2. Kapitel - Wie die Prophezeiung enträtselt wurde
Als Bauer Bonjol alle Tiere seines kleinen Hofes versorgt hatte und zufrieden feststellte, dass seine liebe Frau Silda zu Ehren ihres Gastes wieder ein prächtiges Frühstück hergerichtet hatte, dessen Hauptbestandteil nicht weniger als 20 Honigpfannkuchen zählte, stieg er die kleine Holztreppe in Richtung des Gästezimmers empor, um Norem zu wecken. Oben angekommen beschlich ihn ein ungutes Gefühl und er hielt für einen kurzen Augenblick inne. „Oh nein alter Freund, das wagst du nicht“ sprach Bonjol, als er sah, dass die Tür zum Gästezimmer einen Spalt weit offen stand und goldenes Sonnenlicht auf die Dielen des Flures fiel. Mit großen Schritten hielt er auf die Türe zu, um sie mit einem unsanften Stoß geräuschvoll aufzustoßen. Das Zimmer war leer, das Bett neu hergerichtet und auf dem Tisch lag ein kleines Häuflein wilder Brombeeren. Wütend riss Bonjol die prallen Früchte vom Tisch und mit polternden Schritten stampfte er über die Holztreppe zurück nach unten in die Küche. „Dieser unverbesserliche alte Narr. Er hat es schon wieder getan. Schlägt einfach meine Aufforderung zu bleiben in den Wind und zieht im Morgengrauen von dannen wie ein Vagabund. Dann versucht er noch mit Brombeeren zu beschwichtigen, was unverzeihlich ist. Das war das letzte Mal, ach was, das allerletzte Mal das dieser alte Unhold meine Gastfreund... „Bonjol“ unterbrach in sein Weib mit einer versöhnlichen Süße in der Stimme. „Du kennst ihn doch. So ist er nun mal. Sicher hat er in der Nacht wieder über etwas nachgesonnen, dass ihn dann nicht mehr losgelassen hat. Und so ist er, wie schon dutzende Male in all den Jahren, im Morgengrauen aufgebrochen um auf dem schnellsten Wege zurück nach Pradnug zu gelangen.“
Bonjol stopfte sich einige der Brombeeren in den Mund und setzte sich dann an den reich gedeckten Tisch. Seine Mine war noch immer finster, doch begann sie sich allmählich zu erhellen.
„Und wer isst jetzt die Honigpfannkuchen?“
Norem war schon ein gutes Stück vorangekommen, seit er kurz nach dem Morgengrauen aufgebrochen war. Bauer Bonjol’s Gehöft und die anderen Häuser des kleinen Dorfes, am Rande des mächtigen Eiswaldes, lagen schon weit hinter ihm. Doch noch immer plagte Norem das schlecht Gewissen, den guten Bonjol wieder einmal enttäuscht zu haben. Aber die brennende Begierde, endlich den Inhalt der alten Schriftrolle zu enträtseln, ließ Norem keine Ruhe. So wäre es ihm unmöglich gewesen, zusammen mit Bonjol und Silda noch in gemächlicher Ruhe ein üppiges Frühstück einzunehmen und erst dann den langen Weg nach Pradnug anzutreten. „Die Sache duldet keinen Aufschub“ murmelte Norem, als er gerade den Rand eines großen Peorfeldes erreichte. Darüber lag milchiger Morgennebel, der die Luft angenehm frisch machte. Wenn alles gut ging und er nicht aufgehalten würde, so sollte der lange Weg in die Hauptstadt des Reigolreiches bis zur Mittagsstunde zu bewältigen sein. Norem stieg der Duft des reifen Peor in die Nase, dessen leuchtend gelbe Blüten durch die Nebeldecke schimmerten und einen farbenfrohen Anblick boten. Der weise Mann befand sich im größten Anbaugebiet für Peor des ganzen Reiches, den östlichen Peorwiesen vor dem großen Eiswald. Peor hat das Land reich und mächtig gemacht und man findet den Namen der Pflanze sogar im Landesnamen wieder. Reigolpeor ist ein aus Reigol und Peor zusammengesetztes Wort. Reigol nennen sich die Bewohner dieses stolzen Landes und Peor ist der Name jener Pflanze, auf welcher dessen Wohlstand begründet ist. Peor kann zur Herstellung von sehr unterschiedlichen Dingen verwendet werden. Bei den reichen Handelsleuten des Südens und auch in Talun, dem Reich des Spiegelsilbers, ist Peor sehr beliebt wegen des süß duftenden Parfumöls, dass man aus den zarten Blütenblättern gewinnt. Händler und Reisende kaufen dieses Parfum um es ihren Frauen zu schenken und in Reigolpeor selbst gehört dieser Duft zu jeder Reigolfrau.
Aus den getrockneten Früchten der Peorpflanze lässt sich ein ganz besonderes Mehl mahlen. Backwaren die damit gebacken werden, behalten ihre Frische über eine sehr lange Zeit. Die Früchte sind daher sehr gefragt in ärmeren Ländern, wie dem ehemals von Reigolpeor bekämpften Twiarlun. Aber auch die landeseigene Küche ist ohne Peor undenkbar. So gibt es viele Backspezialitäten die aus Peormehl hergestellt werden. Getrocknete Peorsamen sind ein intensiv duftendes und edles Gewürz, dass Fleisch- und Fischgerichte zu einer wahrhaftigen Gaumenfreude werden lässt. Es gibt unglaublich viele Verwendungsmöglichkeiten für Peor und sehr viele Dinge, die sich daraus herstellen lassen. Den ersten Reigol, die vor hunderten von Jahren in diese Gegend der damals noch jungen Welt gelangten, diente wilder Peor als Nahrungsgrundlage. So konnten die Reigol schnell Dörfer und Städte errichten und rasch nahm ihr kleines Reich nun an Größe zu. Der Peor wurde kultiviert und auf größeren Flächen angebaut. Die Peorprodukte verkaufte man bald in die Nachbarländer und das junge Reich gelangte zu Wohlstand und gewann stetig an Macht und Fläche.
Heute ist Reigolpeor neben Hirdan, das von finsteren und kriegerischen Kreaturen namens Loin Palog bewohnt wird, das mächtigste Reich überhaupt. In zahllosen Eroberungskriegen haben die Reigolkönige des Bul-Geschlechtes riesige Flächen erobert. Dabei überrannten sie kleinere Länder wie im Sturm und nahmen sich Teile anderer, wenn dort nur etwas zu finden war, dass die Begierde eines Reigolkönigs weckte. In der langen Geschichte von Reigolpeor gab es zahllose wichtige Schlachten, die den Besitz des Landes schlagartig vergrößerten. Die Tage an denen jene Schlachten einst geschlagen wurden, werden heute als Feiertage gewürdigt. Dabei ist jeder Tag nach dem König benannt, unter dem die bedeutungsvolle Schlacht seiner Zeit stattgefunden hat. Heute herrscht Frieden rund um Reigolpeor und um das gewaltige Land herum wurde ein schwerer Schutzwall errichtet, der rund um die Uhr von vielen Soldaten bewacht wird. Durch den Schutzwall ist es möglich, den Verkehr in das Land und aus ihm heraus genau zu kontrollieren. Trotz des Friedens verfügen die Reigol nach wie vor über eine unglaublich große Armee, die in kleineren Verbänden über das ganze Land verteilt ist. Da Reigolpeor mittlerweile so groß ist, dass es nicht mehr nur von einer Stelle aus gelenkt werden kann, gibt es seit einiger Zeit Gebietsfürsten. Die so genannte Moldonen führen jeweils ein ihnen zugeteiltes Teilgebiet. Sechs solcher Moldonen gibt es im Ganzen, die im Reich die zweitmächtigste Führungsposition innehaben. Jeder Moldone wird vom König selbst bestimmt und bleibt dann so lange in seinem Amt, bis der König ihn wieder daraus entlässt. Traditionell und als Zeichen der grundlegenden Neuerung des gesamten Reiches werden aber alle Moldonen ausgetauscht, wenn der Königsthron durch einen neuen König bestiegen wird.
