Ninis - Die Wiege der Bäume

Thariot

Mitglied
Ein Mädchen wird zum Dämon.

Angst, Wut und ein Plan.
Ein Plan um Macht
und einen uralten Krieg,
den es zu überleben gilt.

Seit Anbeginn aller Zeiten beherrschen der Elementar der Erde und seine Geschwister die Welt Ninis. Zumindest bis zu der Nacht, in der er sich aufmacht gegen seine tyrannische Schwester in den Krieg zu ziehen.

Mit Yirmesa hetzt er ein junges Mädchen in den Kampf. Wohlwissend, dass die Macht, die er in Yirmesa erwachsen lässt, einmal entfesselt, auch ihn in die Knie zwingen kann.

Mit Siria, einer zynischen alten Hexe, stellt er Yirmesa eine Gefährtin an die Seite, die mit ihren steten Bemühungen Yirmesa zu töten, ihr unwissend den Weg bereitet.


Ninis - Die Wiege der Bäume

I. Buch Jabari
Nur ein kleiner Stoß, der wie eine sanfte Woge ihre Glieder beruhigte. Entspannt und wehrlos, gleich einem schlafenden Kind, lag sie vor ihm. Stille kehrte ein, ein Hauch würde genügen, ihr Leben zu nehmen.
„Nur noch dieses eine Mal”, flüsterte er beinahe fürsorglich und löste sich auf. Er schenkte ihr einen Gedanken, mehr gab es in dieser Nacht nicht zu tun.


***

Bäume in der Nacht
„Ja, die roten Kerzen, zwölf müssen es sein. Danach werde ich unsere Heerscharen erwecken und ihre Feste schleifen!” Sie nickte verschlagen. Devot und ohne jegliche Hemmungen, ihrer konnte er sich sicher sein.
„Dein Lohn wird dich unsterblich machen”, sagte er gönnerhaft und deutete sogar eine Verbeugung an. Das Spiel mit ihr war keine Herausforderung, für die Illusion dem Tod zu entgehen, waren die Sterblichen zu allem bereit.
Er konnte seine Blicke kaum von ihr lassen, mit jedem weiteren Atemzug strömte, wie aus unzähligen kleinen Mündern, warme Atemluft aus ihrer Haut. Regelrecht wollüstig gab sie sich seinen Berührungen hin, sie schnurrte, als seine Hand über ihren nackten Rücken strich. Glühend vor Erregung glimmte sie an den Stellen seiner Liebkosungen auf. Er liebte es immer wieder, sich wie einer von ihnen zu benehmen. Langsam beugte er sich zu ihr und küsste ihren Nacken, die Vergänglichkeit ihres Duftes war ein Genuss. Für einen Moment vergaß er wer er war, sie war sein.

Es war Nacht geworden: Von der Gasse drang nur wenig Licht in ihre Kammer, deren süßlicher Geruch bereits aufzeigte, was sich nicht mehr lange abwenden lassen würde. Das moderige Holz, die feuchten Mauern, dieses Haus war bereits dem Verfall anheim gegeben. Die Erlösung war nah, wenn auch nur für diese schäbige Behausung. Er beneidete die Sterblichen um die Gabe ein Ende erfahren zu dürfen. Ihm war dieser Segen bisher verwehrt, denn seit Anbeginn aller Zeiten beherrschten die vier Elemente die Welt Ninis, zumindest bis zu dieser Nacht, in der er sich aufmachte, die Ewigkeit zu beenden.
Er wollte seine Gespielin nicht wecken, doch konnte er nicht länger bei ihr bleiben. Sie war nicht die einzige, die er in dieser Nacht auf den Weg schicken würde. Hoffentlich würde ihr Meister Wort halten, sein Bruder, nur mit seiner Hilfe würde er die Macht des Feuers; die Macht seiner Schwester brechen können. Sein Plan war riskant, dass war ihm bewusst, doch diesmal würde er den Weg bis zum Ende beschreiten.

