Noche Triste (gelöscht)

Walther

Mitglied
Hallo Günter,
das holpert aber ziemlich. Tipp: Laut vorlesen, die Silben zählen, die Betonungen (Kadenzen) klar nachzeichnen.
Ein Reimgedicht verzeiht kein falsches Metrum.
Und mancher Reim, der nach der Art "Reim Dich oder ich freß Dich" gestrickt ist, sollte besser unterbleiben. Ein Gedicht muß sich nicht auf allen Versen reimen; Heine nahm sich da viele Freiheiten (heraus), aber seine Texte hatten eines: Takt(gefühl), kurz: Beat!
Gruß W.
PS.: Hier wäre der Knittelvers (4-hebiger Jambus) das Maß der Dinge, wäre er nur durchgehalten ...
 

Günter

Mitglied
Danke schön, Walther, für deinen Kommentar. Zugegebenermaßen weiß ich kaum etwas von den theoretischen Grundlagen der Dichtkunst. Das Gedicht entstand nach Gefühl. Eine nachträgliche Auswertung ergibt tatsächlich ein übles Bild:

E (he) zum Aus- bruch gibt Be- fehl
zu lin- dern sei- ner Man- nen Jam- mer
gibt (Cor) tés frei was bis- her hehl:
Öff (net) ge- raub- ten Schat- zes Kam- mer

Hier mal nur die zweite Strophe, da ist es am schlimmsten. Gleich in drei Fällen beißt sich die sinngemäße Betonung mit der Metrik. Trotzdem habe ich keine Probleme damit, es zu rezitieren. Dazu habe ich folgende Theorie: Ein Gedicht verzeiht durchaus auch einmal einen ausbrechenden Text, solange er nur rechtzeitig vor dem eigentlichen Reim wieder eingefangen wird. Meine Anfrage an die Experten hier: Ist da was dran oder unterliege ich einem Selbstbetrug?

Außerdem bitte ich darum, mir die Reime zu nennen, die nicht passen (Leben / Gräben habe ich selbst schon bemerkt. Überhaupt bin ich mit der letzten Strophe noch nicht zufrieden).

Vielen Dank für die Mühe, die ihr euch mit mir macht.
Günter
 

Walther

Mitglied
Lieber Günter,

das Reimschema "o" für Senkung und x für Hebung ist das beste Werkzeug, das ich Dir anempfehlen kann. Ich habe eine Strophe herausgenommen, um Dir dazulegen, wo das Problem liegen könnte:
Bevor er lässt das Gold erplündern
o-x-o-x-o-x-o-x-o
mahnt er noch sich zu besinnen
o-x-o-x-o-x-o-x-o
Weise wär's Ballast zu mindern
x-o-x-o-x-o-x-o
Nur wer leicht flieht kann entrinnen
o-x-o-x-x-o-x-o
Zu Thema "Reim Dich, oder ich freß Dich!": Das Wort "Erplündern" gibt es nicht, und es ist auch kein akzeptables dichterisches Konstrukt. So gibt es weitere Stellen in Deinem Werk.

Dadurch macht es einen seltsam bemühten und zugleich nicht stimmigen Eindruck. Es scheint so, als sei der große Wurf versucht worden, eine historische Ballade im klassischen vierhebigen Jambus zu fertigen, und dieses Vorhaben grandios an Wortungetümen und Sprachverbiegungen sowie falschen Metren gescheitert. Der deutsche Volksliedvers, der sog. "Knittel", ist in der Tat das Metrum, das dem deutschen Sprachdiktus, der deutschen Sprachmelodie am nächsten kommt. Nicht umsonst haben Eichendorff, Heine und Busch diese Form gewählt.

Ein Merksatz sei mir hier gestattet, ohne daß das überheblich gemeint ist: Die Sprache darf nicht wie ein Stück Metall in eine Form gedengelt werden, diesen Versuch nimmt sie sehr übel. Dieses Werk hat an einigen Stellen diese Spannungen, die übrigens auch im geschmiedeten Metall entstehen, wenn es hernach nicht im Anlaßoffen spannungsfrei geglüht wird.

