Naturbetrachtung

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sufnus

Mitglied
Naturbetrachtung

Eine Blume
auf der Krume
und ein Auge läuft mit Fleiß
drumherum im Kreis.

Ist das Auge angeschlossen
an die Dichtung
oder etwas in der Richtung?

Oder wird das Blumensprossen
(heißt: sein optisches Geschehen)
gar dem Schafshirn einer Laus
(die ist nur auf Nahrung aus)

froh vermeldet, und ihr Sehen
lässt die Laus zum Essen gehen,
schreiten, krabbeln, hinmigrieren:
sechsfachfüßiges Flanieren?

Antwortlos so stehen wir
leicht betroffen - doch dafür
tröstet die Epiphanie:
So geht Blümchenpoesie!
 

klausKuckuck

Mitglied
Hey suff,
auch du kannst deinen Morgenstern nicht verleugnen und den Hang zur Wortpurzelbaumerei.
Gott Laus zum Gruß
KK
 

Scal

Mitglied
Kopfkratz hinmigrierend ...
Welch ein Kunstblumenstrauß!
drumherum im Kreis, zum Beispiel, läuft dichtend (tröstlich ersprösslich) um die ersten drei Zeilen und dann Richtung Blümchenstrauß.

LG
(von einer schmatzenden Laus):)
 

sufnus

Mitglied
Ihr lieben!
Vielen Dank - freut mich wirklich sehr, dass Euch mein blümchenlyrischer Versuch freut. Die Zeilen sind wirklich aus reiner Spiellaune heraus entstanden, daher ja, @klausKuckuck , ein baumpurzelnder Kindereiausflug mit Lausejungbrunnenbadespaß ist hier wohl das Wegeziel des Zielweges. :) Was dabei den großen Morgenstern angeht … wenn der sich bei diesem Vorgang nicht grad im Grabe rumdreht, soll mir das mehr als genügen! :)
Und dann und vor allem, @Scal , es geht unbedingt auch um Tröstlichkeit! Ein großes Extradenkedanke für diese Heraushörung!!! :)
Lausefrohe Grüße!
S.
 

seefeldmaren

Mitglied
So geht Blümchenpoesie!
Hallo Sufnus,

ich weiß nicht, ob diese Zeile Blümchenpoesie spielerisch feiert oder sie spielerisch kritisiert und das mag ich.
tröstet die Epiphanie:
Anstatt "die" würde ich "uns" verwenden. Durch die Häufung von "i-e" wird die Betonung unklarer - aber vielleicht ist das auch Absicht, um einen klanglich instabilen Übergang zwischen Assonanz und Halbreim zu schaffen, und das wäre richtig binnenmäßig tricky.

Maren
 

sufnus

Mitglied
Hey Maren! :)

Ah! Das find ich schön, dass Du den Punkt mit der Haltung zur Blümchenpoesie nochmal ansprichst: Ich würde auch sagen, dass das Gedicht sich relativ offen für unterschiedliche Leserichtungen zeigt - will sagen: Man kann, denke ich, sowohl eine Kritik als auch ein Lob der "Blümchendichtung" heraushören wollen. Der Begriff "Blümchendichtung" selbst ist eher ein bisschen ironisch-belächelnd und enthält insofern eine kritische Mitschwingung, andererseits ist die Erzählstimme als Mitglied in einem Betroffenheits- und Trostsuchungschor nicht in einer Position, die primär Kritisches erwarten ließe, so dass eine distanzierende Haltung nur sinnvoll herauslesbar wird, wenn man dem Autor andere Absichten unterstellt als der Erzählstimme. Aber hätte der Autor dann so "lausophil" von einem sechsfachfüßigen Flanieren gesprochen? Und bleibt das "Schafshirn einer Laus" nicht auch irgendwo auf halber Strecke zwischen Kritik und Humor stecken? Zumindest war es mein Plan, die Naturbetrachtungsmöglichkeiten soweit zu verunklaren, dass eine nur-kritische Position wenigstens in Teilen etwas selbstwidersprüchlich daher kommt. :)

Was die Epiphanie-Zeile angeht, so bricht die ja in Normaussprache etwas mit dem metrischen Schema der Zeilen zuvor (nach einem etwas frei flottierenden Einstieg in Strophe 1 und 2 sind Strophe 3, Strophe 4 und die Zeilen 1,2 und 4 der letzten Strophe ja relativ regelmäßig gehaltene, vierhebige Trochäen).
In der Epiphanie-Zeile hab ich einerseits den trochäischen Flow etwas challengen wollen, quasi als kleines Hallowach-Signal vor der Finalzeile, andererseits sollte es noch einigermaßen leicht vortragbar bleiben. Der Plan war, dass durch den drei-i-igen "die-pi-nie"-Tripelklang ein fast-schon trochäisches Lesen, also übertrieben akzentuiert: die E-pi-pha-nie, fast-vorstellbar wird. Die korrekte Aussprache von Epiphanie wäre ja eher (X)xxX, also mit einem E-, das ein bisschen stärker betont ist als das pi-pha und dann einer deutlichen Betonung von -nie, womit der Trochäus natürlich ausgehebelt wird.
Ob das vom Effekt her so grundhaft hinhaut, darüber kann man sicher noch etwas grübeln, wenn man möchte. :)

LG!

S.
 

Scal

Mitglied
Bei mir hat''s hingehaut, ich las - nach dem kurzen Stolpern - die Epi - pha - nie
und empfand es als eine weitere "Spielvariante", die das "Blühn" keineswegs beeinträchtigt.

LG
 

sufnus

Mitglied
Hey Scal!
Lieben Dank für die Rückmeldung! :)
Ursprünglich wollte ich ja das ganze Ding rhythmisch ein bisschen "struppiger" schreiben - etwa so wie die ersten zwei Strophen - aber dann ist der Text einfach so trochäisch eingerastet, eine Art Eigenlebenentfaltung, der ich nur mit Mühe die leicht gegengekämmte Epiphanie abringen konnte. :)
LG!
S.
 



 
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