Neuzeit-Babel

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fee_reloaded

Mitglied
Schwer und mühsam ist korrektes Gendern.
Allzu leicht verletzt man ungewollt!
Mangelt's dir an Wokeness, wird gegrollt:
die Gesellschaft muss die Sprache ändern!

Leider geht das nicht von Heut auf Morgen -
's fehlt uns nicht am Willen, sondern Zeit.
Lesbisch, bi, trans, gay - wir wärn bereit!
Doch wir müssen erst für Klarheit sorgen.

Menschen seh ich, nicht dritte Personen!
Em, er_sie, hen, nin, xier - die Pronomen:
unnatürlich noch - oh, Qual der Wahl!

Nichts davon geht fließend leicht von Lippen.
Hingedrängt stehn wir an Sprachesklippen.
"Muttersprache, lern geschlechtsneutral!"





.juli_2022
 

petrasmiles

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Liebe Fee,

ach wenns' nur um das Gendern ginge. Wokeness ist noch einmal eine 'Verschärfung'. Kannst Du Dir vorstellen, dass in meinem Umfeld bei Diskussionen mittlerweile auf Anfrage eine 'Awareness'-Person dabei sein muss? Die achtet dann darauf, dass sprachlich nichts Übergriffiges passiert (definier das mal!) und die Redezeiten ausgeglichen sind zwischen den diversen Geschlechtern (Organisier das mal). Warum sollte man unter diesen Umständen noch miteinander reden wollen? Und wir sind ja noch gar nicht bei Regeln, die man lernen könnte.
Ich habe mal in einem Artikel nur die weibliche Form gelesen und anfangs wirklich gedacht, dass eplizit von Frauen die Rede gewesen sei, aber im Laufe des Textes wurde klar, dass dies ein Statement war. Ich habe der Autorin von meiner Irritation berichtet und sie meinte lapidar, man hätte so lange immer die männliche Form genommen - jetzt seien mal die Frauen dran. Für sie passe das so. Tendenziell macht also noch (?) jeder seins - und damit sind wir bei Deinem Babel, da sind wir.

Liebe Grüße
Petra
 

petrasmiles

Mitglied
na, Gottseidank ist es in der Lupe noch möglich, so zu schreiben, wie uns der "Schnabel" gewachsen ist, sollte das einmal nicht mehr
der Fall sein, bin ich weg, bevor ich gezwungen werde, mein Anfangswort umzubenennen in
Göttinseidank ...
lg aliceg
Na, da würdest Du bei den Grünen Deine reine Freude haben, da wird nämlich die Rednerliste geschlossen, wenn sich keine Frau mehr meldet, ganz egal, wie viele Männer noch etwas zu sagen hätten ... aber gegen Göttinseidank hätte ich nichts einzuwenden :) wird doch mal Zeit :D
 

fee_reloaded

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...Kannst Du Dir vorstellen, dass in meinem Umfeld bei Diskussionen mittlerweile auf Anfrage eine 'Awareness'-Person dabei sein muss? Die achtet dann darauf, dass sprachlich nichts Übergriffiges passiert (definier das mal!) und die Redezeiten ausgeglichen sind zwischen den diversen Geschlechtern (Organisier das mal). Warum sollte man unter diesen Umständen noch miteinander reden wollen?...
Haarsträubend, liebe Petra! Aber ja - das treibt zur Zeit mit gradezu erstaunlicher Schnellig- und Leichtigkeit Blüten. Keiner will schlecht dastehen, keiner will einen Shit-Storm, niemand traut sich, Wellen zu schlagen, die dem ein wenig entgegenhalten und die Vernunft und den gegenseitigen(!) Respekt wieder mit zurück ins Spiel bringen. Dank social media kann auch die kleinste Fraktion ein Mords-Wetter machen und Aufmerksamkeit generieren. Emanzipation und Respekt vorm Gegenüber - unabhängig von biologischer oder empfundener Geschlechtszugehörigkeit - gut und schön. Aber alles mit Augenmaß, oder? Letzteres vermisse ich bei der ganzen Sache wirklich sehr. Und den Dialog sucht unter den aktuellen Stolperfallen und Minen-Feldern für Genderfehltritte wirklich niemand mehr gerne und leichthin. Traurig, das Ganze.

Danke für deinen Beitrag!

Herzliche Grüße,
Claudia
 

fee_reloaded

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wenn es das denn wäre. Es ist doch nur ein Pseudorespekt, denn zu Respekt gehört mehr. Wer Respekt kann, der hat sie nicht nur für Minderheiten.
Ganz genau, liebe Petra.
Pseudo-Respekt aus Angst vor Wellen und besagten Shit-Storms (die kann die social media community ja besonders gut).
(kennt man das auch außerhalb Wiens bzw. Österreichs so als Spruch? - "bloß kaane Wön!!" (=bloß keine Wellen!)?)