Norem spürte jetzt, wie langsam Hunger in ihm aufstieg und er bedauerte insgeheim doch, das Frühstück bei Bonjol verpasst zu haben. Er stoppte kurz um zu verschnaufen. Sein Herz schlug schnell und sein Atem raste. So hastig wie an diesem Morgen war er den langen Weg nach Pradnug noch nie angegangen. Seine Kehle war trocken, also griff er nach seiner Flasche am Gürtel und nahm einen großen Schluck. Im Morgengrauen hatte er sie bei Bonjol mit frischem Brunnenwasser und einem kräftigen Schuss Brombeerwein befüllt. Das kalte Wasser mit dem fruchtigen Geschmack des Weines tat ihm gut und brachte ihm einen Teil seiner Kräfte zurück. Norem schaute sich um. Er stand kurz vor einem Kreuzungspunkt zweier ausgetrockneter Feldwege, inmitten ausgedehnter Peorfelder. Der Morgennebel hatte sich inzwischen aufgelöst und die Sonne, die aus einem wolkenlosen Himmel strahlte, gewann ständig an Kraft hinzu. Die Frische war der Luft entwichen und unaufhaltsam wurde es immer wärmer. Der süßliche Duft des Peor stand über den endlosen Feldern und war allgegenwärtig. Norem verließ den Weg und lief einige Meter in das Feld hinein. Rasch pflückte er eine Handvoll reifer Peorfrüchte und begann sie zu essen. Sie waren süß und so voller Saft, dass es spritzte, als er hinein biss. Er trat zurück auf den Weg, wischte den klebrigen Saft aus dem Bart und wählte am Kreuzungspunkt entschlossen den nach rechts führenden Pfad. Das war der kürzeste, aber auch beschwerlichste Weg nach Pradnug. Er führte einige Male recht steil bergauf und bergab. Überdies gab es hier keine Bäume am Wegesrand, die Schatten spendeten. Dennoch wollte Norem nicht eine Minute länger als nötig unterwegs sein. So hastete er weiter durch die leuchtend gelben Peorfelder und eilte auf staubigem Grund ungeduldig der Hauptstadt entgegen.
Kurz nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte, sah Norem langsam über einem Hügel die ersten Türme der gewaltigen Reigolstadt Pradnug erscheinen. Als er oben angekommen war, machte er an einem seiner liebsten Aussichtspunkte halt, um einen kurzen Moment zu verschnaufen. Er trank den letzten Schluck des mittlerweile warm gewordenen Wassers und wischte mit seinem alten Tuch eine Mischung aus Schweiß und Staub aus dem Gesicht. Die Sonne brannte jetzt erbarmungslos und über den Feldern flimmerte die Luft in der Mittagshitze. In einem weiten Tal erstreckte sich die Hauptstadt des Reiches Reigolpeor zu Norem’s Füßen. Auf einem Hügel inmitten der Stadt stand der gewaltige Königspalast mit seinen zahllosen Türmen und wehenden Fahnen. Davor hatten sich Soldaten aufgebaut, die in schweren Rüstungen den Eingang zum Palast bewachten. Rund um die mächtigen Palastmauern leuchteten die prächtigen Häuser reicher Kaufleute und hoher Beamter. Mit der Nähe zum König unterstrichen sie ihre hohe Position und machten auf ihr bedeutendes Vermögen aufmerksam.
Rund um diesen innersten Kern der Stadt befanden sich zahllose Plätze und üppig bewachsene Grünflächen. Auf den mit hellen Steinen gepflasterten Plätzen herrschte stets ein reges Treiben. Händler boten hier ihre Waren an, Bauern und Handwerker versuchten ihre Produkte zu verkaufen, Schreiber mit dicken Papierbündeln und allerlei anderen Utensilien liefen hektisch umher, Frauen und Kinder schlenderten gemächlich von einem Stand zum nächsten und kleine Gruppen älterer Männer standen im Schatten großer Bäume und waren in Gespräche vertieft.
Hinter den Plätzen schließlich folgten gut gepflegte, aber einfachere Häuser, die teilweise schon sehr alt waren. Hier wohnten vorwiegend Handwerker und einfache Händler. Dieser Teil der Stadt war mit weitem Abstand am größten und füllte fast das gesamte Tal aus. Neben Wohnhäusern gab es hier auch viele Wirtshäuser und Geschäfte. Den äußersten Ring der Stadt bildeten zahllose Lagerhallen für edle Hölzer aus dem nahen Eiswald, Manufakturen zur Verarbeitung der Hölzer und des Peor und große Schmieden zur Fertigung der Rüstungen und Waffen für die Soldaten.
In einiger Entfernung hinter dem nördlichen Stadtrand befand sich das Ziel, dem Norem seit nunmehr 7 Stunden rastlos entgegeneilte. Der Turm des Wissens, ein erst wenige Jahre alter Steinturm von Schwindel erregender Höhe. Dieser beherbergt eine einzigartige Sammlung von Büchern aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen. Die Reigolkönige haben in der Vergangenheit stets die Wissensschätze derer geraubt, die sie im Kriege heimsuchten. Die gesammelten Schriften und Bücher wurden über Jahrhunderte im Königpalast der Reigol aufbewahrt, wo sie immer mehr Raum in Anspruch nahmen. In den großen Eroberungskriegen des Königs Bul da Sim, fiel den Reigol schließlich mit einem Mal ein sehr großer Bücherschatz in die Hände. Daraufhin wurde der Turm des Wissens errichtet, in den dann alle geraubten Bücher verbracht wurden. Der Turm des Wissens ist die wahrscheinlich umfangreichste Bibliothek überhaupt. Zu nahezu jedem erdenklichen Thema finden sich hier Dutzende Abhandlungen. Der Turm des Wissens birgt auch gefährliches Wissen aus dem Bereich der schwarzen Magie. Aus diesem Grund bleibt der Zutritt nur den 3 Hofweisen und dem König selbst vorbehalten.
