Noach

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Der Alte steht
-die braungebrannte Stirn im Winde wiegend-
wie ein Verschlossener umher
Das große Auge seines Herzens abgewandt und leer
und in den Blicken all der Tiere liegend
die nur noch Kinder seiner Künste sind
Und schwer prasselt der Regen

Er schaut auf dieses endlos weite Meer
und all die Paare, die zu pflegen ihm gegeben
und hadert wieder mit den Wegen,
die ihm zu gehen vorgegeben
sehr

Wie kann denn er,
der nichts ist, weder Priester, noch ein Seher,
dies Schicksal in den bloßen Händen eines Königs wiegen,
der weder Thron noch Reich hat,
selbst sein Volk nicht mehr

Wie kann sein Gott ihm dieses auferlegen,
ihn wie ein Blatt in all das Meer zu geben,
das keinen Wald,
nicht einmal einen Baum noch hat.
Nur dieses dunkelblaue Matt,
das überall ist: Tief und groß, unendlich satt,
als warte es bloß, dieses Nass,
bis, dass er nichts mehr hat,
als bloße Sehnsucht
nach der Tiefe.
Um ihn hinab zu schlingen
von dem Floß

(Und es ruft ihn in das nasse Grab, den Schooß
der Dunkelheit)

Sie glauben an ihn und sie singen seinen Namen
hoch in den Himmel durch die Wolkendecke weit
Er spürt ihr Darben und ihr Leid.
Doch wie sie treu gehalten haben
auf der ganzen Strecke ihren Eid!

Und aus der Mitte tritt ein strahlend weißer Schimmel
und eine strahlend weiße Taube schreit:
Seht diesen Ölbaumzweige. Amen.
Das Land ist nicht mehr
weit.
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

Mitglied
Hey Dio!
Sprachgewaltig und in großartiger Missachtung von Ökonomie des Ausdrucks... so soll es sein... und dass der Noa(c)h (hoffentlich macht die Autokorrektur aus meinem eingeklammerten c jetzt kein Copyrightzeichen) ein bisschen mit der Arche in meinem Cond.-Hum.-Gedicht korrespondiert, freut mich natürlich auch sehr.
Ja gut... der Schooß... das ist ein bisschen viel rilkeanischer Historismus für mein Liking... aber das nur nebenbei... denn sonst: Alles wieder klar auf der Arche Doria! :)
LG!
S.
 
Hi @sufnus

Danke fürs reinschauen und den freundlichen Leseeindruck. Hier dürfen in der Tat mehrere Personen Copyright Verletzungen anmerken neben dir - möglicherweise noch Atraḫasis oder irgendwer aus dem Gilgamesch Epos. Auch im ein oder anderen monomythos hat es ja schon kleine sintfluten gegeben... Was den schooß betrifft so finde ich diese alte Schreibweise einfach genüsslicher: wärmer, runder .. das dabei noch unserem Rilke gehuldigt wird ist doch wunderbar.

Mes compliments

Dioch
 

Anni123

Mitglied
eine alte Geschichte zu Leben gebracht und ins Heute gewoirfen. Wo es mangelt an solchen, die Verantwortung übernhemen. Sprachlich faszinierend.
Bwundernden Gruß von Anni
 



 
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