Dialogskizze
Also offensichtlich nicht ironisch, sondern so selbstgefällig, daß es die Autorin mit hineinzieht.
Einmal
da war es beinah so
dass du deinen Blick
in meine Augen legen
und Heimat
finden konntest
Aus dem Blickwinkel des Lyri "beschrieben", mit einer scheinbaren Einfühlung in die Empfindung des Lyrdu, allerdings so, daß es dem Lyri schmeichelt: "Heimat finden". Keine Rede davon, ob das Lyri selbst etwas Entsprechendes im Blick des Lyrdu gesucht und gefunden hat;
"beinah" schmälert dieses Heimatfinden, allerdings nicht als Defizit des Lyri, sondern des andern, ohne zu fragen, warum es dem andern keine Heimat bieten konnte.
Du hast nicht bemerkt
wie nah ich dir war
weil du mich
in weiter Ferne wähntest
Ja, schon wieder so ein selbstgerechter Anschuldigungston. Wäre das Lyri dem andern wirklich "nah" gewesen, hätte der andere es so empfunden; ansonsten ist es nur das Sichfühlen einer Narzisse.
Warum auch nicht. Das ist schon okay, ist schon gut so.
Denn in der Distanz eines jeden Lesers, der weder mit dem Lyri noch mit dem Lyrdu identisch ist (ein Leser bezieht ja das "du" eines Textes nicht unmittelbar auf sich, solange es kein persönlicher Brief an eben ihn selber ist), ist jede psychische Charakteristik einer gut ausgeformten Rolle interessant, sprechend, aussagekräftig, ein Blick ins lebendige Leben. Dialogskizze.
Das Buch ist immer noch bei mir
Also der andere solls abholen, denn das Lyri ist sich zu bequem, es zurückzubringen. Oder es ist ein Geschenk, das nun abgelehnt wird. Eine ganz hübsche Metapher für die "Nähe", die das Lyri sich selbst gegenüber hat.
Das ist die pure Selbstgefälligkeit.
Und natürlich ironisch, denn wir lesen es in ästhetischer Distanz. Wir sind ja weder Lyri noch Lyrdu, sondern "dritte" Leser.
Und das ist "seltsam"?
Wieso denn?