Norem machte sich auf den Weg das Tal zu durchwandern. Er wollte um die Stadt herum, direkt zum Turm des Wissens marschieren und so einiges an Zeit einsparen. Dort wollte er sich mit Sudefor und Beldorim treffen, den beiden anderen Hofweisen des Königs Bul da Sim. Gemeinsam mit ihnen würde er erneut versuchen, endlich das Geheimnis der alten Schriftrolle zu ergründen. Es bedurfte noch einer weiteren Stunde beherzten Fußmarsches unter der sengenden Sonne, bis Norem schließlich in den Schatten des hohen Steinturms trat. Die passgenau gearbeiteten Steine zeigten eine seltsam schwarzblaue Färbung, was ungewöhnlich für Bauwerke in Reigolpeor ist. Der Turmsockel hatte gewaltige Ausmaße und er war um einiges massiver gebaut als der Körper des Turmes, der sich nach oben verjüngend trotzig in die Höhe schraubte. An der Spitze des Turmes gab es einen kleinen Raum, der gerade noch so groß war, dass ein Tisch, einige Stühle, ein paar Holzladen und Truhen darin Platz fanden. Hierhin zogen sich die drei Hofweisen oft zurück, um in absoluter Stille und Abgeschiedenheit alte Bücher zu studieren. Der Raum war in solch großer Höhe gelegen, dass kein Geräusch vom Boden bis hierhin vorzudringen vermochte.
Eilig lief Norem die Treppen empor in Richtung des Haupteinganges. Vor der mächtigen, mit kunstvollen Schnitzereien versehenen Flügeltür, standen zwei groß gewachsene und breitschultrige Soldaten mit schimmernden Helmen und Kettenhemden. Sie kannten Norem und nickten ihm freundlich zu, als er an ihnen vorbei lief und eintrat. Dieser jedoch war so in Gedanken, dass er ihren Gruß nicht erwiderte. Im Turm war die Luft angenehm kühl und es roch allgegenwärtig nach Papier und Kerzenwachs. Es war sehr dunkel und die Augen des Weisen Mannes, die seit Stunden an die gleißende Sonne gewöhnt waren, brauchten einige Augenblicke um sich an das spärliche Licht anzupassen. Er achtete jedoch nicht weiter darauf. Hier im Turm des Wissens kannte er sich aus. Er hätte blind in jeden Raum gehen können, ohne ein einziges Mal über den Weg nachdenken zu müssen. Zügig eilte er durch die Haupthalle und steuerte auf die nach oben führenden Treppen am hinteren Ende des Eingangsportals zu. Der Aufschlag seines Steckens hinterließ hallende Töne auf dem mit kostbarem Stein ausgelegten und mit kunstvollen Mosaiken verzierten Boden. An den Wänden spendeten flackernde Fackeln und große Kerzen Licht. Sie gaben den Blick frei auf Gemälde und prächtig gewirkte Wandteppiche, auf denen ruhmreiche Schlachten großer Reigolkönige und Szenen aus der langen Geschichte des Landes abgebildet waren.
Norem eilte Treppe um Treppe nach oben, denn er vermutete Beldorim und Sudefor in einem kleinen Zimmer, auf etwa halber Höhe des Turmes. Hier arbeiteten die Gelehrten schon seit geraumer Zeit an einigen Schriften aus den Anfangsjahren des Reiches, die als die ältesten, noch gut erhaltenen Aufzeichnungen der Reigol angesehen werden. Laut polternd und atemlos stieß er die knarrende Tür auf. Ein Luftzug schoss in den Raum und brachte Dutzende Kerzen zum Flackern. Im gleichen Augenblick quoll ein zäher Schwall alter und verbrauchter Luft nach draußen und trug Norem einen bitteren Geruch in die Nase. Inmitten des Raumes stand ein schwerer Schreibtisch aus dunklem Holz. Darauf türmten sich Berge von Büchern und losen Blättern. Hinzu kamen unzählige Schreibfedern, erloschene Kerzenstümpfe und leere Tintenfässchen. An dem Tisch kauerte ein uralter Mann, der eben noch in ein Buch vertieft war und nun teils erschrocken, teils verärgert aufschaute und Norem einen vorwurfsvollen Blick zuwarf. Es war Sudefor, der älteste der drei Weisen, der gelehrt war in Sprachen und den Geheimnissen der Elemente. Sudefor war ein großer, hagerer Mann mit einer Glatze und einem dünnen weißen Bart, der faserig und schlaff auf sein Gewand herabhing. Seine Glieder waren ausgezehrt und kraftlos, sein Kreuz gebeugt und seine faltige Haut mit zahllosen Flecken übersät. Einzig die wachsamen und flinken Augen verrieten, dass in diesem Körper noch ein starker Geist regierte. Sudefor war ein sehr verschlossener und befremdlich wirkender Mann, der zurückgezogen lebte und den Kontakt mit anderen Personen auf das Notwendigste beschränkte. Er stand schon seit ewigen Zeiten im Dienste der Reigolkönige und hat durch sein großes Wissen im Bereich der Waffenfertigung und der Herstellung von Sprengpulvern oftmals dazu beigetragen, dass Schlachten gewonnen werden konnten.
„Verzeih mir Sudefor, dass ich dich aufgeschreckt habe, aber du musst dir unbedingt etwas ansehen.“. Norem, der noch immer atemlos war, machte einige Schritte auf den Tisch zu, nahm seine Kiepe vom Rücken und lehnte sie gegen das Tischbein. Hektisch begann er nach der Spiegelsilberdose zu suchen, als im gleichen Augenblick ein dritter Mann den Raum betrat. Auch er war groß gewachsen und schlank, doch anders als Norem und Sudefor war er noch jung und unverbraucht. Er hatte kurzes schwarzes Haar und einen kleinen Spitzbart von der gleichen Farbe. Er trug einen violett gefärbten Seidenmantel mit edlen Stickereien, der eng an seinem Körper anlag und bis zum Boden reichte. Auf dem Arm hielt er ein aufgeschlagenes Buch, in dem er angestrengt las. Es war Beldorim der jüngste der drei Weisen des Hofes. Er war gelehrt in schwarzer und weißer Magie, sowie Kräuterheilkunde und Medizin. Von allen war er der geheimnisvollste und unnahbarste der Weisen. In den großen Eroberungskriegen des Königs Bul da Sim hat er die absonderlichsten Dinge vollbracht. So heilte er in einer Schlacht gegen die Twiarks binnen einer Nacht alle am Tage zuvor verwundeten Reigolkrieger, so dass man am nächsten Morgen von ihren Wunden nichts mehr sah. Einige der unverletzt gebliebenen Soldaten wollen sogar am Tage darauf Krieger in ihren Reihen gesehen haben, die am Vortag der Schlacht zum Opfer fielen. Diese kämpften mit unglaublicher Entschlossenheit und der Kraft von Berserkern. Doch wurde nach dem Ende der Schlacht keiner von ihnen je wieder gesehen.
