nicht heute?

5,00 Stern(e) 5 Bewertungen

Dimpfelmoser

Mitglied
nicht heute?

ein falsches lächeln, dunkel und vertraut
zieht dich hinunter in das nichtgesicht
wo jenes hoffnungslos sterile licht
dich nicht mehr deiner traurigkeit beraubt

ein leerer raum, ein nichtverstehen schaut
mit sanftem warmem hauchen hoch zu dir
ein raunen rauschen fauchen: komm zu mir
ein feuchter ton, vor dem dir plötzlich graut

du zitterst, drückst dich nieder in das jetzt
versagst den kühlen lippen ihren kuss
das nichtgeschehen trifft sie wie ein schuss
der alles nichtbegehren dumpf zerfetzt

in das zerrissne bild blickst du zurück
das nichtich ächtet dich und den verrat
die frage gibt die antwort, nicht die tat
doch lächelt es erneut, dann, stück für stück ...
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

Mitglied
Hey Dimpfelmoser!
Das finde ich wirklich überaus beeindruckend. Man kann hier der Versuchung erliegen und die etwas rätselhaften Zeilen "dechiffrieren" und dann können diese für alles Mögliche "stehen", aber mir gefällt der Text eigentlich am besten, wenn ich das Rätsel nicht gewaltsam in ein "hoffnungslos steriles Licht" zerre und das Geheimnis mit der interpretatorischen Geburtszange entgeheimnisse. Ich lasse also lieber die Bilder an mir vorbeidefilieren, mal weisen sie dabei ins Erotische und mal in thanatische Gefilde, und gebe mich einfach dem Sprachgenuss hin.
Im objektiven Bewertungsbereich bin ich dabei längst bei 5/5 Sternen, in einem völlig subjektiven Raum, fand ich persönlich die Zeile "die frage gibt die antwort usw." am eindringlichsten, weshalb ich Dein (so wie es ist) wunderbares Poem mal noch unter Verlust zweier Zeilen (den ich Dir nicht zu empfehlen zumuten möchte!) in ein Sonett verwandelt habe, wobei ich auch noch die Zeichensetzung vereinheitlicht habe, was wieder ein reiner Subjektivismus ist und ein paradoxer noch dazu, weil ich bei vielen meiner eigenen Gedichte durchaus auf Zeichensetzung verzichte - tendenziell aber eher bei ungereimten als bei gereimten Vertretern. :)
LG!
S.



nicht heute?

ein falsches lächeln, dunkel und vertraut,
zieht dich hinunter in das nichtgesicht,
wo jenes hoffnungslos sterile licht
dich nicht mehr deiner traurigkeit beraubt.

ein leerer raum, ein nichtverstehen schaut
mit sanftem warmem hauchen hoch zu dir,
ein raunen, rauschen, fauchen: komm zu mir,
ein feuchter ton, vor dem dir plötzlich graut.

in das zerrissne bild blickst du zurück,
versagst den kühlen lippen ihren kuss.
das nichtgeschehen trifft sie wie ein schuss
doch lächelt es erneut, dann, stück für stück ...

das nichtich ächtet dich und den verrat.
die frage gibt die antwort, nicht die tat.
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @Dimpfelmoser ,
ich hätte noch eine Frage zu deinem Gedicht und habe versucht, dich per PN zu erreichen. Klappt nicht ganz:)
Könntest du mir vielleicht eine PN schicken?
Liebe Grüße ubertas
 

Dimpfelmoser

Mitglied
Hallo Sufnus,

ich danke Dir für diese schöne Version. An die Sonettform (oder auch an andere "feste" Formen) habe ich mich bisher noch nicht herangetraut. Insofern ist es interessant, dieses einmal so zu lesen und wirken zu lassen.
Dir, und natürlich auch Dir, liebe @Ubertas, herzlichen Dank für Wertung und Reaktion.

LG Dimpfelmoser
 

Winterling

Mitglied
Hey Dimpfelmoser,

schon mehrfach habe ich Deine Zeilen gelesen und jedes mal sehe ich andere Aspekte und Facetten. Gerade das gefällt mir. Ich finde die Kleinschreibung auch gut, und du hast ja fast gar keine Satzzeichen, so findet man seinen eigene Lesegeschwindigkeit.

Gerne gerätselt und gelesen :) und Liebe Grüße von Winterling
 

Dimpfelmoser

Mitglied
Hallo Winterling,

es freut mich, wenn der Text Dir etwas gibt. Die Kleinschreibung nutze ich ganz gerne; für mich erzeugt dies mit der Reduktion des Formalen an dieser Stelle eine gewisse Spannung in stark verdichteten Texten (die ja ggf. noch anderen formalen Regeln unterworfen sind) - auch wenn es natürlich nicht immer passen mag.
Danke Dir für Deine Reaktion und liebe Grüße
Dimpfelmoser
 

Tula

Mitglied
Hallo Dimpfelmoser
Tatsächlich kommen mir hier beim Lesen einige 'Hinterngedanken' ;)

LG Tula
 

Dimpfelmoser

Mitglied
Hallo Tula,

eine interessante Lesart - wenn wiederum meine Assoziation richtig ist. Wohin einen die Gedanken halt so tragen ... ;)
Danke Dir fürs Kommentieren und Bewerten.

LG Dimpfelmoser
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Dimpfelmoser,

da bin ich ganz bei Winterling - bei jedem erneuten Lesen öffnen sich andere Türen - toxische Liebe, Depression, Sucht...
Für mich ist das ein ubertas-Text mit mehr Worten :) (Das ist ein Kompliment!)
Besonders gut finde ich den Titel, der Hoffnung und Drohung zugleich verkörpern kann.
Ich bin schwer beeindruckt!

Liebe Grüße
Petra
 

Dimpfelmoser

Mitglied
Liebe Petra,

mich freut es sehr, dass dieser Text etwas Anreiz zum Wiederlesen zu geben und verschiedene Deutungsebenen zu eröffnen scheint. Ich danke Dir sehr für Kommentar und Wertung.

Liebe Grüße
Dimpfelmoser
 



 
Oben Unten