Nach dem Regen

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Die Stille hat Gewicht
auf den Stirnen derer,
die hinter Fenstern stehen.
Die Stille spricht
in den Hirnen derer,
die durch verregnete
Gassen gehen.

Tropfen fallen,
verspätete Gedanken,
Korrekturen an einer Welt,
deren Wahrheit erst im
Nachhallen fällt.
Ein Wort zu einem Satz,
der schon beendet schien.

Blätter hängen schwer
nach dem Regen,
tragen mehr, als sie tragen sollten.
Auf allem liegt nun ein bisschen
Segen von Meer
und die Vögel wissen
nicht mehr, was sie
singen wollten
vorher.

Stein und Holz dampfen leicht,
ihr Atem wird sichtbar.
Der Atem, der unsichtbar
zwischen uns schleicht,
tanzt beeindruckend klar
da im Licht.

Überall Fetzen vom Himmelskleid,
achtlos in Gassen,
auf Häusern der Stadt.
Lichtbruchstücke, zerbrochene Zeit,
was der Himmel
vergessen hat.

Die Stille, die ist,
ist kein Ende von etwas,
nur etwas zwischen zwei Anfängen.
Und nach dem Regen trägt jedes Blatt
eine Ahnung von Meer und
von den Gesängen,
die die Brüste von Engeln
und Kindern beschließt

Text dve
Musik KI Vertonung

 
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Michele.S

Mitglied
Wunderschön! Endlich Mal wieder ein Gedicht, dass nicht ironisch oder sarkastisch gemeint ist oder gezwungen auf lustig macht. Melancholisch, introspektiv und am Ende einen Hauch von Hoffnung. Das hat auf jeden Fall zu mir gesprochen. Danke dafür!
 

mondnein

Mitglied
und die Vögel wissen
nicht mehr, was sie
singen wollten
vorher.
wahrscheinlich ist das bloß metaphorisch erfunden, um die Stimmung etwas tiefer zu drücken
in der Tat setzen schon mal die Spatzen-Tschilp-Wettbewerbe ein, aber noch viel auffälliger, vor allem viel viel schöner, hinreißend entzückend, die Melodien der Amseln.

zerbrochene Zeit,
in Falle eines Falles
klebt Uhu wirklich alles
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
Die Stille, die ist,
ist kein Ende von etwas,
nur etwas zwischen zwei Anfängen.
ich dachte immer, sie läge zwischen einem Ende und einem Anfang
aber ich kann mich auch irren

dass nicht ironisch oder sarkastisch gemeint ist
(wahrscheinlich meinst Du, Michele, "das", Relativpronomen)
nun ja, da der Leser das Gedicht macht, ist es im Grunde genommen immer egal, was irgendwer gemeint hat
entscheidend ist vielmehr die Perspektive, die mehr oder weniger gefilterte Aufnahme und die mehr oder weniger witzige Stimmung des Leserinnenauges
d.h.: ein Ironiker freut sich an den ins Maßlose greifenden Übertreibungen mancher Klischee-Metaphern ("was der Himmel vergessen hat")
ein Sarkast an den "Brüsten von Engeln und Kindern"
und ein Leser an den Kommentaren, den sympathischen, den netten,
die dieses melancholische Liedchen betulich trösten und retten

grusz, hansz
 



 
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