„Hier ist es Sudefor, wie ich es vermutet habe“ sagte Beldorim, der noch nicht bemerkt hatte, das Norem ebenfalls zugegen war. Erst als er von seinem Buch aufsah, erblickte er den am Boden Kauernden, der noch immer seine Kiepe durchwühlte. „Norem, du bist schon zurück“ fragte er mit erstaunter Stimme. „Ich habe dich nicht vor übermorgen erwartet. Ist etwas passiert?“ Norem wand sich um und nickte freundlich, doch er antwortete nicht. Stattdessen richtete er sich wieder auf und stellte die Dose auf den Tisch. Im fahlen Schein der flackernden Kerzen schienen sich die zahlreichen Figuren darauf zu bewegen, fast war es, als seien sie zum Leben erwacht. Wortlos starrten die drei Gelehrten auf das kostbare Schmuckstück und ließen sich von seiner Schönheit bezaubern, bis schließlich Norem der Ruhe Einhalt gebot und nach der Dose griff. Er holte das zusammengerollte Pergament aus ihrem Inneren hervor und begann den beiden Vertrauten zu erzählen was sich seit dem gestrigen Tage zugetragen hatte. Gebannt lauschten Sudefor und Beldorim seinen Worten und ließen sich schließlich von seiner Neugier anstecken. Als Norem mit seiner Erzählung geendet hatte, waren sie vollends entflammt und strebten danach dem alten Schriftstück sein Geheimnis zu entlocken. Eilig räumten sie den Tisch auf um Platz für neue Bücher zu schaffen, die sie sicher brauchen würden und dann liefen die drei hektisch auseinander. Jeder kehrte nach geraumer Zeit mit einem kleinen Wagen voll schwerer Bücher zurück und gemeinsam versuchten sie nun voller Tatendrang die Botschaft zu entschlüsseln.
Es war tief in der Nacht, als Norem auf den kleinen Balkon trat, um an der frischen Nachtluft ein wenig auszuruhen. Draußen stand Beldorim und trank genüsslich Wein aus einem großen Kelch. Norem trat bis an das Geländer und schaute auf das vor ihm liegende und in tiefen Schlaf gefallene Pradnug. Hier und da erhellten noch einige Lampen die Fenster mancher Häuser, doch die meisten Gebäude lagen in friedlicher Stille. Für einen kurzen Augenblick war es ihm, als trüge der Wind das Getrappel von Pferdehufen mit sich, gleich darauf war es aber wieder still. Unter ihm war nichts als schwarze Nacht. Die Wachsoldaten am Fuße des Turmes hatten die schwere Eingangstür verschlossen und waren nach Hause gegangen. Ihre Ablösung saß in einem kleinen Raum, einige Schritte neben der Haupttür. Das Licht aus diesem Raum war zu schwach um es von hier oben sehen zu können.
Die drei Weisen hatten die letzten Stunden über Büchern verbracht und zunächst vergeblich versucht, den alten Text zu übersetzen. Gegen Mitternacht waren sie noch keinen Schritt weiter und auch die Bücher, die sie voller Eifer herbeigeschafft hatten, erwiesen sich nicht als Hilfe.
Enttäuscht gaben sie schon beinahe die Hoffnung auf, bis Beldorim schließlich die Idee hatte, die letztlich zum Erfolg führen sollte. Eilig hastete er ohne ein Wort der Erklärung zu verlieren aus dem kleinen Raum und ließ die beiden Alten achtlos zurück. Nach einer ganzen Weile kehrte er mit einem kleinen Büchlein in der Hand zurück. Sein Gesicht war von einem siegesgewissen Lächeln erhellt. „Die Schriftverschlüsselung der Lemen“, las er voller Wichtigkeit den kurzen Titel vor. Diese Worte belebten nun auch die Gesichter von Norem und Sudefor. Mit neuer Hoffnung machten sie sich wieder an die Arbeit.
Es dauerte eine ganze Weile, doch schließlich gelang es ihnen die Schrift vollständig zu übersetzen.
Nun saß Sudefor noch am Schreibtisch und war gerade damit fertig geworden, die letzten Worte in Reinschrift niederzuschreiben. Mit einem leisen Seufzen stellte er die Feder zurück in das Tintenfass. Danach blies er noch einmal über die noch feucht glänzenden Buchstaben des Schriftstücks, erhob sich von seinem Platz und gesellte sich dann zu Norem und Beldorim auf den kleinen Balkon.
Wortlos standen die drei dort im warmen Nachtwind und lauschten in die Dunkelheit. Vom nahen Eiswald drang das Rauschen der Wipfel herüber und im ausgedörrten Gras am Boden veranstalteten Heerscharen von Grillen ihr nächtliches Konzert. Es war wie schon so viele Male zuvor, als sie sich tief in der Nacht auf diesem kleinen Balkon zusammengefunden hatten. Doch in jener Stunde konnte die vertraute Umgebung nicht den gewohnten inneren Frieden schaffen. Es war der Inhalt des Textes, der sich ihnen nach stundenlanger, mühevoller Arbeit nun in seiner ganzen Tragweite offenbarte und dessen Bedeutung ihnen Unbehagen bereitete. Sie hatten nicht nur einfach ein altes Schriftstück übersetzt. Was die drei Weisen gefunden hatten, war eine Botschaft aus der Vergangenheit. Eine Prophezeiung, die Jahrhunderte überdauert hatte, um im richtigen Augenblick gefunden zu werden.
Die drei starrten gedankenlos in die Nacht und wagten nicht zu sprechen. Schließlich flüsterte Norem mit kaum hörbarer Stimme „Was sollen wir jetzt tun? Wir müssen etwas unternehmen. Es war kein Zufall, dass mir die Schrift in die Hände fiel. Es war Schicksal und vorherbestimmt. Wir müssen in dieser Angelegenheit den König aufsuchen. Schließlich ist er es, um den sich der Text dreht.“. Beldorim antwortete ihm als erster. „Du kennst ihn und seine Einstellung solchen Dingen gegenüber.
Er hält nichts von alten Gelehrten, geheimen Botschaften und Dingen dieser Art. Er wird uns verspotten oder schlimmer noch uns verjagen, wenn wir ihn mit dieser Geschichte behelligen“ „Aber Norem hat Recht“ fiel Sudefor in die Diskussion ein. „Wir können nicht so tun als sei da nichts. Wenn sich die Prophezeiung bewahrheitet, wird das Gefüge der Welt ins Wanken geraten.“ Erneut versuchte Beldorim zu beschwichtigen. „In der Prophezeiung ist von seinem Sohn die Rede. Er hat aber keinen Sohn. Jeder weiß, dass sich der König seit Jahren einen Thronfolger wünscht, doch wie es scheint ist ihm das Glück der Vaterschaft nicht vergönnt. Ich selbst habe ihn in dieser Angelegenheit mehrfach untersucht und mit all meiner Kraft versucht ihm zu helfen. Doch mein Bemühen scheint bei ihm vergeblich zu sein.“ Sudefor wand sich ab und murmelte kaum hörbar mehr zu sich selbst denn zu den anderen „In der Tat. Er hat keinen Sohn. Das ist das Seltsame an dem Text. Doch alle anderen Umstände sind mit erschreckender Genauigkeit beschrieben. Sogar die Namen stimmen überein.“ Um einer langen Diskussion vorzubeugen sprach Norem mit fester Stimme ein Machtwort und legte damit das weitere Vorgehen fest. „Wie dem aus sei, morgen werden wir drei den König aufsuchen und ihn von der Prophezeiung berichten. Was davon zu halten ist, liegt nicht in unserer Macht zu entscheiden. Aber als Diener des Königs ist es unsere Pflicht ihn darüber in Kenntnis zu setzen. Ganz gleich welche Folgen dies nach sich ziehen wird.“
Der ungewohnt forsche Ton den Norem nutzte, hielt Sudefor und Beldorim davon ab, noch weiter zu diskutieren. So gingen die Gelehrten schließlich wortlos auseinander, um in den wenigen Stunden die bis zum Morgen noch blieben, etwas Kraft zu schöpfen.