Kurz darauf hatte er ihr Haus verlassen und schritt zügig auf den Hafen zu. Deasu, die Stadt am Meer, das Kleinod dieser Epoche und gleichermaßen ihr Sündenpfuhl. Aus der Ferne hätten die prächtigen Bauten auf den Hügeln der Oberstadt eine majestätische Silhouette abgegeben, nur konnten sie auch nicht den Gestank des Hafenviertels überdecken.
Er hielt sein Gesicht unter einer dunklen Robe verborgen, sein Antlitz wäre für die einfachen Gemüter nicht zu verstehen gewesen. Nur noch kurz und er würde das Elend dieser Stadt hinter sich lassen.
„Edler Herr, bitte eine milde Gabe für einen Kriegsversehrten”, krächzte ihn jemand von der Seite an, während ein anderer ihm eine verkrüppelte Hand entgegenstreckte. Für die Bettler hatte er keine Zeit, er musste weiter. Ein Silberstück flog durch die Luft, sollten sie doch damit selig werden. Plötzlich blitzte etwas auf: Eine hastige Bewegung und er verspürte einen Stich im Rücken.
Das hatte er nicht erwartet, er drehte sich um und sah in die Augen seiner vermeintlichen Mörder. Undankbare Brut! Kalt und schwarz, diese Blicke ließen kein Erbarmen erkennen. Der Zweite grinste ihn derweil spöttisch an und trieb eine weitere Klinge in seinen Bauch. Feiner Staub rieselte auf die Gasse, während er sie ohne Gram anlächelte. Ein Lächeln war eine mächtige Waffe, vor allem da seine Häscher sicherlich nicht mehr als ein hilfloses Gewimmer von ihm hören wollten.
„Glaubt ihr etwa, mich töten zu können?”, fragte er sie mit väterlicher Stimme und legte seine Kapuze in den Nacken. Eine erdende Aura umgab sein Gesicht. Die Mordgier in ihren Blicken wich der Angst, was er durchaus verstehen konnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass gedrungene Mörder ausgerechnet ihn erwischten, war nicht sonderlich hoch. Aber diese beiden hatten es geschafft.
„Stirb, verdammt! Stirb!” Immer wieder stachen sie auf ihn ein, allerdings ohne ihn niederstrecken zu können. Nur weiterer Staub rann auf den Boden. Diese Narren! Das reichte ihm jetzt, er berührte ihre Gesichter, die binnen eines Atemzuges um Dekaden alterten. Degenerierte Brut! Sie hatten ihre Leben verwirkt, er ließ sie als gebrechliche alte Männer zurück. Vielleicht half ihnen die verbleibende Zeit, um über das Leben nachzudenken, ihr Staub war ihm so oder so sicher.
Hastig ging er weiter, bis er ein nicht gepflastertes Wegstück erreichte. Blanke Erde, die Quelle seiner Kraft. Der Boden unter ihm begann sich zu bewegen, mit einer Drehung löste er sich auf und verschwand im Schoß seines Reiches.

