Omar Chajjam
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Es war wohl eines der denkwürdigsten Ereignisse im Leben des Alexus Dirrlwanger als er die verkorkte Weinflasche fand. An sich war es keine besondere Flasche. Sie war grün wie alle andern. Bloß das Etikett, das Etikett war was Besonderes. Es war ein Lagreiner Blaufränkisch Jahrgang 1947 drin gewesen. Das war sein Geburtsjahr. Was wunder, daß Dirrlwanger die Brille nach unten schob und die Flasche in die Hand nahm, um noch einmal am Inhalt zu riechen.
Dirrlwanger war ein wohlbeleibter älterer Herrn mit einem eisgrauen Seehundschnautzer, angetan im grünen Jagerloden, Er war gerade vom Heurigen in Richtung Straßenbahn gewankt, um heim in den fünften Bezirk in seine Einzimmerwohnung zu kommen. Dirrlwanger war nicht sehr begütert, lebte von einer kleinen Rente und dem Einkommen als freier Schriftsteller. Er schrieb für so kleine Zeitungen wie den „Sterz“ oder „Freibord“, ein Zeilenschinder halt. So hatte ihn Andrea bezeichnet, ein Handwerker, ein Literaturklempner. Andrea Heinerl war eine literarische Begabung. Niemals würde er an sie heranreichen. So sehr er sich auch mühte, er verstand die Sätze nicht, wußte nie, warum sie etwa das Wort "Dauer-Mensch" gebrauchte. Dirrlwanger dachte unwillkürlich an Dauerwurst. Dirrlwanger dachte überhaupt gerne ans Essen und ans Trinken, besonders an den Wein, auch als er den Korken aus der Flasche zog.
Wieso war denn eine leere Flasche verkorkt? Dirrlwanger wollte sie schnell wieder verschließen, aber es war zu spät. Aus der Flasche quoll dicker, blauer Rauch und verdichtete sich zu einer kleinen blitzeblau gefärbten Hexe. Sie ging grad mal bis zum Knie, aber sie funkelte so gefährlich mit den Augen, daß Dirrlwanger gar nicht erst versuchte, sie zu zertreten.
„Griaß God“, sagte die Hexe. Das beruhigte Dirrlwanger etwas, denn, wenn sie etwa Ungarisch oder Tschechisch gesprochen hätte, wäre es doch schon bedenklich geworden. Darum raunzte er halb vertraulich, halb bierdimpfelich zurück: „Jo, wo sama dann, bisd depad.“ Und gar vollends beruhigt war er, als die Hexe antwortete: „Sei schdad, Burschi.“ Auf der Basis konnte man schon eine Unterhaltung beginnen.
Dirrlwanger war ein wohlbeleibter älterer Herrn mit einem eisgrauen Seehundschnautzer, angetan im grünen Jagerloden, Er war gerade vom Heurigen in Richtung Straßenbahn gewankt, um heim in den fünften Bezirk in seine Einzimmerwohnung zu kommen. Dirrlwanger war nicht sehr begütert, lebte von einer kleinen Rente und dem Einkommen als freier Schriftsteller. Er schrieb für so kleine Zeitungen wie den „Sterz“ oder „Freibord“, ein Zeilenschinder halt. So hatte ihn Andrea bezeichnet, ein Handwerker, ein Literaturklempner. Andrea Heinerl war eine literarische Begabung. Niemals würde er an sie heranreichen. So sehr er sich auch mühte, er verstand die Sätze nicht, wußte nie, warum sie etwa das Wort "Dauer-Mensch" gebrauchte. Dirrlwanger dachte unwillkürlich an Dauerwurst. Dirrlwanger dachte überhaupt gerne ans Essen und ans Trinken, besonders an den Wein, auch als er den Korken aus der Flasche zog.
Wieso war denn eine leere Flasche verkorkt? Dirrlwanger wollte sie schnell wieder verschließen, aber es war zu spät. Aus der Flasche quoll dicker, blauer Rauch und verdichtete sich zu einer kleinen blitzeblau gefärbten Hexe. Sie ging grad mal bis zum Knie, aber sie funkelte so gefährlich mit den Augen, daß Dirrlwanger gar nicht erst versuchte, sie zu zertreten.
„Griaß God“, sagte die Hexe. Das beruhigte Dirrlwanger etwas, denn, wenn sie etwa Ungarisch oder Tschechisch gesprochen hätte, wäre es doch schon bedenklich geworden. Darum raunzte er halb vertraulich, halb bierdimpfelich zurück: „Jo, wo sama dann, bisd depad.“ Und gar vollends beruhigt war er, als die Hexe antwortete: „Sei schdad, Burschi.“ Auf der Basis konnte man schon eine Unterhaltung beginnen.