Als Bauer Bonjol alle Tiere seines kleinen Hofes versorgt hatte und zufrieden feststellte, dass seine liebe Frau Silda zu Ehren ihres Gastes wieder ein prächtiges Frühstück hergerichtet hatte, dessen Hauptbestandteil nicht weniger als 20 Honigpfannkuchen zählte, stieg er die kleine Holztreppe in Richtung des Gästezimmers empor, um Norem zu wecken. Oben angekommen beschlich ihn ein ungutes Gefühl und er hielt für einen kurzen Augenblick inne. „Oh nein alter Freund, das wagst du nicht“ sprach Bonjol, als er sah, dass die Tür zum Gästezimmer einen Spalt weit offen stand und goldenes Sonnenlicht auf die Dielen des Flures fiel. Mit großen Schritten hielt er auf die Türe zu, um sie mit einem unsanften Stoß geräuschvoll aufzustoßen. Das Zimmer war leer, das Bett neu hergerichtet und auf dem Tisch lag ein kleines Häuflein wilder Brombeeren. Wütend riss Bonjol die prallen Früchte vom Tisch und mit polternden Schritten stampfte er über die Holztreppe zurück nach unten in die Küche. „Dieser unverbesserliche alte Narr. Er hat es schon wieder getan. Schlägt einfach meine Aufforderung zu bleiben in den Wind und zieht im Morgengrauen von dannen wie ein Vagabund. Dann versucht er noch mit Brombeeren zu beschwichtigen, was unverzeihlich ist. Das war das letzte Mal, ach was, das allerletzte Mal das dieser alte Unhold meine Gastfreund... „Bonjol“ unterbrach in sein Weib mit einer versöhnlichen Süße in der Stimme. „Du kennst ihn doch. So ist er nun mal. Sicher hat er in der Nacht wieder über etwas nachgesonnen, dass ihn dann nicht mehr losgelassen hat. Und so ist er, wie schon dutzende Male in all den Jahren, im Morgengrauen aufgebrochen um auf dem schnellsten Wege zurück nach Pradnug zu gelangen.“
Bonjol stopfte sich einige der Brombeeren in den Mund und setzte sich dann an den reich gedeckten Tisch. Seine Mine war noch immer finster, doch begann sie sich allmählich zu erhellen.
„Und wer isst jetzt die Honigpfannkuchen?“
Norem war schon ein gutes Stück vorangekommen, seit er kurz nach dem Morgengrauen aufgebrochen war. Bauer Bonjol’s Gehöft und die anderen Häuser des kleinen Dorfes, am Rande des mächtigen Eiswaldes, lagen schon weit hinter ihm. Doch noch immer plagte Norem das schlecht Gewissen, den guten Bonjol wieder einmal enttäuscht zu haben. Aber die brennende Begierde, endlich den Inhalt der alten Schriftrolle zu enträtseln, ließ Norem keine Ruhe. So wäre es ihm unmöglich gewesen, zusammen mit Bonjol und Silda noch in gemächlicher Ruhe ein üppiges Frühstück einzunehmen und erst dann den langen Weg nach Pradnug anzutreten. „Die Sache duldet keinen Aufschub“ murmelte Norem, als er gerade den Rand eines großen Peorfeldes erreichte. Darüber lag milchiger Morgennebel, der die Luft angenehm frisch machte. Wenn alles gut ging und er nicht aufgehalten würde, so sollte der lange Weg in die Hauptstadt des Reigolreiches bis zur Mittagsstunde zu bewältigen sein. Norem stieg der Duft des reifen Peor in die Nase, dessen leuchtend gelbe Blüten durch die Nebeldecke schimmerten und einen farbenfrohen Anblick boten. Der weise Mann befand sich im größten Anbaugebiet für Peor des ganzen Reiches, den östlichen Peorwiesen vor dem großen Eiswald. Peor hat das Land reich und mächtig gemacht und man findet den Namen der Pflanze sogar im Landesnamen wieder. Reigolpeor ist ein aus Reigol und Peor zusammengesetztes Wort. Reigol nennen sich die Bewohner dieses stolzen Landes und Peor ist der Name jener Pflanze, auf welcher dessen Wohlstand begründet ist. Peor kann zur Herstellung von sehr unterschiedlichen Dingen verwendet werden. Bei den reichen Handelsleuten des Südens und auch in Talun, dem Reich des Spiegelsilbers, ist Peor sehr beliebt wegen des süß duftenden Parfumöls, dass man aus den zarten Blütenblättern gewinnt. Händler und Reisende kaufen dieses Parfum um es ihren Frauen zu schenken und in Reigolpeor selbst gehört dieser Duft zu jeder Reigolfrau.
Aus den getrockneten Früchten der Peorpflanze lässt sich ein ganz besonderes Mehl mahlen. Backwaren die damit gebacken werden, behalten ihre Frische über eine sehr lange Zeit. Die Früchte sind daher sehr gefragt in ärmeren Ländern, wie dem ehemals von Reigolpeor bekämpften Twiarlun. Aber auch die landeseigene Küche ist ohne Peor undenkbar. So gibt es viele Backspezialitäten die aus Peormehl hergestellt werden. Getrocknete Peorsamen sind ein intensiv duftendes und edles Gewürz, dass Fleisch- und Fischgerichte zu einer wahrhaftigen Gaumenfreude werden lässt. Es gibt unglaublich viele Verwendungsmöglichkeiten für Peor und sehr viele Dinge, die sich daraus herstellen lassen. Den ersten Reigol, die vor hunderten von Jahren in diese Gegend der damals noch jungen Welt gelangten, diente wilder Peor als Nahrungsgrundlage. So konnten die Reigol schnell Dörfer und Städte errichten und rasch nahm ihr kleines Reich nun an Größe zu. Der Peor wurde kultiviert und auf größeren Flächen angebaut. Die Peorprodukte verkaufte man bald in die Nachbarländer und das junge Reich gelangte zu Wohlstand und gewann stetig an Macht und Fläche.
Heute ist Reigolpeor neben Hirdan, das von finsteren und kriegerischen Kreaturen namens Loin Palog bewohnt wird, das mächtigste Reich überhaupt. In zahllosen Eroberungskriegen haben die Reigolkönige des Bul-Geschlechtes riesige Flächen erobert. Dabei überrannten sie kleinere Länder wie im Sturm und nahmen sich Teile anderer, wenn dort nur etwas zu finden war, dass die Begierde eines Reigolkönigs weckte. In der langen Geschichte von Reigolpeor gab es zahllose wichtige Schlachten, die den Besitz des Landes schlagartig vergrößerten. Die Tage an denen jene Schlachten einst geschlagen wurden, werden heute als Feiertage gewürdigt. Dabei ist jeder Tag nach dem König benannt, unter dem die bedeutungsvolle Schlacht seiner Zeit stattgefunden hat. Heute herrscht Frieden rund um Reigolpeor und um das gewaltige Land herum wurde ein schwerer Schutzwall errichtet, der rund um die Uhr von vielen Soldaten bewacht wird. Durch den Schutzwall ist es möglich, den Verkehr in das Land und aus ihm heraus genau zu kontrollieren. Trotz des Friedens verfügen die Reigol nach wie vor über eine unglaublich große Armee, die in kleineren Verbänden über das ganze Land verteilt ist. Da Reigolpeor mittlerweile so groß ist, dass es nicht mehr nur von einer Stelle aus gelenkt werden kann, gibt es seit einiger Zeit Gebietsfürsten. Die so genannte Moldonen führen jeweils ein ihnen zugeteiltes Teilgebiet. Sechs solcher Moldonen gibt es im Ganzen, die im Reich die zweitmächtigste Führungsposition innehaben. Jeder Moldone wird vom König selbst bestimmt und bleibt dann so lange in seinem Amt, bis der König ihn wieder daraus entlässt. Traditionell und als Zeichen der grundlegenden Neuerung des gesamten Reiches werden aber alle Moldonen ausgetauscht, wenn der Königsthron durch einen neuen König bestiegen wird.