LG zurück!
 

petrasmiles

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"bloß kaane Wön!!" (=bloß keine Wellen!)?)
Anders herum als Spruch: Mach doch keine Welle! wenn man einen Einwand (oder Skrupel) hat, der nicht gern gehört wird.
Ich arbeite ja viel mit jungen Leuten und es tut mir manchmal in der Seele weh, wenn ich sie in ihren Trippelschrittchen seh vor lauter 'Absicherung'. Manchmal komme ich mir dagegen recht 'robust' vor und wundere mich, was ich alles sagen darf :)
LG
 

fee_reloaded

Mitglied
... und es tut mir manchmal in der Seele weh, wenn ich sie in ihren Trippelschrittchen seh vor lauter 'Absicherung'.
Mhm. Seh ich das falsch, oder durfte man als junger Mensch früher noch länger - im positiven Sinne - sorglos sein? Mein Sohn wird im August 19, macht grade den Zivildienst und stresst sich mit der Berufs- bzw. Studien-findung in einem Maße, dass ich mich frage, woher das kommt? Von uns bekommt er diesen Druck definitiv nicht. Mir scheint, damit ist er in guter Gesellschaft.
 

petrasmiles

Mitglied
Das ist die Kehrseite der Wokeness - alles bekommt so eine Schwere - und leider Humorlosigkeit. Ich weiß noch, ich hatte mit meinen konkreten Schritten ins Erwachsenenleben genug zu tun, die Welt musste ohne mich klarkommen. Aber heute hängen für sie ja Klima und Weltfrieden an jeder winzig kleinen Entscheidung. Leider sind das (auch) die Erwachsenen schuld, die das prima finden, wenn sich ihre Kinder 'interessieren' und fördern 'Engagement' - nicht ahnend, was sie damit anrichten. Und die blöden Medien (und nicht wenige Politiker und sonstige Personen des öffentlichen Lebens) feiern sie noch dafür; mich erinnert das an die Kinderkreuzzüge (und möchte speien!) Und auf der anderen Seite werden Ressourcenknappheit und Altersarmut und Mangel durch den Äther gejagt.
Die Sorglosigkeit ist dahin, liebe Fee. Aber ich kann Dich beruhigen, spätestens im Studium lernen sie dann, das Schwein fliegen zu lassen. Sie werden es anders machen. So ist das eben (spricht die Blinde von der Farbe :))
LG Petra
 

fee_reloaded

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Uff...jaaaa! Frühforderung, schon im Kindergarten Richtung Höchstleistung gedrillt, dazu ganz viel Humorlosigkeit und Leistungsdruck....das erzeugt ganz logischerweise eine Tonnen-Schwere! Das seh ich auch so.

...spätestens im Studium lernen sie dann, das Schwein fliegen zu lassen. Sie werden es anders machen.
Das dachte ich auch, inzwischen aber sind die ersten zwei Semester vollgepackt mit vielen Monsterprüfungen, die nur weiter dazu dienen sollen, die Spreu vom Weizen zu trennen - also ist auch da der Druck und die Anstrengung enorm. Und das von der Gesellschaft befeuerte Konkurrenzdenken wird dann auch im Rest des Studiums weiter mitgenommen und das alles mit Blick auf etwaige Berufschancen und Konkurrenz.
Zeit zur Selbstentfaltung - so, wie ich das noch von meiner Studienzeit kenne - müsste man sich da sehr bewusst nehmen (und für ein entschleunigtes Studien-Tempo dann den Verlust der Familienbeihilfe in Kauf nehmen...also echter Luxus! Wer kann bzw. will sich das schon leisten?) Und wenn's bei der Jobsuche dann heißt "Warum haben sie so viel länger gebraucht als die anderen?"...da bräuchtest du als junger Mensch schon fast übermenschliches Urvertrauen, dass - egal wie - alles gut wird im Leben.

LG,
Claudia
 

Sidgrani

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die Gesellschaft muss die Sprache ändern!
Bravo, liebe Fee,

die Verantwortlichen haben ja sonst nichts zu tun. Kein Problem auf der Welt ist so groß wie das Übel mit der Gendergerechtigkeit.
Wie möchtest du denn in Zukunft genannt werden? Ich schlage "Faus" vor, wobei a die weibliche und us die männliche Endung ist.

Petra geht auch nicht mehr, klingt weiblich und Petrus wäre männlich. Petrum ist doch schön neutral oder?
Aus Claudia wird Claudium usw.
Schwer und mühsam ist korrektes Gendern.
Allzu leicht verletzt man ungewollt!
Wenn ich zu einem Farbigen "Neger" sage, das verletzt, aber sonst ...! Mein Gott (Verzeihung), wir entarten (Verzeihung).

Du hast die Sache prima aufs Korn genommen, danke!

LG Sidgrani
 



 
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