Nicht mehr als ein Entwurf

juleb

Mitglied
Nicht mehr als ein grober Entwurf zur Schreibaufgabe ist dieser kleine Beitrag, der gerade mit einer Sonde bei mir eingetroffen sein könnte:

Mit anderen Augen

Cigcxterctisaskuil – der Einfachheit halber wollen wir ihn Cigc nennen – musterte die vier Männer, die sich breit vor ihm aufgebaut hatten, mit nachdenklich verknoteten Tentakeln. »Ihr wisst, was wir von euch wollen?«
Dezikt drehte bejahend den linken Arm. »Klar, Boss.« Sein eigentlicher Name war natürlich ebenfalls viel länger und beinahe unaussprechbar, ebenso die Namen seines Teams, deshalb geben wir sie auch verkürzt wieder, damit sie verständlicher erscheinen. »Unsere Analysen sind beinahe vollständig abgeschlossen. Und wir sind uns weitgehend einig, diesen Bereich der Galaxis weiträumig abzusperren.«
»Sind sie wirklich so gefährlich? Den Messungen zufolge ist diese Rasse gerade so weit, die Waffen zu konstruieren, mit denen sie sich selbst vernichten könnten. Sie haben die ersten Sonden ins All geschickt und fangen gerade an, ihr System gründlich zu erforschen. Nach allen Regeln des galaktischen Rates sollten wir also einen ersten Kontakt erwägen.«
»Davon können wir nur entschieden abraten!« Dezikts Tentakel glitten über bunte Schaltflächen, dann öffnete sich ein Holoschirm in der Südwand des kuppelartigen Gebäudes. Auf dem Schirm war ein zartgliedriges Gebilde zu sehen: eine der neuen Sonden, die durch den Hyperraum auf wenige Lichtstunden zu entfernten Zielen sprangen, und nachdem sie den gesamten Funkverkehr aufgefangen und gespeichert hatten, automatisch zurückkehrten.
»Wir verdanken den Sonden, die wir in das System geschickt haben, mehrere Terabyte nützlichster Daten. Und wir haben die letzte Dekade ausgiebig genutzt, die Daten zu analysieren. Wie auch bei anderen Erstkontakten bleibt das Meiste unverständlich. Aber es gelang uns, genug Informationen zu analysieren, um uns ein Bild der neuen Rasse zu machen.«
»Was uns als erstes auffiel«, erklärte Gferhtz, der Biologe des Teams, »war die Vielzahl an intelligentem Leben auf dieser Welt.«
»Nein«, unterbrach ihn Jlejdp, der Techniker. »Wir müssen noch einen Schritt zurückgehen. Von anderen Welten und unserer eigenen Unterhaltungsindustrie haben wir natürlich geahnt, dass die meisten Informationen, die wir klar zuordnen können aus typischen Medien stammen. Die Fremden verwenden dabei noch antike Filme. Holografische Medien scheinen noch nicht bekannt zu sein. Und wie überall gibt es auch dort einen anderen Stil, den sie einsetzen, wenn sie etwas dokumentieren wollen. Wir haben lange überlegt, was denn ihr dokumentarischer Stil sein könnte, und sind schliesslich zu dem Schluss gekommen, dass die vorherrschende Spezies offenbar einen bewusst einfachen Stil gewählt hat, um reale Informationen darzustellen.«
Dezikt huschte über Schaltflächen und Hebel. Der Holoschirm teilte sich in sechzehn kleinere Prismen, in jedem der Prismen erschien ein anderes Beispiel der primitiven Darstellungsform. »Man kann die Bilder weitgehend mit Piktogrammen vergleichen. Nehmen Sie dies Beispiel hier: es stammt aus einer Dokumentation zur Vergangenheit der vorherrschenden Art. Daneben habe ich einen vergleichbaren Spielfim gestellt, der denselben Zeitraum begreiflich machen soll. Wie Sie sehen, überwiegen in der Dokumentation einfache, zweidimensionale Formen und Muster. Die Gesichter sind flächig und kaum zu unterscheiden. Auf Details wurde bewusst verzichtet, um nicht vom Wesentlichen abzulenken.«
»Allerdings ist es uns noch nicht gelungen, eine Übersetzung zu realisieren«, warf der Philologe ein. »Ich bin daher nicht sicher, dass die Deutung meiner Kollegen der Wahrheit entspricht. Es kann auch alles ein Irrtum sein.«
»Ich darf doch bitten, Pojlkml! Sie haben nachher noch Zeit genug, ihre Meinung preiszugeben. Bitte unterbrechen Sie jetzt nicht, bis wir unsere Argumente vorgelegt haben!«
Pojlkml ergrünte schuldbewusst und wickelte sich in seine Tentakel ein. Nur wer ihn genau kannte, konnte seine Unzufriedenheit im Blinken des mittleren Auges ablesen.
»Also zurück zu unseren Ergebnissen.«
»In der Folge haben wir also das gesamte piktografische Material aus der Datenbank ausgefiltert und näher untersucht. Wie schon gesagt: das erste – und sicherlich erstaunlichste – Ergebnis ist die Vielzahl an intelligentem und halbintelligentem Leben auf dieser Welt. Ganz offensichtlich ist beinahe jedes Lebewesen zur Kommunikation fähig. Hier sehen Sie zwei relativ intelligente Wesen, die, wie andere Aufnahmen belegen können, von der vorherrschenden Art verzehrt werden. Beachten Sie bei dem einen Wesen die tentakelartigen Wölbungen am Unterbauch. Sie sind möglicherweise mit uns verwandt. Die einfacheren Spezien neigen dazu, die herrschende Rasse zu imitieren, indem sie in vielen Fällen Kleidung über ihre natürliche Behaarung stülpen. Offenbar genügt schon diese Mimikry, um die herrschende Art zu täuschen. Anders ist es nicht zu erklären, dass immer wieder nahezu gleich aussehende Wesen in unterschiedlichen Dokumentationen auftauchen.
