Liebe Lady K.
Vielen Dank erst mal für deine Antwort und für deine Analyse des Textes.
Ein paar Vorschläge und Anmerkungen.
Du schreibst immer wieder „welche, welcher, welches“. Natürlich ist das richtig, aber ich finde, dass „das“ einfacher und schöner klingt.
Ich weiss, dass ich viele Worte immer und immer wieder wiederholt habe. Sieh es einfach so, dass ich beim Schreiben weniger auf den Stil achten konnte, denn ich beherrsche das Handwerk des Schreibens nicht wirklich, sondern einfach »drauf los« geschrieben habe, wie man so sagt. Einfach mein Gefühl hatte ausdrücken wollen.
Sicher kann man an dem Text noch wochenlang herumfeilen, aber das will ich gar nicht. Ich schreibe. wie es mir in den Kopf schiesst, das ist auch schon alles. Ist das falsch für die Leselupe?
...
Verärgert setzt sie sich in ihrem Bett auf und zieht sich die Decke bis unters Kinn. Sie fühlt sich warm an (wer? Marie oder die Decke?)
Gute Frage
Ich denke, beide, die Decke und Marie könnten sich warm anfühlen.
Was sie sieht, ist eine Frau anfang (Anfang) zwanzig, allein in einem Bett, welches (das) viel zu groß für sie ist.
Naja, das mit dem „das“ ist ja wohl nicht so wichtig, oder?
»welches« ist ein Wort wie alle anderen.
Sie mag ihr Gesicht nicht. Nicht, weil es jetzt so verschlafen aussieht, ungepflegt und ungeschminkt, sondern weil sie den Eindruck hat, dass es seit Jahren schon so aussieht. Sie mag sich mit sich selber nicht anfreunden und streckt sich die Zunge raus.
»Nun steh schon auf!«, sagt sie zu sich selber.
Hier auch die Wiederholung. Zweimal „zu sich selber“ oder „mit sich selber“ eigentlich kann man das „selber“ weglassen.
Ich weiss.
Marie steht langsam auf und geht so dicht vor den Spiegel, dass sie seine Kälte spüren kann. (Das gefällt mir sehr gut!)
Kaltes Glas kommt immer gut
)
Komischerweise hatte ich gerade dieses Bild arg klischeehaft empfunden. Dass du das nun gut fandest, überrascht mich.
Sie sieht ihre dunklen Ringe unter den Augen und ihre penetranten Sommersprossen, die nicht nur ihr Gesicht verunzieren, sondern ebenfalls (auch klingt hier schöner, finde ich) ihre Oberarme und die Schultern. (das würd ich umdrehen, weil die Schultern näher am Gesicht sind als die Oberarme)
ist das wirklich so wichtig ?
Sie sieht die viel zu kleinen Brüste, die selbst unter einem engen T-Shirt kaum zu sehen sind. (Zu viel sehen .... vielleicht: deren Konturen ... nicht auszumachen sind)
Sie schaut auf ihre viel zu dicken Schenkel und bemerkt mit einem Mal, dass sie viel zu o-beinig (obwohl ich vermute, dass das „zu viel“ hier ein stilmittel ist., würde ich es raus nehmen.) dasteht. Ihre Haare sind mittlerweile (ein bisschen zu viele füllwörter für meinen geschmack) viel zu lang geworden und sehen strähnig aus.
Das »zu viel« sollte eigentlich kein Stilmittel sein, hat sich nur so beim Schreiben ergeben.
Die Haare sind wirklich »mittlerweile« zu lang geworden, weil sie es tatsächlich erst in diesem Moment bemerkt. Vorher waren ihr die Haare egal.
Auf einmal weiß sie, dass sie von allem, was nicht notwendig wäre, viel zu viel hat. (wusste sie das vorher nicht?
Nein, sie wusste das vorher nicht
... plötzlich wird ihr klar ...?) (Und da würd ich jetzt noch rein nehmen, dass sie von dem, was sie gern hätte, viel zu wenig hat. nämlich busen. Und volles haar.) Und das beunruhigt sie.
Es ist mir dolle wichtig, dass das sie »beunruhigt«.