Norem spürte jetzt, wie langsam Hunger in ihm aufstieg und er bedauerte insgeheim doch, das Frühstück bei Bonjol verpasst zu haben. Er stoppte kurz um zu verschnaufen. Sein Herz schlug schnell und sein Atem raste. So hastig wie an diesem Morgen war er den langen Weg nach Pradnug noch nie angegangen. Seine Kehle war trocken, also griff er nach seiner Flasche am Gürtel und nahm einen großen Schluck. Im Morgengrauen hatte er sie bei Bonjol mit frischem Brunnenwasser und einem kräftigen Schuss Brombeerwein befüllt. Das kalte Wasser mit dem fruchtigen Geschmack des Weines tat ihm gut und brachte ihm einen Teil seiner Kräfte zurück. Norem schaute sich um. Er stand kurz vor einem Kreuzungspunkt zweier ausgetrockneter Feldwege, inmitten ausgedehnter Peorfelder. Der Morgennebel hatte sich inzwischen aufgelöst und die Sonne, die aus einem wolkenlosen Himmel strahlte, gewann ständig an Kraft hinzu. Die Frische war der Luft entwichen und unaufhaltsam wurde es immer wärmer. Der süßliche Duft des Peor stand über den endlosen Feldern und war allgegenwärtig. Norem verließ den Weg und lief einige Meter in das Feld hinein. Rasch pflückte er eine Handvoll reifer Peorfrüchte und begann sie zu essen. Sie waren süß und so voller Saft, dass es spritzte, als er hinein biss. Er trat zurück auf den Weg, wischte den klebrigen Saft aus dem Bart und wählte am Kreuzungspunkt entschlossen den nach rechts führenden Pfad. Das war der kürzeste, aber auch beschwerlichste Weg nach Pradnug. Er führte einige Male recht steil bergauf und bergab. Überdies gab es hier keine Bäume am Wegesrand, die Schatten spendeten. Dennoch wollte Norem nicht eine Minute länger als nötig unterwegs sein. So hastete er weiter durch die leuchtend gelben Peorfelder und eilte auf staubigem Grund ungeduldig der Hauptstadt entgegen.
Kurz nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte, sah Norem langsam über einem Hügel die ersten Türme der gewaltigen Reigolstadt Pradnug erscheinen. Als er oben angekommen war, machte er an einem seiner liebsten Aussichtspunkte halt, um einen kurzen Moment zu verschnaufen. Er trank den letzten Schluck des mittlerweile warm gewordenen Wassers und wischte mit seinem alten Tuch eine Mischung aus Schweiß und Staub aus dem Gesicht. Die Sonne brannte jetzt erbarmungslos und über den Feldern flimmerte die Luft in der Mittagshitze. In einem weiten Tal erstreckte sich die Hauptstadt des Reiches Reigolpeor zu Norem’s Füßen. Auf einem Hügel inmitten der Stadt stand der gewaltige Königspalast mit seinen zahllosen Türmen und wehenden Fahnen. Davor hatten sich Soldaten aufgebaut, die in schweren Rüstungen den Eingang zum Palast bewachten. Rund um die mächtigen Palastmauern leuchteten die prächtigen Häuser reicher Kaufleute und hoher Beamter. Mit der Nähe zum König unterstrichen sie ihre hohe Position und machten auf ihr bedeutendes Vermögen aufmerksam.
Rund um diesen innersten Kern der Stadt befanden sich zahllose Plätze und üppig bewachsene Grünflächen. Auf den mit hellen Steinen gepflasterten Plätzen herrschte stets ein reges Treiben. Händler boten hier ihre Waren an, Bauern und Handwerker versuchten ihre Produkte zu verkaufen, Schreiber mit dicken Papierbündeln und allerlei anderen Utensilien liefen hektisch umher, Frauen und Kinder schlenderten gemächlich von einem Stand zum nächsten und kleine Gruppen älterer Männer standen im Schatten großer Bäume und waren in Gespräche vertieft.
Hinter den Plätzen schließlich folgten gut gepflegte, aber einfachere Häuser, die teilweise schon sehr alt waren. Hier wohnten vorwiegend Handwerker und einfache Händler. Dieser Teil der Stadt war mit weitem Abstand am größten und füllte fast das gesamte Tal aus. Neben Wohnhäusern gab es hier auch viele Wirtshäuser und Geschäfte. Den äußersten Ring der Stadt bildeten zahllose Lagerhallen für edle Hölzer aus dem nahen Eiswald, Manufakturen zur Verarbeitung der Hölzer und des Peor und große Schmieden zur Fertigung der Rüstungen und Waffen für die Soldaten.
In einiger Entfernung hinter dem nördlichen Stadtrand befand sich das Ziel, dem Norem seit nunmehr 7 Stunden rastlos entgegeneilte. Der Turm des Wissens, ein erst wenige Jahre alter Steinturm von Schwindel erregender Höhe. Dieser beherbergt eine einzigartige Sammlung von Büchern aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen. Die Reigolkönige haben in der Vergangenheit stets die Wissensschätze derer geraubt, die sie im Kriege heimsuchten. Die gesammelten Schriften und Bücher wurden über Jahrhunderte im Königpalast der Reigol aufbewahrt, wo sie immer mehr Raum in Anspruch nahmen. In den großen Eroberungskriegen des Königs Bul da Sim, fiel den Reigol schließlich mit einem Mal ein sehr großer Bücherschatz in die Hände. Daraufhin wurde der Turm des Wissens errichtet, in den dann alle geraubten Bücher verbracht wurden. Der Turm des Wissens ist die wahrscheinlich umfangreichste Bibliothek überhaupt. Zu nahezu jedem erdenklichen Thema finden sich hier Dutzende Abhandlungen. Der Turm des Wissens birgt auch gefährliches Wissen aus dem Bereich der schwarzen Magie. Aus diesem Grund bleibt der Zutritt nur den 3 Hofweisen und dem König selbst vorbehalten.