Im ersten Moment haben wir natürlich Abscheu bei dem Gedanken empfunden, dass auf dieser Welt anderes intelligentes Leben als Nahrung dient. Aber das spricht noch nicht dagegen, mit den entsprechenden Wesen Kontakt aufzunehmen.«
»Was uns sorgt, ist ihre offenbare Zähigkeit. Hier zum Beispiel können Sie sehen, wie ein einzelnens Wesen mit grossen, offenbar sehr schweren Gegenständen beworfen wird. Das Gewicht haben wir aus den Nebenschäden geschätzt, die die Gegenstände an Behausungen oder stabilen Untergründen anrichten. Und hier eine der intelligenteren Arten beim Versuch, einen Laufvogel zu fangen. Er stürzt aus einer Höhe von mehreren hundert Metern und steht auf, als sei nichts geschehen! In dieser Jagdszene über dasselbe Wesen sehen Sie, wie es durch die Hitze eines Raketenstarts pulverisiert wird - nur um sich auf der Stelle zu regenerieren.«
»Eben das weist doch darauf hin, dass diese Bilder auch nur Unterhaltung sind!« unterbrach Pojkml erneut. »Eine noch nie gesehene Unterhaltungsform, aber wie ich denke nur Tricktechnik.«
Die anderen wedelten empört mit ihren Tentakeln. »Wir widersprechen entschieden. Sowohl die Kürze dieser Aufnahmen wie auch ihre simple Darstellung sprechen nach unserer Meinung eine deutliche Sprache. Sie zeigen, wie das Leben auf dieser Welt eben ist. Nichts anderes.«
»Von mir aus«, bemerkte Cigc sachlich. »Nehmen wir doch an, es seien Dokumentationen. Ich finde die Argumente ziemlich stichhaltig. Aber sie erklären nicht, weshalb wir diesen Arm der Galaxis zum Sperrgebiet erklären sollen. Die Fremden sind sicherlich Barbaren und auch ziemlich zäh. Aber das sind andere Rassen auch. Bisher hat der Beitritt zur galaktischen Zivilisation immer geholfen, antikes Gedankengut zu verändern.«
»Es ist zu riskant«, erklärte Dezikt, holte neue Bilder auf den Schirm. »Die vorherrschende Art – sie erkennen sie an den wenigen Gliedmassen und der scheinbaren Steife – lebt eben nicht nur davon, alle anderen Lebewesen dieser Welt gnadenlos auszubeuten. Sie besitzt ein gänzlich unbekanntes Aggressionspotential gegenüber allem Fremden. Hier sehen Sie ein paar typische Vertreter der Spezies. Beachten Sie die enganliegende Kleidung. Offensichtlich eine Art Kriegerkaste. Auch die flatternden Umhänge sind typisch für diese Kaste, die stets bereit scheint, alles zu vernichten, was auf der Welt der Fremden erscheint und nicht der Norm entspricht. Wir wissen nicht, wer dieses galaktische Riesenwesen ist, das offenbar Kontakt gesucht hat. Genausowenig kennen wir die anderen Rassen, die hier von der Kriegerkaste vernichtet werden.«
Gebannt verfolgten Augentrippel gewalttätige Schlachten unterschiedlicher Einzelwesen gegen ganze ausserirdische Armeen oder monströse Exoten.
»Aus den Aufnahmen wissen wir, dass die anderen Wesen aus anderen Systemen stammen. Keine der anderen Rassen ist uns bekannt. Daher lässt die Analyse nur zwei mögliche Schlüsse zu: entweder haben die Fremden Wesen jeden Besucher mit militärischer Macht ausgerottet – und das widerspricht ihrem technischen Standart – oder die Fremden sind Träger eines unbekannten, äusserst gefährlichen Virus oder einer anderen Krankheit, die jeden Besucher von ausserhalb ihres Systems dahinrafft – und mit ihm seine ganze Art.«
Der Biologe glitt nach vorne. »Letztlich bleibt also die Krankheit als einzige Möglichkeit, deshalb empfehlen wir, den ganzen Spiralarm zu isolieren. Unsere Technik ist noch nicht so weit, mit einer Seuche fertig zu werden, die unterschiedlichste Zivilisationen offensichtlich ausrottet.«
Cigc wedelte zustimmend. »Ich verstehe. Ich schliesse mich Ihrer Meinung voll und ganz an. Auch weil die Fremden noch sehr barbarisch erscheinen.« Schaudernd musterte er die käsige Gestalt auf dem Holoschirm: nur vier Extremitäten, käsig und schauderhaft unbeweglich. Ein geschwungenes Zeichen zierte die Brust des Fremden. »Bei aller Aggressivität ist es sicherer, sie für weitere 1000 Jahre zu isolieren. Und dann noch die unbekannte Krankheit...Gibt es einen Namen für die Seuche?«
»Wir nennen sie vorläufig nach der Hauptspezies: Mensch.«
 



 
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