und dem Indernet?" Wieder machte er so komische Faxen, schaute irgendwo hin, wo keiner hinschaut, wenn er sich mit einem unterhält. Links über die Schulter, und so Sachen.
Ich bin eigentlich nen ruhigen, wegen der Erfahrung und so, und weil man da besser lächeln kann. Mein Lächeln hatte sich die letzten Minuten nicht einmal verändert, irgendwie gehörte es nicht mehr zu mir, hatte ein Eigenleben entwickelt. …
"Geht sowas denn nicht total schnell kaputt, ich meine Glas, überall Glas... Was is denn, wenn mir da mal was runterfällt?!" Er kam wieder in Zahnpasta Nähe,
wenn es windig gewesen wäre, hätte ich seine Haare in meinem Gesicht gespürt. Seine Augen hatten so ein komisches Funkeln, … war mir das vorher nicht aufgefallen? In dem Moment sah ich die Kamera, so winzig wie seine Pupillen, und er merkte, das ich es gecheckt hatte und prustete los.
Hinterher sagte man mir, ich hätte die Fassung verloren, hätte versucht, Mr. Bowmann den Vertrag zwischen seine frisch geputzen Zähne zu klemmen. Aber der Typ war erstaunlich flink gewesen für sein Alter. Es gab eigentlich nur zwei kurze Knall, der erste mir vorm Latz und der zweite war seine Tür.
Ich habe mir den Prank auf You Tube nie angesehen, obwohl jeder davon sprach. Meinen Job bei Glass Line habe ich gekündigt, die Geschäftsführung war nicht begeistert über die kostenlose Werbung und Mr. Bowmann hat offiziel immer noch kein schnelles "Indernet".
Der Neue hinter mir war unruhig, irgendwie spürte ich das, ich hab ein Gefühl für sowas. Daher bin ich auch so gut in diesem Job. Keine Ahnung was der vorher gemacht hatte, hab nicht gefragt. Erzählen sowieso immer das gleiche, was für ein toller Hecht sie waren, bevor sie sich eine neue Arbeit suchen mussten.
Ich klingelte und während wir warteten, das sich was tat, begutachtete ich den Vorgarten. Vorgärten sind manchmal ein Vorgeschmack darauf, was einen erwartet, wenn sich die Tür öffnet, meist aber nicht. Bodendecker, eine Menge schwer aussehender Granitsteine, der übliche Baum, der hier war schon was älter. Dann fiel mein Blick auf die rostigen Metallteile, die sich wie Unkraut überall verteilt hatten. Na, das konnte ja was werden, dachte ich, lies mir aber nichts anmerken, Pokermiene, gehört zur Grundausstattung jedes erfolgreichen Klinkenputzers.
Die Tür öffnete sich und da stand er, Mr. Bowman, Harry Bowman, um genau zu sein. Er bot einen skurrilen Anblick, barfuß, noch im Pyjama, hellblau gestreift wie Sträflingskleidung, den Mund von Zahnpasta verschmiert und ja, in seiner rechten Hand hielt er noch seine Zahnbürste.
Er strahlte mich mit seinem verschmiertem Zahnpastalächeln an und dann fing es direkt an, komisch zu werden. Sein Blick wanderte von meinem Kollegen zu mir, wieder zurück und blieb schließlich an dem Firmenlogo hängen, das breit auf meinem T-Shirt prangte.
"Warten Sie, mein Junge", nuschelte er, "ziehe mir schnell was ordentliches an".
Knallte die Tür zu und war für satte 12 Minuten verschwunden. Ich hab auf die Uhr geguckt und das mehr als einmal. Ich hörte den Neuen hinter mir stöhnen, dieses ohhhmann Stöhnen und dann - nach 12 Minuten - öffnete Mr. Bowmann wieder die Tür. Er sah nicht unbedingt besser aus, Wollsocken, Schlabberhose und ein leicht zu enges T-Shirt. Die Zahnbürste hatte er gegen eine Kippe getauscht. Irgendwie sah er immer noch komisch aus, so wie sein Vorgarten mit den verrosteten Schrottteilen. Dann viel es mir auf, es war dieser Wiederspruch, das der alte Knacker irgendwie voll durchtrainiert war, sein Körper passte nicht zu seinem altem faltigem Gesicht, es sah aus wie Photoshop Fake. Junge, reiß dich zusammen, dachte meine analytische Gehirnhälfte. Ich wäre nicht der Trouble Shooter, die letzte Kavallerie der ehrenwerten Firma Glass Line, wenn ich mich von Äußerlichkeiten ablenken lassen würde.