Landeinwärts von Deasu türmte sich ein imposantes Gebirge auf, dessen schneebedeckte Gipfel stolz gen Himmel ragten. Inmitten der eisigen Höhenzüge, und für Wanderer nur durch einen schroffen Gebirgspfad zu erreichen, lag sein Refugium, der Jabari. Der alte Vulkan war schon lange nicht mehr aktiv, doch seine Magie trotzte dem Gebirge Leben ab, das ansonsten an diesem Ort nicht möglich gewesen wäre und was ihm noch besser gefiel, das kaum einer dort vermutete.
Ein sommerliches Aroma lag in der Luft, als sich seine erdende Gestalt in der Nähe eines Baumes aus dem Boden erhob. Er liebte die Stille der Nacht, behutsam schmiegte er sich an die Baumrinde und verschwand im Inneren des Stammes. Genüsslich vernahm das leise Rauschen des Waldes. Er hatte lange über diesen Schritt nachgedacht: In dieser Nacht setzte er Dinge in Bewegung, die alles verändern würden.
Etwas später manifestierte er sich erneut, es gab keinen Grund zur Eile, seine Schützlinge würden ihm kaum weglaufen. Unscheinbar bewegte er sich den Stamm hinauf: Der kleine Baumbewohner, dessen haariger Schwanz von einem Ast herunterbaumelte, ließ sich jedenfalls nicht von ihm stören, eine gelbliche Frucht beschäftigte ihn vollends.
Vorbei an einer Hängebrücke und mehreren Strickleitern gelangte er schließlich auf ein wohlgeschütztes Plateau inmitten der Baumkrone. Das Volk der Lamenis verstand es, ihre Heimstätten kunstfertig zwischen den Ästen zu errichten, und die Bäume liebten es, von ihnen bewohnt zu werden.
Auf einer tief gespannten Tierhaut schlief Yirmesa: Eine junge Lamenis, der er schon seit ihrer Geburt seine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Ihre schwarzen Haare schimmerten in der Dunkelheit, obwohl das Mondlicht das Blätterdach kaum zu durchdringen vermochte. Ohne von ihm Notiz zu nehmen drehte sie sich murmelnd um und schlief mit der Hand unter der Wange weiter. Eigensinnig, neugierig und zerbrechlich, wie eine Blume in einer Frostnacht, er mochte die Kleine, hoffentlich würde sie die Reise überstehen. Mit einer behutsamen Geste strich er eine Handbreit ihren Arm hinauf, was unmittelbar unzählige kleine Schuppen aus ihrer Haut erwachsen und ebenso schnell wieder verschwinden ließ. Das Schicksal von Yirmesa war schon mit ihrer Geburt besiegelt!
Er dachte über die Lamenis nach, deren einzige Bestimmung es war, für ihn zu kämpfen. Von den Männern konnten sich einige, wenn sie in Rage gerieten, zu Bären verwandeln. Die Frauen indes waren noch weitaus gefährlicher, im Kampfrausch entsprangen den Wildesten unter ihnen animalische Schuppen aus der Haut. Im Nacken und an den Flanken ihrer Arme und Beine schützte sie dann ein natürlicher Schuppenpanzer. Es gab kaum etwas, was ihre Wut dann noch aufhalten konnte.
Für diesen Blutzoll gewährte er ihnen im Alter die Verwandlung zu Bäumen, so konnten sie für lange Zeit ihren Nachkommen nahe sein. Einen höheren Lohn vermochte er keinem sterblichen Wesen zu schenken, schließlich betrachtete er Bäume als seine gelungenste Lebensform.

