nacht wacht

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Dimpfelmoser

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nacht wacht

wenn dich der schlaf ins höllenfeuer stößt
wo tränen schwarzer engel dich versengen
und trostlos tote stimmen dich bedrängen
bis tages taubes dämmern dich erlöst

zerfalle ich in traumlos stiller nacht
bin eins mit ihr in grenzenloser leere
und endlich frei von körper loser schwere
kein atmen macht mich beben keine macht

lässt mich hinunter sinken und kein ton
klingt nach in mir und fordert ein erinnern
kein sinn erfasst dein sehn sucht volles wimmern
ich trotze deiner schweißig feuchten fron

nur manchmal streift mein schatten jenen ort
an dem dein alb blind kämpft mit den dämonen
dann spinnen fädeln flackernde neuronen
verweben meine welt reißen mich fort

und führen ohne arg mich hin zur glut
ich schmelze fließe stille alle funken
und ist das feuer tief in dir ertrunken
dann nähre ich im dunkeln seine brut
 

sufnus

Mitglied
Hi Dimpfelmoser,

formal ist dieser Text ja famos! In jambischen Bögen hast Du dieses Gedicht sorgsam durchgestaltet (mit ein paar vermutlich bewusst gesetzten metrischen Aufrauungen) und dabei mit durchgängig umarmenden Reimen versehen, bei denen die Eckzeilen jeder Strophe männlich und die Binnenzeilen weiblich kadenziert sind.
Das zeugt von tiefem Formbewusstsein und Liebe zum Sprachhandwerk.
Interessant, dass durch Kleinschreibung, die Trennung zusammengesetzter Wörter (körper loser schwere, sehn sucht volles wimmern) und den Verzicht auf Satzzeichen gewisse moderne Elemente einfließen, die mit der altmodischen Form kontrastieren.
Das gefällt mir alles gut - nur irgendwie hört man vermutlich schon die ganze Zeit ein gewisses, lauerndes Aber heraus.

Dieses Aber gibt es tatsächlich und es hängt mit dem "Ton" des Gedichts zusammen. Der kommt nun wirklich ausgesprochen gewaltig daher: "höllenfeuer", "schwarze engel" und "trostlos tote stimmen" gehen gleich am Anfang rhetorisch in die Vollen. Hinzu kommen etliche Antiquismen ("mich beben machen", "fron", "alb") und aliterative Ballungen (trostlos tote, tages taubes, feuchten fron), die einen gewissen Richard-Wagner-Sound generieren.

Also... wenn man Freude daran hat, so zu schreiben, ist wirklich nichts wirklich dagegen zu sagen und es wird bestimmt vielen Lupenlesern durchaus Freude bereiten (ich hoffe, die äußern sich dann auch in diesem Thread zu überblitzen mein Gemecker), ich glaube aber, dass Deine Sprachfreude, wenn sie auf etwas rhetorisch abgerüstetere Bahnen gelenkt würde, zu noch (sic!) weitaus interessanteren Texten führte.

Auf die Kochkunst übertragen, fühlt sich dieses Gedicht für mich ein bisschen an wie frittierte Butter und mir persönlich würde ein etwas leichtfüßigerer Angang wohl mehr Behagen bereiten.
Ich hoffe, das kommt trotz der Kritik jetzt einigermaßen zugewandt und definitiv ungehässig rüber. :)

LG!
S.
 

Dimpfelmoser

Mitglied
Hi Sufnus,

in Deinem Kommentar steckt doch nichts Gehässiges, und Gemecker schon mal überhaupt nicht. Im Gegenteil, es ist doch absolut hilfreich, eine solche Einschätzung zu lesen. Und ja, es stimmt, in gewisser Weise ist dies schon recht üppig - was mir selber tatsächlich gefällt, zumindest gelegentlich. Ich finde es jedenfalls gut, dass Du teilst, wie der Text auf Dich wirkt, und nehme dies für Zukünftiges gerne mit.

LG
Dimpfelmoser
 



 
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