Norem machte sich auf den Weg das Tal zu durchwandern. Er wollte um die Stadt herum, direkt zum Turm des Wissens marschieren und so einiges an Zeit einsparen. Dort wollte er sich mit Sudefor und Beldorim treffen, den beiden anderen Hofweisen des Königs Bul da Sim. Gemeinsam mit ihnen würde er erneut versuchen, endlich das Geheimnis der alten Schriftrolle zu ergründen. Es bedurfte noch einer weiteren Stunde beherzten Fußmarsches unter der sengenden Sonne, bis Norem schließlich in den Schatten des hohen Steinturms trat. Die passgenau gearbeiteten Steine zeigten eine seltsam schwarzblaue Färbung, was ungewöhnlich für Bauwerke in Reigolpeor ist. Der Turmsockel hatte gewaltige Ausmaße und er war um einiges massiver gebaut als der Körper des Turmes, der sich nach oben verjüngend trotzig in die Höhe schraubte. An der Spitze des Turmes gab es einen kleinen Raum, der gerade noch so groß war, dass ein Tisch, einige Stühle, ein paar Holzladen und Truhen darin Platz fanden. Hierhin zogen sich die drei Hofweisen oft zurück, um in absoluter Stille und Abgeschiedenheit alte Bücher zu studieren. Der Raum war in solch großer Höhe gelegen, dass kein Geräusch vom Boden bis hierhin vorzudringen vermochte.
Eilig lief Norem die Treppen empor in Richtung des Haupteinganges. Vor der mächtigen, mit kunstvollen Schnitzereien versehenen Flügeltür, standen zwei groß gewachsene und breitschultrige Soldaten mit schimmernden Helmen und Kettenhemden. Sie kannten Norem und nickten ihm freundlich zu, als er an ihnen vorbei lief und eintrat. Dieser jedoch war so in Gedanken, dass er ihren Gruß nicht erwiderte. Im Turm war die Luft angenehm kühl und es roch allgegenwärtig nach Papier und Kerzenwachs. Es war sehr dunkel und die Augen des Weisen Mannes, die seit Stunden an die gleißende Sonne gewöhnt waren, brauchten einige Augenblicke um sich an das spärliche Licht anzupassen. Er achtete jedoch nicht weiter darauf. Hier im Turm des Wissens kannte er sich aus. Er hätte blind in jeden Raum gehen können, ohne ein einziges Mal über den Weg nachdenken zu müssen. Zügig eilte er durch die Haupthalle und steuerte auf die nach oben führenden Treppen am hinteren Ende des Eingangsportals zu. Der Aufschlag seines Steckens hinterließ hallende Töne auf dem mit kostbarem Stein ausgelegten und mit kunstvollen Mosaiken verzierten Boden. An den Wänden spendeten flackernde Fackeln und große Kerzen Licht. Sie gaben den Blick frei auf Gemälde und prächtig gewirkte Wandteppiche, auf denen ruhmreiche Schlachten großer Reigolkönige und Szenen aus der langen Geschichte des Landes abgebildet waren.
Norem eilte Treppe um Treppe nach oben, denn er vermutete Beldorim und Sudefor in einem kleinen Zimmer, auf etwa halber Höhe des Turmes. Hier arbeiteten die Gelehrten schon seit geraumer Zeit an einigen Schriften aus den Anfangsjahren des Reiches, die als die ältesten, noch gut erhaltenen Aufzeichnungen der Reigol angesehen werden. Laut polternd und atemlos stieß er die knarrende Tür auf. Ein Luftzug schoss in den Raum und brachte Dutzende Kerzen zum Flackern. Im gleichen Augenblick quoll ein zäher Schwall alter und verbrauchter Luft nach draußen und trug Norem einen bitteren Geruch in die Nase. Inmitten des Raumes stand ein schwerer Schreibtisch aus dunklem Holz. Darauf türmten sich Berge von Büchern und losen Blättern. Hinzu kamen unzählige Schreibfedern, erloschene Kerzenstümpfe und leere Tintenfässchen. An dem Tisch kauerte ein uralter Mann, der eben noch in ein Buch vertieft war und nun teils erschrocken, teils verärgert aufschaute und Norem einen vorwurfsvollen Blick zuwarf. Es war Sudefor, der älteste der drei Weisen, der gelehrt war in Sprachen und den Geheimnissen der Elemente. Sudefor war ein großer, hagerer Mann mit einer Glatze und einem dünnen weißen Bart, der faserig und schlaff auf sein Gewand herabhing. Seine Glieder waren ausgezehrt und kraftlos, sein Kreuz gebeugt und seine faltige Haut mit zahllosen Flecken übersät. Einzig die wachsamen und flinken Augen verrieten, dass in diesem Körper noch ein starker Geist regierte. Sudefor war ein sehr verschlossener und befremdlich wirkender Mann, der zurückgezogen lebte und den Kontakt mit anderen Personen auf das Notwendigste beschränkte. Er stand schon seit ewigen Zeiten im Dienste der Reigolkönige und hat durch sein großes Wissen im Bereich der Waffenfertigung und der Herstellung von Sprengpulvern oftmals dazu beigetragen, dass Schlachten gewonnen werden konnten.
„Verzeih mir Sudefor, dass ich dich aufgeschreckt habe, aber du musst dir unbedingt etwas ansehen.“. Norem, der noch immer atemlos war, machte einige Schritte auf den Tisch zu, nahm seine Kiepe vom Rücken und lehnte sie gegen das Tischbein. Hektisch begann er nach der Spiegelsilberdose zu suchen, als im gleichen Augenblick ein dritter Mann den Raum betrat. Auch er war groß gewachsen und schlank, doch anders als Norem und Sudefor war er noch jung und unverbraucht. Er hatte kurzes schwarzes Haar und einen kleinen Spitzbart von der gleichen Farbe. Er trug einen violett gefärbten Seidenmantel mit edlen Stickereien, der eng an seinem Körper anlag und bis zum Boden reichte. Auf dem Arm hielt er ein aufgeschlagenes Buch, in dem er angestrengt las. Es war Beldorim der jüngste der drei Weisen des Hofes. Er war gelehrt in schwarzer und weißer Magie, sowie Kräuterheilkunde und Medizin. Von allen war er der geheimnisvollste und unnahbarste der Weisen. In den großen Eroberungskriegen des Königs Bul da Sim hat er die absonderlichsten Dinge vollbracht. So heilte er in einer Schlacht gegen die Twiarks binnen einer Nacht alle am Tage zuvor verwundeten Reigolkrieger, so dass man am nächsten Morgen von ihren Wunden nichts mehr sah. Einige der unverletzt gebliebenen Soldaten wollen sogar am Tage darauf Krieger in ihren Reihen gesehen haben, die am Vortag der Schlacht zum Opfer fielen. Diese kämpften mit unglaublicher Entschlossenheit und der Kraft von Berserkern. Doch wurde nach dem Ende der Schlacht keiner von ihnen je wieder gesehen.
