Nachwehen (gelöscht)

anbas

Mitglied
Hallo,

mir gefällt dieser Text und die Stimmung, die rüber kommt, richtig gut. An einer Stelle bin ich gestolpert und denke, sie sollte überarbeitet werden:
Aber als ich dort hin kam, rümpfte die Ladenbesitzerin die Nase und schickte mich mit der Bemerkung, mich erst mal richtig zu waschen, wieder nach Hause.
Ich finde, es würde besser klingen, wenn es so geändert werden würde:
Aber als ich dort hin kam, rümpfte die Ladenbesitzerin die Nase und schickte mich mit der Bemerkung, [blue]ich solle mich erst mal richtig waschen[/blue], wieder nach Hause.
Liebe Grüße

Andreas
 

Haremsdame

Mitglied
Danke, lieber Andreas,

für Deine Meinung zu diesem Text. Ich bin mir noch unsicher, ob er nicht zu abrupt endet. Dir gefällt die Stimmung, die rüber kommt? Eigentlich wollte ich die Abscheu verdeutlichen, die die Menschen dieser Frau entgegenbringen, ohne etwas von ihr zu wissen. Muss ich vielleicht noch drastischer werden?

fragt Gabriele
 

gerian

Mitglied
Nachwehen

Hallo, liebe Haremsdame,

der unmittelbare Einstieg ist dir gelungen, während der zweite Satz Erstaunen beim Leser auslöst.
Soll heißen, dass die Protagonistin eigentlich "erleichtert" über den Tod der Mutter sein wollte, es ihr aber nicht gelungen zu sein scheint.
Der dritte Satz irritiert: Zwar kann die Prot. nachts ungestört schlafen, doch müde ist sie immer noch, wenn sie morgens aufsteht.
Der Leser sucht nach einer Erklärung und findet sie nicht.

Es gelingt dir, den Leser neugierig zu machen, warum niemand im Kursus die Prot. mag. Die Auflösung kommt folgerichtig im letzten Teil deiner Geschichte.

Nun frage ich mich, was willst du mit dieser Geschichte mitteilen?
Der Titel "Nachwehen" verweist in Analogie zu "Geburtswehen" auf die Schmerzen, die durch den Tod der Mutter entstehen?
Und auch diese litt unter "Bromhydrose".
Also ist das das Thema, d.h. die Prot. ist aufgrund ihres Leidens zu einer Außenseiterin geworden.
Aber auch sonst zählt sie eher zu den Randgruppen der Gesellschaft, sozial schwach.

Der Schluss ist zwar ohne Überraschung, aber er bleibt offen und das ist ein Charakteristikum für eine Kurzgeschichte.

Vielleicht kannst du noch deutlicher herausarbeiten, was du nun eigentlich mit dieser Geschichte aussagen möchtest.

LG
Gerd
 

Haremsdame

Mitglied
Lieber Gerd,

diese Geschichte soll zeigen, wie die Pflege einer kranken (in diesem Fall dementen) Mutter jemanden an den Abgrund der Gesellschaft drängen kann (vom Ehemann verstoßen, ohne Einkommen zurückgeblieben, ausgepowert bis zum Letzten). Wohl kaum jemand wird aus so einer Zeit "ungeschoren" davon kommen. Wer dann auch noch so eine schreckliche Krankheit wie Bromhydrose hat (diese Leute stinken schon bald nach dem Duschen wieder ganz schrecklich nach Schweiß - zum Glück gibt's das nicht allzuoft), der ist vom Leben schwerst geschlagen.

Diese Geschichte soll zum Nachdenken anregen, soll zeigen, dass nicht jeder, der am Rand der Gesellschaft steht, dort hingehört. Und: wenn eine Belastung wegfällt, bedeutet es noch lange nicht, dass alles "gut" ist. Die Müdigkeit nach einer anstrengenden Pflege kann sich über Monate hinziehen ...

Nachwehen soll verdeutlichen, dass dieses - nach dem Tod der Mutter - "neu geborene" Leben der Protagonistin alles andere als schmerzlos ist.

