Neun namenlose Lieder, 11. (Ghasele, Priamel)

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mondnein

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Neun weitere namenlose Lieder​
11.


Ich weiß nicht was schön ist – weiß nicht wie's geschieht
weiß nur daß mir nie die Bestimmung geriet

Ich weiß nicht was schön ist – was in diesem Stromschlag
der Hüften gemeinsam verzuckt und verglüht

Ich weiß nicht was schön ist – was in den Gesichtern
die Wangen berührt und die Schläfen durchzieht

Ich weiß nicht was schön ist – ich kann ja kaum lesen
die Spur die den Füßen im Tanze entblüht

Ich weiß nicht – ob dieses verzückte Gereime
mit billigen Worten dem Urteil entflieht

Ich weiß nicht – ich weine und hundertfach lächeln
die Quecksilberspiegel der Tränen im Lied
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

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es ist die zweite Neun-Lieder-Gruppe, "neun weitere namenlose Lieder", deshalb die Zählung von 10 bis 18; und es ist das zweite innerhalb dieser zweiten Neunergruppe, d.h. Lied Nr. 11
 

Agnete

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ich finde es schön, mondnein, mal wieder eine Ghasele zu lesen. ich mag dieses Genre sehr. Auch wenn sie meist im Jambus geschrieben werden, gibt der Anapäst hier eine sehr angenehme pathetische Stimmung, die dem erotischen Höhenflug entspricht, der eben nicht in einfache Worte zu fassen ist. ;)
Gerne gelesen lG von Agnete
 

mondnein

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gibt der Anapäst hier eine sehr angenehme pathetische Stimmung
ja, richtig, Agnete: der Daktylus als Metrum der heroischen Epen kann etwas von pathetischer Stimmung haben, oder von militärischem Marsch.
Hier ist es eher der natürliche Sprachfluß, also eher ein unpathetischer und fast schon geschwätziger Ton, in dem das "Ich weiß nicht" tiefstapelt. Es weiß doch jeder, daß der erotische (wie zugleich auch der ästhetische) Reiz hier umschrieben wird, und die angebliche Unbeschreiblichkeit dient nur einer tänzerischen, scheinbar naiven, unschuldigen, aber fast schon unverschämten Reflektion dessen, was der Leser genauso wie das lyrischen Ich der Haufenreime sehr wohl weiß.
Der Schluß am Ende ist dann fast schon geschmacklos übertrieben, eine im kalten Bild verlorene, weinerlich-sentimentale Hyperbel.

grusz, hansz
 

Agnete

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weinerlich-sentimentale Hyperbel. ;) manchmaL MUSS ES EINFACH auch mal sentimental sein in unserer harten Welt...schmunzeln von Agnete
 

mondnein

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ist auch nur ein Rollenspiel in ästhetischer Distanz, eines persischen Dichters vielleicht,
oder eines Philosophen, der die Himmelsdimension offener Fragen liebt,
oder eines Harrison-Fans, der sich in das "I don't know" in "Something" versenkt.
 



 
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