Nachgedacht

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Jede Menge Schäfchen dort oben im Himmel
Und hier im Garten so viele Geschichten
Die auf der Bank Platz genommen haben
Sich dort ausruhen und darauf warten
Dass jemand kommt um zuzuhören

Während ich dort sitze
den Geschichten lauschend
Zähle ich die Schäfchen am Himmel
Und überlege
Ob sie wohl vom Blau trinken
Ihr Weiß am Ende zu diesem Blau wird
Ein immer und immer wieder
Und immer wieder diese Amsel
In unserem Flieder
Die ihren Senf dazu gibt
Immer ihren Senf zu allem gibt
Eine von den geschwätzigen Dorfweibern
Kommt mir in den Sinn und Freddy
Unten am Stamm lauernd
Weniger am Inhalt ihrer Erzählung mehr
Am Inhalt ihres Federkleids interessiert
Ganz davon abgesehen weiß der Wurm
Durchs Grün kriechend
Nichts davon
Dass Freddy ihm durch seine Anwesenheit
Gerade ein zweites Leben schenkt

Und ich lausche den Schäfchen
Dem Blau und dem Grün
Den Geschichten der Bank und der Amsel
Freddy dem Wurm und dem Wind
Ich lausche meinem Herz und dem Leben
Von dem es erzählt
 
P

penelope

Gast
lieber otto,

es ist einfach eindrucksvoll zu sehen, wie einfachste bilder vor dem auge des lesers zu blühen anfangen, knospe um knospe gefühle auslösen, irrungen und wirrungen, visualisierungen:

alles verinnerlichte, sagen wir im leben, ist eine stille kammer, in das wir unsere existenz ablegen und wieder herausholen, als abbilder eben von dem, das uns wohl oder übel lenkte, kognitive und somatische impressionen, deren anordnung niemand kennt, nicht einmal der dichter, da es völlig ungeordnet aus ihm herauskommt:

was wir dort lagern, erklärt unser begrifflich und urteilndes erfassen dieser welt bis hin in die niederste regung:

"Und ich lausche den Schäfchen/Dem Blau und dem Grün/Den Geschichten der Bank und der Amsel/Freddy dem Wurm und dem Wind/Ich lausche meinem Herz und dem Leben/Von dem es erzählt"

ich bin mir sicher, es erfordert einen eigenen stil, um solche bilder zu zeigen, die in jeder hinsicht ein segment von einem leben zutage fördert, aber auch teilweise nur eine kurze erregbarkeit darstellt:

ich sehe hier ein aufspüren eines gefühlswesens, nämlich den menschen, nämlich am ende uns zusammen...

ich bin atemlos...

lg penelope
 
A

Architheutis

Gast
Lieber Otto,

ich stimme ein in penelopes Lobesgesang. Ich glaube nicht, dass man viel erklären muss, warum der Text gut ist. Ich glaube, jeder hier möchte das können: im Garten sitzen und einfach zu Papier bringen, was man empfindet.

Mehr als beeindruckend, man möchte mit Dir tauschen, ob dieser Sprachkunst. Man ahnt Deine Lebensweisheit.

Bevor das hier in allzu triefigem Geschleime ausartet, schiebe ich noch ein "Du bist bestimmt doof, oder so" hinterher. :)

Lieben Gruß,
Archi
 

Label

Mitglied
hallo Otto

ein gutes Gedicht hast du da geschrieben, es hat mich mitgenommen und entschleunigt.
Mit der einfachen klaren Sprache hat es in mir eine besinnliche Stimmung erzeugt, ein Gefühl vom Frieden mit sich selbst und dem Leben.

Das einzige was ich als nicht stimmig empfinde ist der Titel.

Denken ist für mich eine zielgerichtete Denkleistung, nachdenken eine analytische.

Dein Gedicht wirkt auf mich eher so, als ob es ein eher meditierendes - reflektierendes - sinnierendes Denken sei.

ich glaube dass ein Titel aus diesem Wortfeld passender wäre und vom eher beliebigen "nachdenken" befreien würde.

gute Zeiten wünscht dir
Label
 
K

Kara

Gast
Guten Abend Otto,
ich lausche dem - der mit (aus) dem Herzen spricht - bewundernd.
Viele Grüße
Kara
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Label,

bitte entschuldige die verspätete Antwort, ich hatte deine Worte glatt überlesen. Nachgedacht bedeutet hier eigentlich nur, dass mir damals, an diesem wundervollen Vorfrühlingstag, nichts durch den Kopf ging. Ich beobachtete die Szenerie vollkommen unbewusst. Erst viel später, dachte ich darüber nach.
 

John Wein

Mitglied
Lieber Freund,
Ich hatte dieses Gedicht einst unter Bruchstücke III gelesen und mich immer wieder einmal dahin durchgeklickt, wollte ich mal was Schönes lesen. Jetzt sehe ich, dass du es auch unter dieser Rubrik veröffentlicht ist. Prima!
Ich kann mich beim Lesen dieser Zeilen genau so gut entspannen, wie du auf deiner Gartenbank.
Gruß, JW
 
K

Kara

Gast
Und ich, lieber Otto, habe dein Gedicht seit es erschienen ist, immer wieder gelesen. Es hat mich wieder froh gemacht.
Danke. LG Uschi
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Lieber Otto,

von mir eine glatte 10, ich liebe deine Gedichte.

LG Franka
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Momentan schläft der Garten.
Die Bank ruht sich von meinem Hintern aus.
Der Flieder hat merklich abgenommen
und amseln tut schon lange nichts mehr.
Der Regenwurm scheint Winterschlaf zu halten.
Allein Freddy ist hin und wieder lebendig.
Wobei...meist verträumt er die Zeit am Ofen.
Übergewichtig, versteht sich.
Könnte ich ihn fragen würde es sagen,
dass er seinem Menschenkind nacheifert ;)
Der Himmel weiß nichts von seinem Blau,
ertränkt die Welt in einem scheußlichen Grau.
Alles scheint auf die Zeit danach zu warten.
 

molly

Mitglied
Hallo Otto

und amseln
Könnte ich ihn fragen würde es( er?) sagen,

Kleiner Fehler.

Aber gern gelesen.
Gruß molly
 



 
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