Wotawa
Mitglied
Es ist kurz nach Mitternacht, als ich aufwache, den Mund voll Magensäure. Scheibenkleister, denke ich, wieder mein Antazidum vergessen. Ich wälze mich aus dem Bett, gehe ins Bad, hole mein Magenschutzgel und wanke zurück in die Küche.
Da steht sie, an den Esstisch gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, in einem karierten Männerhemd und kurzen Hosen. Ihre roten Haare leuchten und sie grinst. Ich schrecke kurz zurück, aber ich erkenne sie auf Anhieb. 15-jährige Mädchen sollten 65-jährige Männer nicht so lasziv angrinsen, denke ich, auch wenn sie etwas frühreif sind.
»Hallo Gabi«, sage ich.
»Hallo Papa«, antwortet sie.
»Ich bin nicht dein Vater.«
»Aber du hast mich erschaffen. Oder soll ich Robert zu dir sagen, wie dein Alter Ego in deinem Roman?«
Mein Blick fällt auf den klaffenden Schnitt auf ihrem rechten Oberschenkel.
»Du blutest mir alles an hier«, sage ich.
»So hast du mich zurückgelassen am Ende des 17. Kapitels«, bemerkt sie schulterzuckend, »vor drei Wochen schon!«
Stimmt, denke ich und fühle mich wieder schuldig. »Soll ich dir die Wunde verbinden?«
»Das geht hier nicht«, lehnt sie ab, »nur in deinem Roman.«
Ich nicke. Wo sie recht hat, hat sie recht.
»Willst du was trinken?«
»Cola mit Zitrone wäre super« sagt sie, »Geht aber leider auch nicht.«
»Hätte ich ohnehin keines gehabt. Ich trinke schon seit Jahrzehnten kein Cola mehr. Und von Zitronen bekomme ich Magenschmerzen.«
Wir betrachten uns eine Weile stumm. Dann frage ich: »Wie kommst du überhaupt hierher. Du gehörst in meinem Kopf und in mein Manuskript, aber nicht in meine Küche!«
»Du hast mich gerufen«, behauptet sie.
»Ich? Wann?«
»Als du diesen Post im Diskussionsforum dieser Autoren-Website gelesen hast. Da dachtest du: He, das würde ich auch mal gerne machen. Ein Gespräch mit Gabi führen! Tja, und wupp, schon bin ich da.«
»Du bist eine Halluzination«, sage ich.
»Stimmt. Aber echt bin ich trotzdem. Genauso wie der Geschmack nach Cola mit Zitrone, der sich manchmal auf deiner Zunge bildet, wenn du über mich schreibst.«
Genauso, wie dein Kuss geschmeckt hat, den du mir vor 50 Jahren gabst, denke ich.
»Und was willst du?«, frage ich sie.
»Dass du deinen Roman weiterschreibst, alter Mann. Oder wie lange soll ich noch mit dieser Wunde hier im Klassenzimmer rumsitzen?« Obwohl es ein Vorwurf ist, lächelt sie. Dann wird ihr Bild durchsichtig und löst sich langsam auf.
Sie hat recht, denke ich, ich muss weiterschreiben. Dann öffne ich den Kühlschrank. Wo heute Abend noch das Bier stand, sind jetzt zwei Dosen Cola. Und im Gemüsefach liegt eine Zitrone.
Da steht sie, an den Esstisch gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, in einem karierten Männerhemd und kurzen Hosen. Ihre roten Haare leuchten und sie grinst. Ich schrecke kurz zurück, aber ich erkenne sie auf Anhieb. 15-jährige Mädchen sollten 65-jährige Männer nicht so lasziv angrinsen, denke ich, auch wenn sie etwas frühreif sind.
»Hallo Gabi«, sage ich.
»Hallo Papa«, antwortet sie.
»Ich bin nicht dein Vater.«
»Aber du hast mich erschaffen. Oder soll ich Robert zu dir sagen, wie dein Alter Ego in deinem Roman?«
Mein Blick fällt auf den klaffenden Schnitt auf ihrem rechten Oberschenkel.
»Du blutest mir alles an hier«, sage ich.
»So hast du mich zurückgelassen am Ende des 17. Kapitels«, bemerkt sie schulterzuckend, »vor drei Wochen schon!«
Stimmt, denke ich und fühle mich wieder schuldig. »Soll ich dir die Wunde verbinden?«
»Das geht hier nicht«, lehnt sie ab, »nur in deinem Roman.«
Ich nicke. Wo sie recht hat, hat sie recht.
»Willst du was trinken?«
»Cola mit Zitrone wäre super« sagt sie, »Geht aber leider auch nicht.«
»Hätte ich ohnehin keines gehabt. Ich trinke schon seit Jahrzehnten kein Cola mehr. Und von Zitronen bekomme ich Magenschmerzen.«
Wir betrachten uns eine Weile stumm. Dann frage ich: »Wie kommst du überhaupt hierher. Du gehörst in meinem Kopf und in mein Manuskript, aber nicht in meine Küche!«
»Du hast mich gerufen«, behauptet sie.
»Ich? Wann?«
»Als du diesen Post im Diskussionsforum dieser Autoren-Website gelesen hast. Da dachtest du: He, das würde ich auch mal gerne machen. Ein Gespräch mit Gabi führen! Tja, und wupp, schon bin ich da.«
»Du bist eine Halluzination«, sage ich.
»Stimmt. Aber echt bin ich trotzdem. Genauso wie der Geschmack nach Cola mit Zitrone, der sich manchmal auf deiner Zunge bildet, wenn du über mich schreibst.«
Genauso, wie dein Kuss geschmeckt hat, den du mir vor 50 Jahren gabst, denke ich.
»Und was willst du?«, frage ich sie.
»Dass du deinen Roman weiterschreibst, alter Mann. Oder wie lange soll ich noch mit dieser Wunde hier im Klassenzimmer rumsitzen?« Obwohl es ein Vorwurf ist, lächelt sie. Dann wird ihr Bild durchsichtig und löst sich langsam auf.
Sie hat recht, denke ich, ich muss weiterschreiben. Dann öffne ich den Kühlschrank. Wo heute Abend noch das Bier stand, sind jetzt zwei Dosen Cola. Und im Gemüsefach liegt eine Zitrone.