„Hier ist es Sudefor, wie ich es vermutet habe“ sagte Beldorim, der noch nicht bemerkt hatte, das Norem ebenfalls zugegen war. Erst als er von seinem Buch aufsah, erblickte er den am Boden Kauernden, der noch immer seine Kiepe durchwühlte. „Norem, du bist schon zurück“ fragte er mit erstaunter Stimme. „Ich habe dich nicht vor übermorgen erwartet. Ist etwas passiert?“ Norem wand sich um und nickte freundlich, doch er antwortete nicht. Stattdessen richtete er sich wieder auf und stellte die Dose auf den Tisch. Im fahlen Schein der flackernden Kerzen schienen sich die zahlreichen Figuren darauf zu bewegen, fast war es, als seien sie zum Leben erwacht. Wortlos starrten die drei Gelehrten auf das kostbare Schmuckstück und ließen sich von seiner Schönheit bezaubern, bis schließlich Norem der Ruhe Einhalt gebot und nach der Dose griff. Er holte das zusammengerollte Pergament aus ihrem Inneren hervor und begann den beiden Vertrauten zu erzählen was sich seit dem gestrigen Tage zugetragen hatte. Gebannt lauschten Sudefor und Beldorim seinen Worten und ließen sich schließlich von seiner Neugier anstecken. Als Norem mit seiner Erzählung geendet hatte, waren sie vollends entflammt und strebten danach dem alten Schriftstück sein Geheimnis zu entlocken. Eilig räumten sie den Tisch auf um Platz für neue Bücher zu schaffen, die sie sicher brauchen würden und dann liefen die drei hektisch auseinander. Jeder kehrte nach geraumer Zeit mit einem kleinen Wagen voll schwerer Bücher zurück und gemeinsam versuchten sie nun voller Tatendrang die Botschaft zu entschlüsseln.
Es war tief in der Nacht, als Norem auf den kleinen Balkon trat, um an der frischen Nachtluft ein wenig auszuruhen. Draußen stand Beldorim und trank genüsslich Wein aus einem großen Kelch. Norem trat bis an das Geländer und schaute auf das vor ihm liegende und in tiefen Schlaf gefallene Pradnug. Hier und da erhellten noch einige Lampen die Fenster mancher Häuser, doch die meisten Gebäude lagen in friedlicher Stille. Für einen kurzen Augenblick war es ihm, als trüge der Wind das Getrappel von Pferdehufen mit sich, gleich darauf war es aber wieder still. Unter ihm war nichts als schwarze Nacht. Die Wachsoldaten am Fuße des Turmes hatten die schwere Eingangstür verschlossen und waren nach Hause gegangen. Ihre Ablösung saß in einem kleinen Raum, einige Schritte neben der Haupttür. Das Licht aus diesem Raum war zu schwach um es von hier oben sehen zu können.
Die drei Weisen hatten die letzten Stunden über Büchern verbracht und zunächst vergeblich versucht, den alten Text zu übersetzen. Gegen Mitternacht waren sie noch keinen Schritt weiter und auch die Bücher, die sie voller Eifer herbeigeschafft hatten, erwiesen sich nicht als Hilfe.
Enttäuscht gaben sie schon beinahe die Hoffnung auf, bis Beldorim schließlich die Idee hatte, die letztlich zum Erfolg führen sollte. Eilig hastete er ohne ein Wort der Erklärung zu verlieren aus dem kleinen Raum und ließ die beiden Alten achtlos zurück. Nach einer ganzen Weile kehrte er mit einem kleinen Büchlein in der Hand zurück. Sein Gesicht war von einem siegesgewissen Lächeln erhellt. „Die Schriftverschlüsselung der Lemen“, las er voller Wichtigkeit den kurzen Titel vor. Diese Worte belebten nun auch die Gesichter von Norem und Sudefor. Mit neuer Hoffnung machten sie sich wieder an die Arbeit.
Es dauerte eine ganze Weile, doch schließlich gelang es ihnen die Schrift vollständig zu übersetzen.
Nun saß Sudefor noch am Schreibtisch und war gerade damit fertig geworden, die letzten Worte in Reinschrift niederzuschreiben. Mit einem leisen Seufzen stellte er die Feder zurück in das Tintenfass. Danach blies er noch einmal über die noch feucht glänzenden Buchstaben des Schriftstücks, erhob sich von seinem Platz und gesellte sich dann zu Norem und Beldorim auf den kleinen Balkon.
Wortlos standen die drei dort im warmen Nachtwind und lauschten in die Dunkelheit. Vom nahen Eiswald drang das Rauschen der Wipfel herüber und im ausgedörrten Gras am Boden veranstalteten Heerscharen von Grillen ihr nächtliches Konzert. Es war wie schon so viele Male zuvor, als sie sich tief in der Nacht auf diesem kleinen Balkon zusammengefunden hatten. Doch in jener Stunde konnte die vertraute Umgebung nicht den gewohnten inneren Frieden schaffen. Es war der Inhalt des Textes, der sich ihnen nach stundenlanger, mühevoller Arbeit nun in seiner ganzen Tragweite offenbarte und dessen Bedeutung ihnen Unbehagen bereitete. Sie hatten nicht nur einfach ein altes Schriftstück übersetzt. Was die drei Weisen gefunden hatten, war eine Botschaft aus der Vergangenheit. Eine Prophezeiung, die Jahrhunderte überdauert hatte, um im richtigen Augenblick gefunden zu werden.
Die drei starrten gedankenlos in die Nacht und wagten nicht zu sprechen. Schließlich flüsterte Norem mit kaum hörbarer Stimme „Was sollen wir jetzt tun? Wir müssen etwas unternehmen. Es war kein Zufall, dass mir die Schrift in die Hände fiel. Es war Schicksal und vorherbestimmt. Wir müssen in dieser Angelegenheit den König aufsuchen. Schließlich ist er es, um den sich der Text dreht.“. Beldorim antwortete ihm als erster. „Du kennst ihn und seine Einstellung solchen Dingen gegenüber.
Er hält nichts von alten Gelehrten, geheimen Botschaften und Dingen dieser Art. Er wird uns verspotten oder schlimmer noch uns verjagen, wenn wir ihn mit dieser Geschichte behelligen“ „Aber Norem hat Recht“ fiel Sudefor in die Diskussion ein. „Wir können nicht so tun als sei da nichts. Wenn sich die Prophezeiung bewahrheitet, wird das Gefüge der Welt ins Wanken geraten.“ Erneut versuchte Beldorim zu beschwichtigen. „In der Prophezeiung ist von seinem Sohn die Rede. Er hat aber keinen Sohn. Jeder weiß, dass sich der König seit Jahren einen Thronfolger wünscht, doch wie es scheint ist ihm das Glück der Vaterschaft nicht vergönnt. Ich selbst habe ihn in dieser Angelegenheit mehrfach untersucht und mit all meiner Kraft versucht ihm zu helfen. Doch mein Bemühen scheint bei ihm vergeblich zu sein.“ Sudefor wand sich ab und murmelte kaum hörbar mehr zu sich selbst denn zu den anderen „In der Tat. Er hat keinen Sohn. Das ist das Seltsame an dem Text. Doch alle anderen Umstände sind mit erschreckender Genauigkeit beschrieben. Sogar die Namen stimmen überein.“ Um einer langen Diskussion vorzubeugen sprach Norem mit fester Stimme ein Machtwort und legte damit das weitere Vorgehen fest. „Wie dem aus sei, morgen werden wir drei den König aufsuchen und ihn von der Prophezeiung berichten. Was davon zu halten ist, liegt nicht in unserer Macht zu entscheiden. Aber als Diener des Königs ist es unsere Pflicht ihn darüber in Kenntnis zu setzen. Ganz gleich welche Folgen dies nach sich ziehen wird.“
Der ungewohnt forsche Ton den Norem nutzte, hielt Sudefor und Beldorim davon ab, noch weiter zu diskutieren. So gingen die Gelehrten schließlich wortlos auseinander, um in den wenigen Stunden die bis zum Morgen noch blieben, etwas Kraft zu schöpfen.