Nächtliches Ständchen

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Sie:
[ 4][ 4]Was ist mit dir passiert?
[ 4][ 4]Du siehst ja schrecklich aus:
[ 4][ 4]Das Haar verfilzt, das Auge tränt,
[ 4][ 4]und dein Gesicht!

Er:
[ 4][ 4]Ich lag auf Schwellenstufen hier
[ 4][ 4]vor deinem Haus
[ 4][ 4]und wachte wie ein Hund,
[ 4][ 4]denn schlafen konnt ich nicht

Sie:
[ 4][ 4]Was war denn gestern abend los?
[ 4][ 4]Tief in der Nacht
[ 4][ 4]Gejaul von geilen Katzen erst,
[ 4][ 4]dann Mordsgebrüll?

Er:
[ 4][ 4]Ich fand ein Lied
[ 4][ 4]und hab es dir hier dargebracht -
[ 4][ 4]ein Ständchen nur. Ich sangs
[ 4][ 4]und alles wurde still
 

poetix

Mitglied
Hallo Mondnein,
nanu, schreibst du hier etwa ohne tieferen Sinn? Oder habe ich ihn nur nicht erkannt. So oder so, jedenfalls amüsant.
Viele Grüße
poetix
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
man lese es bis zum "Schluß"

Lustig ist - bzw. scheint - nur die metaphorische Oberfläche. Dieses Liedlied ist aber in sich gekrümmt, und was "sie" als Katzengejaul verspottet, ist "ihm" ein Zauberspruch von einer geradezu entgegengesetzten Wirkung und zeigt eine gänzlich andere Substanz: "ich sangs / und alles wurde still".
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Mondnein,

ja, sauber geschrieben, aber das scheint mir auch noch das Beste an deinem Gedicht. Die Story selbst ist flach wie der Müggelsee bei Flaute. Witzlos, steril, ohne Pep. Ich würde dir ja so gerne mal was Netteres schreiben wollen, aber du gibst mir wenig Gelegenheit. Schließlich kann ja nicht ich deine Gedichte schreiben. Tut mir leid, nun hoffe ich auf dein nächstes Gedicht, vielleicht habe ich da Glück.

Liebe Grüße, Fettauge
 

Label

Mitglied
Lieber Mondnein

was trieb dich zur Vermutung ich habe dein Gedicht nicht zu Ende gelesen?
Für mich lag die Komik in der unterschiedlichen Einschätzung von Sänger und Besungenen.

es hätte auch jener Falschfahrer auf der Autobahn sein können, der im Radio die Warnung hört, auf der von ihm befahrenen Autobahn sei ein Falschfahrer unterwegs und der deshalb ausruft: Einer? Hunderte!

Gut, das ist nicht ganz vergleichbar, da die Einschätzung des Autofahrers ganz offensichtlich falsch ist.
Mein Punkt ist, wenn die Ansichten soweit voneinander abweichen, sind zu wenig Berührungspunkte vorhanden, um ein ausreichendes "wir" herzustellen, das der Sänger offensichtlich anstrebte.
Da bleibt jeder in seinem eigenem Universum und es ist unerheblich wie das jeweils aussieht.
Feline Ranzgeräusche in magischen Beschwörungsgesang zu übersetzen, erfordert zielstrebige Mühe und Entschlossenheit.

Montagsworte ;)von
Label
 

Schrissi

Mitglied
Hallo Mondnein,

danke für Deine Super Bewertung zu meinem Haiku-Versuch.
Ich finde Dein Gedicht auch in erster Linie humorvoll.

Das "Gejaul von Katzen" habe ich als den Gesang interpretiert und das "Mordsgebrüll" als den wütenden Nachbar, der, aus dem Schlaf gerissen, auf die Straße stürmt, um dem Sänger eins überzubraten.
"Alles wurde still" habe ich als Bewusstlosigkeit von "ihm" gedeutet.

Ich sehe das so ähnlich wie Label, die Wahrnehmungsebenen von "ihr" und "ihm" sind zu unterschiedlich, als dass es harmonieren könnte. "Er" erscheint liebenswert und zartfühlend, während "Sie" eher oberflächlich und uninteressiert an ihm wirkt und man sich als Leser fragt, wieso er solch eine Qual auf sich nimmt, wegen "ihr". Damit erscheint "Er" als unglaubwürdig und somit das ganze Gedicht.

Viele Grüße

Sylke
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Man lese ... - man nehme ... - man vermeide ...

Label, beruhig Dich wieder. Keiner hat behauptet, Du hättest das kurze Ding nicht zuende gelesen. Keiner!
Im Grunde bestätige ich mit meinem Nachtrag Deine Leseweise. Ob Du Dich dann als Falschfahrer gespiegelt siehst, ist Deine Sache, ist aber nicht wichtig.
Ich habe einen unziemlichen Fehler gemacht: Ich habe meinem Liedchen eine Erklärung nachgeschoben. Das ist Schulmeisterlich, alle Selberleser fühlen sich verschülert. Die Dr.Oetker-Phrase "Man nehme..." liest sich wie "Man nehme eine Besserspitze ..." - Ja, man vermeide: man vermeide nachgeschobene Erklärungen. Diese hier eingeschlossen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Grüß Dich, Fett-A.!

