nach der zerstörung

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anbas

Mitglied
nach der zerstörung

nachdem deine welt ins wanken geriet
lebst du in trümmern von dem was mal war
und zwischen ruinen suchst du eine zukunft
die in nur wenigen sekunden verschwand



ach scheiss auf solch poeten wie mich
mit all ihren kunstvollen lyrischen versen
und ihrem ringen um passende worte
mal so heroisch mal mahnend
mal tränentriefend mal voller moral
kein einziges wort wird dem gerecht
was dir widerfuhr

verzeih bitte all den poeten wie mir
die sich in deinem leid scheinbar nur suhlen
und ihre betroffenheit lyrisch verkünden
im fluss ihrer tatenlosigkeit
so weit entfernt von dem was geschah

doch sei dir gewiss
wir werden weiterhin
unbeirrt schreiben
und all das unsagbare
in unsere verse hüllen
nachdem deine welt
ins wanken geriet
 
G

Gelöschtes Mitglied 24479

Gast
lieber Andreas,
das kenne ich so gut, was du da beschreibst. nichts sagen können, aber nicht schweigen dürfen.
ich habe mal einen schönen oder hilfreichen theologischen gedanken dazu gelesen. wir müssen theodizeeempfindlich reden.
liebe grüße
charlotte
 

anbas

Mitglied
Liebe Charlotte,

hab vielen Dank für Deine Rückmeldung.

Gedichte zu Kriegen, Naturkatastrophen, Unfällen usw. laufen immer in Gefahr, dass sie dem Ereignis nicht gerecht werden. Und dann trieft da plötzlich eine kaum zu ertragende Betroffenheitslyrik aus den Zeilen oder die Texte wirken so, als wären sie eher zur Selbstbeweihräucherung des Autors geschrieben worden.

Trotzdem haben all diese Texte auch ihre Berechigung. Sie werden aber nie komplett den eigentlichen Kern treffen, sondern sich ihm nur bis zu einem gewissen Maß annähern. Es sind Worte, die Bilder und vielleicht auch Emotionen erzeugen - aber es sind andere Emotionen, die da beim Leser hochkommen, als die, welche die Betroffenen haben.

Es ist nicht möglich alles zu erfassen. Wie fühlt es sich an, wenn man unter einem eingestürzten Haus liegt und auf Rettung wartet? Spürt man Hunger, Durst, Schmerzen? Wie fühlt sich das wirklich an? Was kann man hören, wahrnehmen? Was für Gedanken hat man? Oder welche Geräusche sind da, wenn man z.B. in der Ukraine mit vielen Leuten in einem Keller sitzt? Wie riecht/stinkt es, wenn man da wochenlang eingepfercht ist? Nimmt man die Gerüche überhaupt noch wahr? Wie fühlt sich diese Angst an?
Das alles wissen nur diejenigen, die das wirklich erlebt haben, und nicht die, die gemütlich an ihrem Schreibtisch sitzen und ihre Verse in die Tasten kloppen...

Liebe Grüße

Andreas
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Andreas,

wir können ja gar nicht 'von ihnen' schreiben, sondern immer nur von uns - und das hat Charlotte schön auf den Punkt gebracht.

Aber das ist kein Grund für Gram. Letzten Endes kann doch unser Anspruch nicht sein, die Realität zu kopieren. Wir können nur unser mitfühlendes Herz ausdrücken und etwas aus unserer Perspektive sichtbar machen. Alles das hilft.

Liebe Grüße
Petra
 
G

Gelöschtes Mitglied 24479

Gast
lieber Ańdreas, liebe Petra,
solange wir genau das wissen, ist es gut! und dann müssen wir es auch zeigen.
liebe grüße
charlotte
 

revilo

Mitglied
booooaaaahhhhhh. nach der ersten strophe dachte ich........gäääähhhnnnnnn, was ist das denn für ein lahmer zock ( frei nach westernhagen in dem film theo gegen den rest der welt).......aber dann nimmt das teil richtig fahrt auf.....die 2. strophe ist der hammer......und dann folgt eine sehr zutreffende sicht auf diese bescheuerten dichter, die ihre verse klöppeln..........stark...........LG revilo
 

anbas

Mitglied
Ihr Lieben,

habt vielen Dank für Eure Rückmeldungen und Gedanken zu diesen Zeilen.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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