Hier ist dringend eine Redaktion anzuempfehlen, die das Bemühte und mit Gewalt in Form Gehämmerte durch einen biegsamen Sprachfluß ersetzt. Diese Aussage ist für Dich sicherlich starker Tobak; nichtsdestoweniger entspricht sie leider der Wahrheit.

Bleibe mir gewogen trotz dieser deutlichen und nicht sehr positiven Einschätzung Deines Eintrags.

Liebe Grüße W.
 
@ Walther
[blue]Dengeln[/blue] (auch dängeln, tängeln, demmeln, dümmeln, haren oder klopfen) bezeichnet das [blue]Schärfen der Schneide einer Sense oder einer Sichel.[/blue]
Gruß
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Liebe Marie-Louise,

wenn Du schon monierst, solltest Du es richtig tun: http://www.sensenschmied.de/dengeln_ist_eine_kunst.htm Dengeln eines Schneidestahls geschieht in einem Dengelstock mit einem Dengelhammer. Und die Sprache dieses Beitrags zu schärfen täte wirklich Not.

Das Verb wird übrigens nicht nur für das Schärfen eingesetzt. Ein Schmied dengelt z.B. auch Behälter aus. Ich habe meine Sporen in einem metallverarbeitenden Betrieb verdient. Ich weiß daher, wovon ich schreibe. Weißt Du es?

Dein Zitat stammt übrigens aus der Wikepedia, die ich nicht für in jedem Falle satisfaktionsfähig halte.

In diesem Sinne!

Gruß W.
 

Günter

Mitglied
Lieber Walther,

natürlich bleib' ich dir gewogen. Ich schätze es, dass du dich mit meinen Gedicht beschäftigst. Besonders da es dir nicht gefällt und du daher nicht durch "Kunstgenuss" entschädigt wirst. Leider bin ich aber ein etwas begriffsstutziger Schüler, daher bitte ich noch um deine Zeit und Aufmerksamkeit (vielleicht will dich ja auch jemand anderes ablösen).

Die von dir analysierte Strophe würde ich anders vortragen:
Bevor er lässt das Gold erplündern
o-x-o-x-o-x-o-x-o
mahnt er noch sich zu besinnen
...x-o-x-o-x-o-x-o
Weise wär's Ballast zu mindern
...x-o-x-o-x-o-x-o
Nur wer leicht flieht kann entrinnen
...x-o-x-o-x-o-x-o

Ist dagegen etwas einzuwenden?

Ich habe das Gedicht noch mal überarbeitet. Alle Strophen sollten nun folgendes Versmaß haben:

o-x-o-x-o-x-o-x-o
o-x-o-x-o-x-o-x
o-x-o-x-o-x-o-x-o
o-x-o-x-o-x-o-x

Eintausend spanische Soldaten
spür'n hundertfache Übermacht
Aztekenkrieger zornig warten
zur Flucht bleibt nur noch diese Nacht

Bevor der Ausbruch ward befohlen
zu lindern seiner Mannen Pein
Cortés gab frei was war verhohlen
und lud in die Schatzkammer ein

Doch eh' er ließ das Gold sie plündern
ermahnt er zur Besonnenheit
Denn weise wär's Ballast zu mindern
Wer zu viel trägt der kommt nicht weit

Jedoch von Reichtums Glanz verblendet
hören die meisten seiner nicht
In Massen wird der Raub entwendet
Gar mancher doppelt sein Gewicht

Allein die altgedienten Treuen
erblickten traurigen Gesichts
den Tod sich raffen all die Neuen
und nahmen selber beinah nichts

Sechshundert reiche Herrn ertrunken
zählt man am Ende jener Nacht
In Tenochtitláns See versunken
durch eig'ne Habsucht umgebracht

Ist es jetzt brauchbarer? (Mir persönlich gefällt die alte Version besser; ist aber vermutlich nur Trotz)

Schönen Gruß
Günter
 



 
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