Sein letzter Besuch in dieser Nacht galt Siria, einer greisen Renelatin im Dienste des Feuerordens seiner Schwester. Neben vielen anderen unrühmlichen Eigenschaften, war es ihr nahezu unbestechlicher Scharfsinn der sie bemerkenswert machte. Er konnte sich keine bessere Botin vorstellen, um seine Schwester zu täuschen. Wobei sich amüsanter Weise keine der beiden der Dienste für seine Sache bewusst waren.
Einen Lidschlag später befand er sich auch schon auf der anderen Seite der Welt, seine Staubwolke flog dicht über die stürmische See. Tosend schlug die Brandung an die Grundmauern von Saladan, der steinernen Stadt am Nordmeer. Hier konnte kein Baum gedeihen, er mochte weder das Polarmeer noch diesen kalten Felsen, aber den Renelaten war ihre Heimat heilig.
Er schoss die Mauern hoch und schwebte für einen Moment unter den Zinnen eines breiten Wehrganges. Dichtes Schneetreiben erschwerte die Sicht, wodurch auch die beiden Wachen arglos vorbeiliefen. Ihre Schilde trugen das rote Wappen des Drachen, das Zeichen ihres Königs. Sobald der Weg frei war, huschte seine Staubwolke unter einer geschlossenen Holztür hindurch.
Während der letzten hundert Winter war das Banner der Renelaten vielerorts auf Ninis zu sehen, ihr Orden herrschte über weite Teile der Welt. Es hatte ihm keine Freude bereitet, den Siegeszug seiner Schwester zu beobachten: Sie war maßlos geworden!
Dabei hatten die Renelaten nicht die Wandlungsfähigkeiten der Lamenis: Augenscheinlich ähnelten sich beide Völker, obwohl sich ihr Werdegang kaum stärker unterscheiden konnte. Die Renelaten verdingten sich der Wissenschaft und der Kunde moderner Technik. Mit geschickten Händen beherrschten sie das Handwerk des Eisenbiegens und dominierten mit ihren Luftschiffen den Himmel. Sie wussten allerdings nichts von der Existenz der Lamenis oder dem Jabarital, das hatte er dieser Brut bisher wohlweislich vorenthalten.
Als erste Schattenseherin war Siria nur der Oberen ihres Ordens und dem König Rechenschaft schuldig. Dabei erstaunte ihn das alte Weib jeden Tag aufs Neue, gefürchtet und gehasst, bot sie ihren Widersachern fortlaufend Motive, sie erschlagen zu wollen, und dennoch hatte sie es geschafft, mehr als sechshundert Winter zu überleben. Sirias besonderes Talent war nicht einfach zu verstehen, sie konnte die Schatten deuten, die Schatten eines jeden gewährten ihr tiefe Einblicke auf das Innerste der Seele. Eine Fähigkeit, die ihr während ihres langen Lebens weder viele Freunde noch Glück eingebracht hatte.
In dieser Nacht wollte er Siria etwas geben, worauf sie lange gewartet hatte, auch wenn er sicher war, dass sie sich diese Erkenntnis anders vorgestellt hatte. Lautlos löste sich sein Staub aus der Mauer, auch hier sollte ihn niemand bemerken, seine Schwester würde niemals seine Anwesenheit in ihrer Heimstätte dulden.
Nur wenige Fackeln erhellten den tristen Korridor, seine Staubwolke glitt über die Steinplatten und verschwand unter einem Türspalt. Schemenhaft manifestierte er sich vor einer grauhaarigen Frau, die auf ihrer Nachtstätte von einem Alb gepeinigt wurde. Er umspielte Siria, labte sich am zehrenden Traum der Alten, die Abgründe ihrer Emotionen waren für ihn ein Genuss, dem er nicht widerstehen wollte.
Was die Renelaten und seine Schwester aus der Welt gemacht hatten, fand niemals sein Einverständnis! Sie konnten dabei so viele Leben nehmen wie sie wollten, aber ihr Hochmut verärgerte ihn jeden Tag aufs Neue. Dafür wollte er die Renelaten schreiend rennen sehen, wenn sie eines Tages das Ausmaß ihrer Impertinenz erkannten. Nur der Macht der Erde, seiner Macht, stand es zu, über das Schicksal von Ninis zu bestimmen.
Es war nun an der Zeit den Dingen ihren Lauf zu lassen: Er baute sich auf und berührte ihre Stirn, nur ein kleiner Stoß, der wie eine sanfte Woge ihre Glieder beruhigte. Entspannt und wehrlos, gleich einem schlafenden Kind, lag sie nun vor ihm. Stille kehrte ein, ein Hauch würde genügen, um ihr Leben zu nehmen.
„Nur noch dieses eine Mal”, flüsterte er fürsorglich und löste sich auf. Er hatte Siria einen Gedanken geschenkt, mehr gab es in dieser Nacht nicht zu tun. Durch ihre Angst getrieben würde Siria seine Schwester irreführen und Yirmesa den Weg bereiten, nicht mehr und nicht weniger.

***

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