noch gehe ich... (gelöscht)

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

ein bitterlich trauriger Text vom Sichverlorenfühlen in dieser Welt!

Einen kleinen Rhythmusfehler hast Du in der zweiten Strophe.
ich schlage Dir vor:

die Haut stinkt gelb aus allen ihren Ritzen

Als ich so alt war, wie Du es jetzt bist, habe ich einmal diese Thematik auch mit Hilfe eines Baumes versucht zu verdeutlichen. Bei mir hieß es dann:
"An deine Rinde habe ich mein Herz gehängt, Baum. Du kannst es nicht erquicken, denn deine Speise ist nicht meine Speise."

Die Wurzeln in Deinem Text finden auch nicht die Quelle, die ihnen Nahrung geben könnte und sie sind zudem ungeschützt, und wenn sie doch einmal etwas aufgenommen haben, kann es nicht bis dahin emporsteigen, wo es benötigt wird.

Dein Text hat nun wahrlich nichts Verlockendes, so ästhetisch er auch daher kommt. Vom Verfall ist da sehr anschaulich die Rede. Es ist so, als öffnete man ein wunderschönes Gefäß, aber was darinnen liegt, ist verschimmelt.

Ich verstehe aber diesen großen Gestus mit dem Du die Befindlichkeiten Deines Lyri kund tun möchtest.

Die meisten Menschen müssen schon eine Menge Zeit "abgelebt" haben bis es ihnen gelingt, ein solches Thema auf einen schlichteren Nenner zu bringen.

Nun hoffe ich, dass ich Deinen Text "richtig" gelesen habe und grüße Dich herzlich.:)
Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

auch dir möchte ich sehr fürs Lesen danken - das ist bei diesem Text sicherlich nicht angenehm ;-)...

Habe mich über deinen Kommentar gefreut... Der Verbesserungsvorschlag gefällt mir sehr gut. Ich habe irgendwie ein Problem mit Diphtongen. Ich dachte immer, mann könne es sich im Deutschen aussuchen, ob man ein "au" lang oder kurz spricht. Ich hätte "Haut" in diesem konkreten Fall "Ha-ut" gesprochen, dann passt es auch - aber anscheinend liest man die Dinger doch immer kurz (jaja, 12 Jahre in Deutschland und immer noch Probleme mit der Phonetik ;-))... Ich übernehm deinen Vorschlag einfach mal unverändert, wenn du nichts dagegen hast :).

Die Baumthematik empfinde ich selbst als eher marginal für das Gedicht, eher zur Verdichtung der Atmosphäre - der tote Mensch unter toten Bäumen (aber du hast natürlich recht, die Gedanken, die du nennst, spielen auch eine wichtige Rolle..). Für mich war der schrittweise Zerfall wesentlich. Als ich das Gedicht schrieb, fühlte ich mich eben so - losgelöst, zebröckelnd... Aber ich finde keine Worte, die widerlich genug sind, um dieses Gefühl zu beschreiben. Du hast schon recht, dass mein Gedicht irgendwie auf eine perverse Art ästhethisch rüberkommt. Naja, für das schönste und das hässlichste, die Liebe und den Tod, bietet die Sprache niemals genug (es sei denn man ist GOTTfried Benn *schmacht* ;-))...

Es ist so, als öffnete man ein wunderschönes Gefäß, aber was darinnen liegt, ist verschimmelt.
Wenn du mein Gedicht so empfindest, dann ist es genau richtig angekommen ;-). In den Zeiten, in denen ich solche Gedichte schreibe, wäre das für mich auch eine treffende Metapher für das Leben...

Den schlichteren Nenner suche ich noch...

LG & eine schöne Woche wünscht
Julia

P.S.: Sorry, dass ich so spät antworte - musste erstmal etwas Abstand nehmen.

P.P.S.: Ach, du hast ja schon immer soooo schön geschrieben *seufz*....
 

presque_rien

Mitglied
Lieber MD,

und nochmals: Danke - das ist ein sehr großes Kompliment für mich! Bin mal gespannt, was du zu dem Ding sagst, dass ich gleich reinstellen werde... :)

LG,
presque
 



 
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