neun namenlose lieder, 3. "was ist der gesteine beständige macht?"

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mondnein

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3.


was ist der gesteine beständige macht
die härte an der das bewusstsein erwacht
der wille daran unser wille sich schafft?
ein rätsel ein bann von verschwiegener kraft –

und hast du das rad der erscheinung durchdacht
und siehst die sich wandelnde ureigenschaft
in stürzenden bächen dahingerafft –
verwitterungsmühlen – den milchigen saft
der spur im zenit – zwar schäumt sie nur sacht
in schleiern umbrandend den sanfteren haft
des raumes: die kreuzdiamantene nacht –
doch starrt von der eisigen stirn ihre pracht:
was ist der gestirne kristallene macht?
 

mondnein

Mitglied
Ja, das ist eine fruchtbare Interpretation. Daisy.

Zwar wäre solche eine Personifikation eine Verengung, eine Kanalisierung der sehr viel allgemeineren Struktur, die im Gedicht entwickelt wird, aber die "Königin der Nacht" ist eine Göttin, eine Art "Himmelskönigin". Das paßt gerade im Vergleich mit der Gestaltung in Mozarts Zauberflöte ganz gut: Die Gegenspielerin des Osiris-Zarathustra (zu "Sarastro" verballhornt) ist gekennzeichnet durch kristalline Koleraturen, spitze Töne, enggeführte Motiv-Wiederholungen, instrumentell-unorganische Dreiklangs-Spreizungen innerhalb der Koleraturen. Dem entsprechen in diesem Gedicht die ghaselen-artigen Haufenreime.

Ja, durchaus sinnvoll.
Einer der vielen Aspekte; einer, der die im Gedicht beschriebene Wandlung vom Gestein zum Gestirn beispielhaft imaginiert, versinnlicht und das zunächst Abstrakte dieser Wandlung personifiziert.

Natürlich sind auch andere Interpretationen möglich.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo Hansz
Das hat so einen Hauch Benn'scher Lyrik, ist zumindest mein unmittelbarer Eindruck. Ich erlese mir unter anderem die scheinbare (von uns so gefühlte) Unendlichkeit alles Irdischen, welche von der noch viel unendlicheren Ewigkeit der kosmischen Nacht überdauert und "überwacht" wird. Also im Sinne von: Die kosmische Macht steht unendlich hoch über der irdischen.

Die eisige Stirn deutet wohl auch auf die "Gleichgültigkeit" der hinter der Stirn verborgenen Mächte. Sehr schöne Metapher.

LG
Tula
 

mondnein

Mitglied
Natürlich schmeichelt mir der "Hauch Benn'scher Lyrik", lieber Tula,

als ob diese Zebra-Okapi-Gazelle nicht im altbackenen Ton des romantischen Pantheismus daherkäme.

Zur Einordnung der "neun namenlosen lieder":
Sie bilden den sechsten Gedichtezyklus der sieben, die einige Jahre später als "Siebenstern" zusammengefaßt worden sind und wiederum viele Jahre später in das 11. Liederbuch (ALEPH NULL LAILAH WA LAILAH) integriert worden sind.

Du (und auch jeder andere Leser) kannst Dir das Heft mit den 25 moderneren Alifnulllailahwalailah-Stücken und den 75 meist gereimten alten Siebenstern-Liedern zuschicken lassen, siehe https://www.leselupe.de/beitrag/zu-verschenken-gratis-gedichte-zu-heften-gebunden-154036/

bitte per email an Hans Zimmermann oder schriftlich bestellen bei
Hans Zimmermann
Elisabethstr. 35
02826 Görlitz
grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:

Chandrian

Mitglied
Zur Einordnung der "neun namenlosen lieder":
Sie bilden den sechsten Gedichtezyklus der sieben, die einige Jahre später als "Siebenstern" zusammengefaßt worden sind und wiederum viele Jahre später in das 11. Liederbuch (ALEPH NULL LAILAH WA LAILAH) integriert worden sind.

Du (und auch jeder andere Leser) kannst Dir das Heft mit den 25 moderneren Alifnulllailahwalailah-Stücken und den 75 meist gereimten alten Siebenstern-Liedern zuschicken lassen, siehe https://www.leselupe.de/beitrag/zu-verschenken-gratis-gedichte-zu-heften-gebunden-154036/
Lohnt sich – da steckt die Ästhetik des Wissens drin. Und es wird gesendet: Bilder, Anregung zum Nachdenken etc.
Empfehle ich unbedingt weiter.

lg
Chandrian
 

mondnein

Mitglied
Danke, Chandrian!

Das mit dem "Wissen" ist nett geschrieben, aber gerade bei diesem Lied hier oben kann man lesen, daß die umfassende Metamorphose in einer Frage strandet.

grusz, hansz
 



 
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