Hallo juttavon,
dein Gedicht
Nächte gefällt mir in Ansätzen sehr gut, doch im Gesamtbild fehlt es mir dem Text an Kohärenz. Aber beginnen wir von vorn:
Laternen trösten das Licht
klingt in meinen Augen erst einmal interessant, doch lässt man sich den Vers auf der Zunge zergehen, bleibt das Verb
trösten irgendwie isoliert. Ich finde das Bild der das
entweichende Licht tröstenden Laternen nicht stimmig, vielleicht kannst du mir es erklären und ich ändere meine Meinung daraufhin?
Das Bild eines
in die Nacht entweichenden Lichtes dagegen gefällt mir gut, da hier ein Gehalt eröffnet wird, welcher die Übermacht einer Dunkelheit ausdrückt, gegen die das von Menschen gemachte Licht wenig ausrichten kann. Man kann hier soweit gehen, den ewigen Kampf zwischen Kultur und Natur thematisiert zu sehen, aber vielleicht führt das auch zu weit.
Zu weit führt in meinen Augen auch der dritte Vers, wenn er das
Halbdunkel anspricht, da hier das beschrieben wird, was der zweite Vers bereits ungesagt imaginiert (die nächtlichen Lichtverhältnisse in der Sphäre einer Laterne). Das Ungesagte wirkt aber umso mächtiger in meinem Kopf nach, deshalb würde ich vielleicht darüber nachdenken, an dieser Stelle eine Kürzung vorzunehmen.
Die zweite Strophe beginnt meiner Meinung nach mit einer ganz starken Szene
wahnsinnige Falter taumeln
,
verliert sich dann aber in einer Erklärung, die zwar geschickt das Stilmittel der Alliterationen verwendet, inhaltlich aber keine Notwendigkeit erkennen lässt. Die Szene hast du nämlich bereits dichterisch umgesetzt, weshalb also diese konkreten Dinge noch einmal als
Szenen beschreiben?
Durch die demgemäß aufgesetzt wirkenden
sternenlos stummen Szenen einer starren Nacht beginnt die dritte Strophe mit
Tränen, die nun, aus dem bisherigen Textverlauf schließend, unmotiviert erscheinen. Es fehlt der Zusammenhang (Kohärenz), der dieses Bild schlüssig in das Gedicht einfügt. Freilich ist ein solcher nicht immer zwingend notwendig, doch müsste, wie ich finde, ein solcher inhaltlicher Sprung in der impressionistischen Szenerie auftauchen, die du skizziertest, bevor du dieselben als
Szenen bezeichnetest. Deshalb würde ich die Benennung der Szenen als Szenen gänzlich aus dem Gedicht tilgen.
Letztlich hat dein Poem in meinen Augen das Potenzial, durch eine Verdichtung aufgewertet zu werden. Diese könnte vielleicht so aussehen:
wahnsinnige Falter taumeln
im verendenden Licht der Laternen
darunter fange ich deine Träne
zum Schutz vor Nächten
Viele Grüße
Frodomir