Hallo Auge, altes A., lange nicht mehr gesehen!
Ich weiß, daß Du meine Gedichte nicht schreiben kannst. Nicht der Schreibe wert.
 
O

orlando

Gast
Hallo Hansz,
die Sache mit der wörtlichen Rede in Gedichten ist ziemlich umstritten - Grillparzer und ich mögen sie. :D
Allerdings möchte ich anmerken, dass dein Zauberspruchmotiv auch bei mir nicht ankommt; vielmehr wirkt der Text ausgesprochen humoristisch, was ja nicht gegen ihn spricht.

Dann ist da noch die Sache mit den "Schwellenstufen:" Für mich gibt es jeweils nur eine Schwelle oder eben eine Schwellenstufe.
Mehrere Stufen ergäben eine Treppe. :cool:;)

So richtig überzeugt mich nur die letzte Strophe.

Gleichwohl freundlich-gesonnene Grüße
orlando
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Schwellenstufen - Plural?

Quiz ("Wer wird Tellerwäscher", Vier-Euro-Frage):

Der Plural "Schwellenstufen" (obwohl es üblicherweise nur eine Schwelle pro Eingang gibt) erklärt sich

[blue]A [/blue]als poetischer Plural (wie "Veneres Cupidinesque" bei Catull, obwohl es nur eine Venus mit ihrem einen Cupido gibt)
[blue]B [/blue]oder als Dvandva-Kompositum (d.i. aufzählende Verbindung mehrerer Substantive, hat Pluralendung);
[blue]C [/blue]oder das Haus hat mehrere Türen, also mehrere Schwellen, von denen man den Penner verjagte;
[blue]D [/blue]oder der Verliebte lügt: seine Unkenntnis der Schwellenanzahl pro Eingang verrät ihn als Schwätzer
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wortzsammensetzungen mit Fugenlaut:
Das Vorderwort erscheint in seiner Mehrzahlform (mit oder ohne inhaltlichen Anlass): Kartenhaus, Gänsebraten, …

Wikipedia
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Aber nicht jede Wortzusammensetzung ist ein Dvandva.
Und natürlich könnte [blue]B[/blue] falsch sein, eben weil "Schwellenstufen" gar kein Dvandva ist, sondern ein Kompositum tatsächlich der Sorte, wie die Wiki vorführt: Vorderglied im Plural. Im Deutschen gibt es Dvandvas offensichtlich nur bei Ländernamen wie "Schleswig-Holstein" und "Baden-Württemberg". Die in der Wiki beigespielten Komposita sind allesamt Komposita vom Typus "Tatpurusha" und "Karmadharaya", und solch eines ist auch "Schwellenstufen": Die Begründung für die Pluralbildung am Ende des Wortes ist also falsch: [blue]B[/blue] scheidet aus.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebe Label!

Habe noch einmal Deine Kommentare gelesen.
Feline Ranzgeräusche in magischen Beschwörungsgesang zu übersetzen, erfordert zielstrebige Mühe und Entschlossenheit.
In Deiner Sicht ist die "sie", der das Ständchen dargebracht wird, eine Katze, deren "Ranzgeräusche" vom Sänger "übersetzt" werden?
Oder der Sänger greift sich eine Katze und übersetzt deren Gejaule, und das noch mit "zielstrebiger Mühe und Entschlossenheit"? Warum sodomisiert er nicht gleich das geile Vieh?
Du siehst, scheints mir, den nächtlichen "Krach" als das Wirkliche, das vom Sänger zu Stille umgedeutet wird. Das ist doch sehr verwirrend, denn die vorliegende Realität ist ja das Lied selbst, und der "Krach" ist nur reportiert, am folgenden Morgen als Deutung vorgetragen. Die "sie" interpretiert wie eine Leselupentante (eine "lupa"), und "er" singt. Das Ständchen, worüber "er" singt ist das Ständchen, in dem er über das Ständchen singt. "Er" interpretiert bzw. übersetzt nicht, sondern singt: zuerst seine Liebeserklärung, dann dieses Liedlied. Und nirgendwo steht, "sie" antworte darauf mit "nein". Das wäre ja nach dem "still" dran, aber es ist schon so gemeint, daß es mit dem "still" friedlich endet, nicht mit kindischem "nein-doch-nein-doch-nein-doch-undsoweiter-nichtsoweiter ..." -
Ja, ich sehe schon: Du versetzt Dich in die Rolle der "sie" und versuchst den Sänger mit Witz zu toppen.

Ich sangs. Und alles wurde still.
 



 
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