"Mr. Bowmann, laut meinen Unterlagen haben Sie als einziger in dieser Straße noch nicht dem geplantem Glasfaseranschluss zugestimmt". Rumms, Breitseite, so macht man das und ich unterdrückte den Impuls, mich nach meinem Kollegen umzudrehen, um seinen begeisterten Gesichtsausdruck zu ernten. Bowmanns Gesicht wurde lang, gedehnt wiederholte er das Wort "Glaasfaaser?". "Zeigen Sie mal, kann ich mal sehen?"
Das war ja einfach, muss halt nur der richtige kommen. Ich hielt ihm den Vertrag hin.
"Hääh, das ist doch ganz normales Papier, wo ist denn da das Glas?"
"Mr. Bowmann, es geht um ihren Internetanschluss, Bandbreite, Entertain-Paket, haben Sie doch sicher schon gehört? Wir schließen ihr Haus an die Zukunft an". Er kam vorsichtig näher, offensichtlich mächtig beeindruckt oder verwirrt, ich war mir noch nicht sicher. Dann kam der nächste Knaller.
"Indernet... sie meinen, was man sich auf nem Komputer anguckt?"
Er kam noch ein Stück näher, ich konnte sein Aftershave riechen, er schaute verstohlen die Straße rauf und runter und raunzte dann mit heiserer Stimme
"Sie meinen, so nackte Frauen und so was alles?". Ok, alles klar, der Kerl verarscht uns und ich bin mitten drin.
"Ja Sir, auch nackte Frauen, wenn sie verstehen, was ich meine. Soviel sie wollen und das mit unübertroffener Bandbreite".
Ich hatte mich wieder gefangen, klappte meine Kinnlade hoch und hielt ihm erneut den Vertrag vor die Nase.
"Und der Komputer ist dabei? Bei diesem Glasfaser Ding und dem Indernet?" Wieder machte er so komische Faxen, schaute irgendwo hin, wo keiner hinschaut, wenn er sich mit einem unterhält. Links über die Schulter, und so Sachen.
Ich bin eigentlich nen ruhigen, wegen der Erfahrung und so, und weil man da besser lächeln kann. Mein Lächeln hatte sich die letzten Minuten nicht einmal verändert, irgendwie gehörte es nicht mehr zu mir, hatte ein Eigenleben entwickelt. …
"Geht sowas denn nicht total schnell kaputt, ich meine Glas, überall Glas... Was is denn, wenn mir da mal was runterfällt?!" Er kam wieder in Zahnpasta Nähe,
wenn es windig gewesen wäre, hätte ich seine Haare in meinem Gesicht gespürt. Seine Augen hatten so ein komisches Funkeln, … war mir das vorher nicht aufgefallen? In dem Moment sah ich die Kamera, so winzig wie seine Pupillen, und er merkte, das ich es gecheckt hatte und prustete los.
Hinterher sagte man mir, ich hätte die Fassung verloren, hätte versucht, Mr. Bowmann den Vertrag zwischen seine frisch geputzen Zähne zu klemmen. Aber der Typ war erstaunlich flink gewesen für sein Alter. Es gab eigentlich nur zwei kurze Knall, der erste mir vorm Latz und der zweite war seine Tür.
Ich habe mir den Prank auf You Tube nie angesehen, obwohl jeder davon sprach. Meinen Job bei Glass Line habe ich gekündigt, die Geschäftsführung war nicht begeistert über die kostenlose Werbung und Mr. Bowmann hat offiziel immer noch kein schnelles "Indernet".
Zuletzt bearbeitet: