Muschelträume

Trist

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Eine Muschel träumt seit Jahren
auf dem dunklen Meeresgrund,
doch sie würde gern erfahren;
ist die Welt dort oben bunt?

Von einer Sonne wird erzählt,
die das Meer zum glitzern bringt,
von einem blauen Himmelszelt,
in dem so mancher Vogel singt.

Kam ein Fisch vorbeigeschwommen -
sie erzählte ihm ihr Leid -
gleich hat er sie mitgenommen;
festgesaugt am Schuppenkleid.

Oben angekommen setzte
er sie ab, auf einem Stein,
den das Wasser stets benetzte -
und so ließ er sie allein.

In einem Jahr bin ich zurück
von meiner Reise durch das Meer,
bis dahin wünsche ich dir Glück;
versprech dir - ich komm wieder her!

Die Muschel freute sich am Licht,
am Wind, der Wellen steigen ließ,
doch bald beglückte sie es nicht,
dass sie die Heimat so verließ.

Sah Vögel die am Himmel zogen,
erlauschte fremde Melodie,
doch alle sind vorbei geflogen -
und keiner hatte Zeit für sie.

Nach einem Jahr der Einsamkeit
inmitten all den schönen Dingen,
erschien der Fisch und fragte sie;
soll ich dich jetzt nach unten bringen?

Ja! Bitte nimm mich mit nach unten -
die Zeit hier oben war zwar schön -
doch hab ich hier kein Glück gefunden,
jetzt möchte ich nach Hause geh'n.

Und so geschieht's, dass sich bis heut
Muscheln tief im Sand verstecken;
am Meeresboden - weit verstreut,
da schlafen sie - sind nicht zu wecken ...
 
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