»Es gibt nichts, was eine Frau mehr verunsichert, als wenn sie sich selber nicht leiden kann.« (Ich weiß nicht, damit kann ich nichts anfangen. Es steht hier so wie ein zitat. Aber von wem ist es. Sonst würd ich gedanken nicht in anführungsstriche setzen)
Naja, ohne Anführungsstriche würde es nicht wirken. Ich hab mir gedacht, Marie denkt sich diesen Satz. So als ob Marie die plötzliche Erkenntnis trifft.
Als Marie dieser Gedanke kommt, sitzt sie gerade bei einem frisch gekochten Kaffee und raucht. Sie hat sich ein Brötchen mit Marmelade gemacht, welches (das) sie aber bisher nicht angerührt hat. An der Wand hängt ein Foto, welches sie seit Wochen nicht mehr beachtet hat. (Du könntest den Satz umstellen, damit du nicht wieder einen Nebensatz mit „welches“ oder „das“ hast. Z.b: Das Foto an der Wand hat sie seit Wochen nicht mehr beachtet)
Gute Idee.
Sie kann sich nicht erinnern warum. Genausowenig kann sie sich erinnern, warum sie dieses Foto dort hingehängt hat. (Die beiden Sätze könnte man überhaupt weglassen. Sie sind für den Fortgang nicht wichtig, oder?)
Ich denke schon, dass das wichtig ist.
Es ist ein altes Foto. Mindestens zehn Jahre alt. Zwei Kinder sitzen auf einer Schaukel, die aus einem alten Autoreifen besteht, der an drei Ketten hängt. (wieder ein bisschen viele Nebensätze. Mach ruhig mehrere Sätze draus)
Sie blicken in die Kamera, machen Grimassen und zeigen mit den Fingern ein V – das Peace-Zeichen.
Seine geheimnisvolle Begabung (was für eine Begabung denn? Bleibt das auch für den leser ein geheimnis?)
Lass dem Leser doch das Geheimnis. Um so spannender wird es doch.
hatte er von ihr erhalten, (begabungen erhält man nicht) weil sie es war, die ihn unterrichtete, die ihm Schreiben und Rechnen beibrachte, noch ehe er in die Schule kam.
Begabungen erhält man nicht ???
Erklär das mal.
Marie konnte spielen wie ein Kind, obwohl sie beinahe erwachsen wurde. (beinahe erwachsen wurde? Vielleicht: obwohl sie im begriff war, erwachsen zu werden)
Nö.
Das andere Kind ist Marie, sie weiß es jetzt. (Es wird vorher nicht klar, dass sie es nicht weiß)
Muss ja auch vorher nicht klar werden. Sie findet sich, sonst wäre ja die story sinnlos, wenn sie schon alles weiss, die Marie.
Ebenfalls (auch) auf dieser Schaukel und ebenfalls mit dem gezeigten V. Es muss im Sommer gewesen sein. In einem Sommer vor mehr als zehn Jahren.
Lennart war immer nur der Verlierer in einem Spiel, welches Marie niemals begriffen hatte. (in welchem Spiel?)
In dem Spiel, welches nie jemand begreifen wird. Sagen wir mal Papa-Tochter-Spiel
Lennart sammelte Fotos und eines davon hatte er ihr geschenkt. »Ich möchte, dass du diesen Tag niemals vergisst.«, hatte er gesagt. Er musste eine Vorahnung gehabt haben. Irgend etwas, was ihn damals schon ahnen lassen sollte, was passieren würde.
Als sie in die neue Stadt gezogen waren, fand Robert das »bombig«. Marie war eigentlich nur verwirrt.
So. und ich bin jetzt auch einigermaßen verwirrt. Was ist mit Lennart passiert? Und was mit Robert? Und was hat das mit Marie zu tun?
Was du schön machst, ist Maries Gefühl zu beschreiben, wie sie vor dem Spiegel steht und wie sie sich erinnert. Aber ich finde, das wesentliche bleibt irgendwie offen. Warum?
Wenn ich wüsste, was das alles bedeutet, müsste ich ja keinen Text darüber schreiben, oder ?
Liebe grüße
Lady K.