Die Protagonistin ist nicht aufgrund ihrer eigenen Krankheit zur Außenseiterin geworden, sondern durch die Demenzerkrankung der Mutter (verdeutlicht durch die Angst der Mutter vorm Alleinsein, durch deren "Hilfe"-Rufe und das Tragen von Inkontinenzhosen/Windeln) und deren Versorgung zu Hause (keine Zeit mehr Kontakte zu pflegen). Dabei bemerkte sie nicht einmal ihre eigene Erkrankung. Die wird ihr erst bewusst, als sie wieder unter Menschen kommt.

Übrigens habe ich hier bewusst durch Weglassen von zu vielen Informationen versucht, den Leser zum Denken anzuregen. Wenn ich Deinen Kommentar lese, scheint es mir gelungen zu sein ... Danke dafür!

sagt die Haremsdame
 
hallo Haremsdame

Unglaubwürdig:

1.) Er verlässt sie mit der Begründung, sie würde von nun an ein Lotterleben führen. Da muss schon etwas anderes gewesen sein.
(Da könntest du vielleicht einbringen, dass er sich total ekelt vor solchen Menschen und sie vor die Entscheidung stellt, er oder die Mutter. Das würde das lyrische Ich schon um vieles näher bringen).

2.) Ich weiß nicht, wie das bei euch in Deutschland ist, aber in Österreich bekommt man Pflegegeld (und das nicht mal schmal) wenn man so etwas macht. Auch bei der eigenen Mutter.

Der Text kommt mir irgendwie gekünstelt vor, zu abgedroschen. Das Lyrich berührt mich überhaupt nicht. Es gibt Deos, oder wie man das Zeug nennt, oder den Arzt, der vielleicht Rat weiß.

Handwerklich finde ich es gut geschrieben.

schöne Grüße
Gernot
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Gernot,

danke für Deinen Kommentar, wenn mich Deine Bemerkung, mein Text käme "unglaubwürdig" rüber, auch ziemlich betroffen zurücklässt.
Über Punkt 1 werde ich noch nachdenken. Vielleicht habe ich hier zu sehr verdichtet ...
Zu Punkt 2 suchte ich im Internet: bei Euch in Österreich gibt es wirklich mehr Pflegegeld, als bei uns in Deutschland. Aber darum geht es in diesem Text doch gar nicht. Sobald der zu Pflegende verstorben ist, fallen Rente und Pflegegeld weg, die Lebensunterhaltskosten aber bleiben ...
Übrigens ist mir vor ein paar Monaten tatsächlich eine solche Frau begegnet, die trotz ordentlicher Haare und sauber aussehender Kleidung im Laufe des Tages entsetztlich miefelt. Das Nachdenken über sie brachte mich auf die Idee zu diesem Text.
Zusätzlich habe ich nach Synonymen für "abgedroschen" gesucht und "abgenutzt", "abgeschmackt", "abgegriffen" gefunden. Meintest Du es so? Glaubst Du wirklich, dass dieses Thema schon zu häufig behandelt wurde?
fragt eine etwas konsternierte Haremsdame
 

Haremsdame

Mitglied
Danke für Deine Analyse, Gernot. Sie hilft mir weiter!

Eigentlich dachte ich, die Sorgen nach einer Pflege verständlich rüber gebracht zu haben. Auf die Idee, dass die Überlebensängste der Protagonistin sie wie eine Egoistin aussehen lassen, war ich bisher noch nicht gekommen. Als solche hätte sie sich ja wohl kaum über einen längeren Zeitraum ihrer kranken Mutter angenommen ... Aber interessant finde ich Deine Sichtweise schon!

Grüße von den Haremsdame
 
Da ich während der Pflegezeit nicht entsprechend versichert war, wird mir nur der Kurs [strike]ge[/strike][blue]be[/blue]zahlt.
Das ist einfühlsamer, ja, gut.
(naja, mir fehlt nur noch "ich hatte sie lieb, fühlte mich verantwortlich, und das konnte mir niemand nehmen" oder so etwas in der Art.

schöne Grüße
Gernot
 



 
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